Sozialökonomische und Moral- ethische wissenschaftliche Forschung

Es gab in der Vergangenheit ja schon häufig Streit darüber, ob es wissenschaftlich ist moralische, ethische und normative Fragen allgemein gültig beantworten können zu wollen.

Also solche Fragen universell gültig zu beantworten.

Hier sind vor allem der erste und der zweite, auch Positivismusstreit genannte, Werturteilsstreit (https://de.wikipedia.org/wiki/Werturteilsstreit) zu nennen.

Im ersten Werturteilsstreit, um ca. 1909 herum, standen sich vor allem Max Weber und Gustav von Schmoller (Historische Schule) gegenüber. Hierbei ging es hauptsächlich um die Frage, ob die Wissenschaft konkrete normative Handlungsempfehlungen an die Politik richten soll oder gar nur kann, welche auf allgemein verbindlichen Feststellungen beruhen. Gustav von Schmoller vertrat dabei die Position, dass die Nationalökonomie als Wissenschaft sehr wohl versuchen sollte, zu allgemein gültigen objektiven Aussagen bei der normativen Beurteilung von Interessen von Einzelnen oder Gruppen zu gelangen, um so einen Werte- basierten Ausgleich von Interessen zu ermöglichen.

Beim zweiten Werturteilsstreit, auch Positivismusstreit genannt, aus den 1960ern ging es dann im wesentlichen um eine Auseinandersetzung zwischen den Vertretern des Kritischen Rationalismus und denjenigen der Kritischen Theorie. Also knapp formuliert Popper/Albert gegen Adorno/Habermas.

Oder inhaltlicher:
Der kritische Rationalismus besagt zum Beispiel, dass man keine Theorie endgültig beweisen könnte, nur durch ein Negativbeispiel wiederlegen. Man könnte also nie sicher sein, ob man wirklich im Recht ist, und müsste immer auch mit einkalkulieren, dass man auch im Unrecht sein könnte.

Das klingt erstmal auch aus normativer Sicht positiv.

Allerdings kann man damit jede noch so offensichtlich normative Aussage auf ihre „endgültige“ Gültigkeit hin anzweifeln. Es könnte ja sein, dass es doch nicht so ist. Wenn man zum Beispiel 100 € an Überschuss zur Verfügung hat und jemand anderes genau jetzt 100 € zum Überleben braucht und gerade sonst keiner verfügbar ist der 100 € frei hätte, und nun jemand oder alle bis auf den mit den 100 € zu der Einschätzung kommen, dass diese Person ohne diese 100 € sterben wird und er diese 100 € daher bekommen müsste um zu überleben und das auch offensichtlich so ist, kann der 100 € Besitzer einfach behaupten, dass dies noch gar nicht sicher bewiesen wäre. Und im Gegenzug behaupten, dass wenn er im nächsten Moment einer bestimmten Person diese 100 € für einer Gegenleistung seiner Wahl zur Verfügung stellen würde, diese Person dann dem Bedürftigen sogar 200 € geben würde. Das es also moralischer sei, wenn er für die 100 € etwas für sich „einkaufen“ würde. Selbst wenn man das damit widerlegen könnte, dass die ausgewählte Person zum gewählten Zeitpunkt gar keine weiteren 100 € hat, kann der genannte 100 € Besitzer dann einfach behaupten, dass eine andere Person oder die gleiche zum nächsten Zeitpunkt dann 100 € extra hätte und spenden würde. Das kann man unendlich lange weiter führen. Also jeder noch so offensichtlich wahren normativen Aussage kann man eine unendlich lange Abfolge offensichtlich unzutreffender, aber dennoch bis zum formellen Beweis durch Widerspruch gleichermaßen gültige „Gegen-“ Aussagen gegenüberstellen. Nach der Logik des kritischen Rationalismus kann man dann jede noch so offensichtlich allgemein gültige moralische Aussage durch ein unendlich langes Bündel an offensichtlich unmoralischen Gegenvorschlägen neutralisieren.

Kein Wunder, dass der kritische Rationalismus bei den Anhängern der streng individualistisch legitimierten Verfassungsethik so beliebt ist. Die behaupten ja, dass man sich eh nicht auf eine gemeinsame Moral einigen könnte und jeder damit das gleiche Recht hätte durch Verhandlungen den besten Vertrag oder die beste Verfassung für sich rauszuholen. Also offensichtliche Unmoral und Moral wird da auf ein und dieselbe ethische Stufe gestellt. Und damit man, dass nicht zugeben muss, kann man sich dann des kritischen Rationalismus bedienen.

Die kritische Theorie dagegen strebt zumindest an möglichst objektiv moralische Grundsätze und Ratschläge aufstellen zu können. Man kann sie daher quasi als einen Vorläufer von John Rawls Originalposition und Nachfolger von Emmanuel Kants „was jeder gut finden kann“- Ethik ansehen.

Diese Auseinandersetzung zwischen der Rechtfertigung des Auslebens individueller oder Teil- kollektiver (kommunitaristischer) auch unsozialer und unmoralischer Eigentumsnutzungsvorlieben und den normativen kollektiven Rechten über dieses Eigentum, auch auf (Rest-) Gefahr des Missbrauchs hin, hält die Staatswissenschaft, die Ökonomie und die Ethik nun schon seit den Zeiten der ersten Parlamente in Atem.

So zum Beispiel auch beim älteren Methodenstreit der Nationalökonomie (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84lterer_Methodenstreit_der_National%C3%B6konomie), hauptsächlich zwischen Carl Menger (Österreichische Schule) und Gustav von Schmoller (Historische Schule).

Dort standen sich der Methodologische Kollektivismus und der Methodologische Individualismus gegenüber.

Oder der kollektive Ausgleichsbedarf und die individuelle Nutzenmaximierung.

Es sollte zwar jedem klar sein, dass man langfristig nur Gut auf der Erde zusammenleben kann, wenn man nach Regeln handelt und zusammen lebt die jeder gut finden kann, frei nach Kant. Aber sobald ein oder mehrere optimistische Unsoziale oder Selbsttäuschende genug relativen Wohlstand und Macht haben, kommt früher oder später doch immer wieder der Versuch sich von dieser Kant’schen Sozialethik zu lösen oder schönrednerisch bei der Auslegung zu sein. Nach dem Motto: Wird schon gut gehen.

Das war bisher nur noch nie längerfristig der Fall, irgendwann ging es „ohne Kant“ immer nicht mehr gut.

Es ist also wichtig, dass der „Die jeder gut finden kann“- Trupp möglichst stets hinreichend mächtig bleibt.

Auch im Bereich der sozialökonomischen und ethischen Forschung. Damit zumindest in hinreichendem fairen Maße auch für Zwecke geforscht wird, die jeder moralisch gut finden kann. Und auch mit solchen Methoden.

Das ist aktuell in Deutschland nach meiner Beobachtung aktuell eher nicht der Fall. Da geht es ethisch doch eher recht zu sehr „streng individuell legitimiert zu“. Zumindest wird zum Beispiel zu wenig geforscht, ob man seine wirtschaftlichen Standorte zu unethisch im freien Markt, wie dem EU Markt, oder auch schon innerhalb Deutschlands einsetzen kann. Und ob wir das aktuell tun. Und auch Forschung mit dem Ziel, wie man die Mehrheit von der Notwendigkeit einer fairen Ausgleichsunion überzeugen kann gibt es kaum. Zumindest bezahlt. Und von der Analyse verfassungsethischer Prinzipien ganz zu schweigen.

Also es bleibt normativ an der wissenschaftlichen Forschungsfront noch viel zu tun.

„Kapital und Ideologie“ von Thomas Piketty

So, ich habe jetzt auch mal das Buch „Kapital und Ideologie“ von Thomas Piketty ausgelesen. Die ganzen 1281 Seiten der deutschen Übersetzung.

Zwar nicht alles Wort für Wort, zumindest in den Abschnitte mit historisch empirischen Daten, ich hatte ja auch schon „Das Kapital im 21.Jahrhundert“ gelesen, aber zumindest Seite für Seite.

Eigentlich stand dieses Buch auf meiner „Möchte ich bald lesen“- Liste gar nicht mal so weit oben. Es ist eben sehr umfangreich, nicht unbedingt preiswert und in den meisten Buchbesprechungen, die ich über es gelesen hatte, wurde eher auf den Part über die weltweite historische Entwicklung der Ungleichverteilung von Eigentum und Einkommen eingegangen. Und es wurde teils bemängelt, dass die Vorschläge ganz am Ende des Buches, wie man dieser Ungleichverteilung entgegentreten könnte nichts wirklich neues beinhalten und sich in supranationalen Ideen erschöpfen würden ohne darauf einzugehen was man den machen kann wenn man sich nicht auf gemeinsame supranationale Institutionen, Steuern usw. einigen kann.

Zum Teil stimmt es auch was in diesen Buchbesprechungen stand.

Den größten Teil des Buches nehmen tatsächlich Darstellungen der historischen Entwicklung der Ungleichheit ein. Die zwar auch sehr interessant, aber eben, wenn auch weniger detailliert, bereits bekannt. Zumindest denjenigen die sich schon etwas länger mit diesem Thema beschäftigen. Und auch die Vorschläge am Ende des Buches sind zum größten Teil tatsächlich nicht wirklich neu. Also wenn man, wie wohl die meisten eher wenig Zeit hat, und sich genau überlegen muss/sollte was man als nächstes liest, und wofür man sein Geld ausgibt, drängt sich dieser 1281 Seiten „Wälzer“ einem nun wirklich nicht unmittelbar auf den ersten Blick direkt auf.

Dann hatte mich aber einer der Hauptverantwortlichen von Goliathwatch, Thomas Dürmeier, der auch bei meiner online Weltsozialforum 2021 Veranstaltung zu den Themen „Ausgleichsunion“ und „Verfassungsethik“ mit dabei war, darauf aufmerksam gemacht, dass es in dem Buch „Kapital und Ideologie“ sehr wohl doch auch um Verfassungsethik ging und dieses Thema da auch durchaus auch genauer als bisher beleuchtet würde.
Es würde auch um „Buchanan“ und so gehen.

Also hatte ich mir das Buch eben Anfang des Jahres doch gekauft. Und erst mal ganz grob überflogen. Den Namen „Buchanan“ konnte ich zwar nicht finden aber immerhin einiges über den Einfluss sozialdemokratischer Wert und Parteien bei der Phase des größten Rückganges an Ungleichheit in der Geschichte der Menschheit vom Ende des 1. Weltkriegs, wenn auch vor allem nach dem Ende des 2.Weltkriegs bis zum Ende der 1970er Jahre.

Diese Phase hätte die Zerfallsphase der „Eigentümergesellschaften“ vom 1. Weltkrieg bis Ende des 2. Weltkriegs abgelöst. Diese Eigentümergesellschaften hätten ihre moralisch-ethische Legitimation aus der Ideologie des Proprietarismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Proprietarismus) gezogen.

Diesen Begriff hat Herr Piketty neu erfunden oder zumindest geprägt, er versteht darunter „politische“ Gesellschaften, in deren Verfassungen, z. B. durch Zensuswahlrecht, das Wahl- und damit politische Entscheidungsrecht abhängig vom Vermögen ist. Also Gesellschaften in denen nicht die Mehrheit der Mitglieder die Wahl- und Entscheidungsmacht besitzt. Über staatliche Umverteilung ihres Vermögens auf Betreiben des Mehrheitswillens mussten sich die Vermögenden solcher Gesellschaften also keine Sorgen machen.

Und genau diese proprietaristische Ideologie hätte seit den 1980ern wieder Schritt für Schritt, diesmal als
Neoproprietarismus, „Oberwasser“ in den Demokratien der Welt erhalten. Vor allem in Europa und den USA.

Nur ging es diesmal, zumindest habe ich ihn so verstanden, darum die staatliche Verfügungsgewalt über Privatvermögen und privates Einkommen einzuschränken, um so dem Mehrheitswillen wieder die Macht zum Umverteilen zu nehmen. Und zwar durch Verfassungsänderungen und internationale Verträge, welche auf der Freimarkt- Ideologie aufbauen.

Alleine dafür das Thomas Piketty diesen Bestrebungen endlich mal einen Namen gegeben hat, eben „Neoproprietarismus“, lohnt sich der Kauf, gebraucht oder neu, dieses Buches schon.

Und auch der Umfang, denn so wird diese neue ideologische Phase in der sich die Menschheit gerade, noch recht unreflektiert und journalistisch weitgehend unkommentiert befindet, endlich (auch) mal von einem anerkannten Sozialökonomen, in einen historischen Entwicklungsstrang eingebunden.

Danke dafür Herr Piketty.

Auch wenn er James M. Buchanan, die Institute der Koch Brüder, das Atlas Network und die Mont Pelerin Gesellschaft nicht explizit erwähnt, höchsten F.A. Hayek, macht er doch deutlich, dass wir vor allem seit den 1990ern in eine Phase reingerutscht sind, in der Ungleichheit und das hinnehmen müssen von „unsozialen“ und „unausgeglichenem“ Marktverhalten (wieder) zur neuen Normalität geworden ist und zunehmend auch durch internationale Abkommen und nationale Verfassungsänderungen (gut, das hatte er vielleicht nicht explizit geschrieben) verfestigt wird. Und das man da eben nicht nur zufällig reingerutscht ist, sondern dass es da auch Akteure gab, die das genau so wollten. Diese benennt Herr Piketty eben nur nicht. Ist vielleicht auch besser so, dann kann er sich auf die Analyse des theoretisch und ideologischen Unterbaues konzentrieren.

Konkreter wurde was diese Akteure angeht ja schon Frau Prof. Nancy Maclean für die USA in ihrem Buch „Democracy in Chains“ und ich für Deutschland in meinen Blogbeiträgen und bei meinem Vortrag beim online Weltsozialforum 2021.

Was Herr Piketty aber noch etwas mehr hätte beleuchten können ist die Verbindung zwischen dem Neoproprietarismus und der Freimarktideologie (zusammen mit der Investitionsschutzideologie).

Beim Neoproprietarismus geht es ja kurz gesagt darum, dass es Mehrheits- demokratisch legitimiert nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt möglich sein soll, staatlich auf das private Vermögen und Einkommen zuzugreifen. Und bei der Freimarkt-/ Investionsschutzideologie darum, dass auch andere Staaten, nicht mehr in Handelsbeziehungen, legitimiert durch den nationalstaatlichen Mehrheitswillen, durch Zölle, Quoten usw. korrigierend eingreifen können.

Und letzteres betrifft eben auch, durch den Standortwettbewerb, die Regierungen, Parteien und auch Gewerkschaften der einzelnen Nationalstaaten. Das Kapital und die Arbeit wandern im freien Markt eben dorthin wo die produktivsten, sei es historisch gewachsen oder von Natur aus, Standorte sind. Und mit diesen auch die Steuern und Sozialversicherungseinnahmen.

Also die Arbeiter und Angestellten in Staaten mit Standortvorteilen, zusätzlich zu denjenigen aus Staaten mit Vorteilen im Steuerwettbewerb, die hatte Piketty in der Beschreibung des „Kleines Land“- Vorteil, wie bei Luxemburg u. Irland ,aber schon erwähnt, können leicht zu einer Kooperation mit den Neoproprietarianern verführt werden, auch wenn Ihnen die Standortvorteile entweder durch Aufholprozesse oder eventuell auch durch Zuwanderung sowieso wieder entgleiten, der Vorteil also nur zeitlich begrenzt vorhanden sein wird.

Thomas Piketty beschriebt ja auch schön die Ausrichtung der Parteien nach der Gesinnung der Wähler, also zwischen national – international und egalitär und inegalitär.

Er könnte nun noch einmal die Verschiebung der Wählermehrheiten zwischen den Staaten, mit Standortvorteilen im freien Markt und ohne diese Vorteile beschreiben. Man kann unter internationalistisch in Bezug auf den freien Markt ja auch die Möglichkeit und Bereitschaft zum Ausbeuten durch Standortvorteile verstehen. Also in Staaten mit Standortvorteilen sollte der freie Markt ja auch sehr viel breiter zumindest unter der national gesinnten Arbeiter und Angestellten Schicht befürwortet werden, zumindest solange diese einen Vorteil aus diesem für sich sehen, als in Staaten ohne Standortvorteil.

Und nach meiner Beobachtung gibt es diesen Unterschied auch sehr deutlich, wenn auch noch verstärkt durch die neoproprietaristische eingestellte Presse.

Wobei auch die Neoproprietarianer nicht vergessen sollten, dass die Proprietarianer selbst keine Beschränkungen in ihren Verfassungen bezüglich der staatlichen Handlungsfreiheit in Bezug auf Vermögen und Einkommen eingebaut hatten. Und auch internationale Handelsbeziehungen, wie während des Golden Age der Niederlande zum Beispiel, durchaus nach ihren Interessen und nicht nach der Freimarkt Ideologie ausgerichtet hatten.

Die einzelnen Marktteilnehmer haben eben kaum Zeit ihre Marktentscheidungen auch nur in Bezug auf ihre langfristigen und nicht nur die aktuelle Entscheidung betreffenden Interessen, egal ob aus Gruppen oder individueller Sicht, angemessen prüfen zu können. Auch schon deshalb, aus Eigeninteresse, muss man das Marktergebnis durch gemeinsame Institution hinreichend korrigieren können.

Reine Freimarkt- Ideologien bieten aber schon diese Möglichkeit nicht mal mehr.

Deshalb sollte man sich wieder an Gustav von Schmoller`s Lebensweisheit erinnern: „Nur der inkonsequente kann für einen rein freien Markt sein oder derjenige der seinem eigenen Land schaden will.“

Wenn man also solch eine Ideologie verfolgt, wird man sich mit Sicherheit auch großer Unterstützung aus gewissen Teilen des Außen erfreuen können. Und sei es nur durch einseitige Kauf-, Leih- und Investitionsfreudigkeit.

Zum Schluss noch ein Kommentar zu Herrn Pikettys extensiver Verwendung des Ausdrucks „konservativ“ :).

Konservativ heißt, dass man skeptisch gegenüber Änderungen ist. Lieber alles noch mal prüft, bevor man vielleicht etwas „verschlimmbessert“. Konservativ heißt nicht automatisch, dass man monarchistisch, neoliberal, religiös- dogmatisch, rassistisch- nationalistisch, usw. ist.

Wenn man etwas ändern möchte und andere zum Mitmachen bringen möchte, wird sich da wohl hoffentlich fast jeder erstmal kurz konservativ verhalten und den Änderungsvorschlag erstmal zumindest prüfen wollen, und nicht einfach durchwinken. Wenn man als „Progressiver“ nun alle die zu einem Zeitpunkt x noch nicht zugestimmt haben, sei es weil sie die Richtung der Änderung generell ablehnen oder sei es weil sie zwar auch in diese Richtung wollen aber mit dem Prüfen noch nicht durch sind, zusammen als „Konservative“ abstempelt, anstatt zu differenzieren und auf die jeweiligen Gründe einzugehen, wird man kaum je eine demokratische Mehrheit erreichen können.

Wenn ich eine soziale Änderung veranlassen möchte gibt es eben diejenigen die das komplett nicht wollen, zum Beispiel weil sie in diesem Punkt weniger bis gar nicht sozial eingestellt sind. Und es gibt diejenigen die zwar auch eine solche Änderung möchten, aber eben vielleicht etwas anders oder einfach noch mehr Zeit zum Prüfen brauchen, eventuell auch da ihnen etwas anderes zurzeit wichtiger ist.

Also wenn man die „neoliberale Revolution“, um mal Nancy Fraser zu zitieren, welche seit den 1980ern in Gang ist, schon zusammen mit anderen als „konservativ“ titulieren will, sollte man zumindest „Markt(ergebnis)- konservativ“ oder so bezeichnen, also relativ begrenzt auf einen bestimmten Erhaltungswillen.

Denn dann stimmt diese Gleichsetzung zumindest einseitig, die Neo- /Altliberalen wollen tatsächlich u.a. das Ergebnis der individuellen Marktentscheidungen beibehalten. Aber das wollen aus anderem Grund aber in Bezug auf konkrete Änderungen eben auch erstmal mehr oder weniger lange auch viele Soziale, die noch am Prüfen sind. Und die wollten bestimmt nicht erreichen was auch durch Herrn Piketty als „konservative Revolution“ bezeichnet wurde.

Also „neoliberale Revolution“ ist dann doch die „vernünftiger“ Bezeichnung, nach meiner Meinung.

Piketty’s Neoproprietarismus und der SPD- Bundesparteitag 2021

Thomas Piketty (https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Piketty) beschreibt in seinem aktuellen Buch „Kapital und Ideologie“ ja die historische Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverteilung weltweit und vor allem auch das Verhältnis zwischen Staat, Wahl-, und Verfassungsrecht und Einkommen und Vermögen bis in die Gegenwart hinein.

Vor allem beschreibt er auch die Entwicklung des Wahlrechts. Also wer wählen darf und wie viel Gewicht die Stimmen der einzelnen Wählergruppen haben. Bei einem Zensuswahlrecht, also einer Verfassung, die nur Wenigen ein Wahlrecht, in Abhängigkeit vom Vermögen, gibt und die „Gewichtung“ der Stimmen vom Vermögen abhängig macht, spricht Prof. Piketty von einer proprietaristischen Gesellschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Proprietarismus). Also einer in der nur die Wohlhabenden entscheiden was politisch geschehen soll. Interessant ist bei der historischen Betrachtung solcher Gesellschaften, dass hier scheinbar selten bis nie der Wunsch aufkam die Handlungsfreiheit des Staates bezüglich der Verfügungsgewalt über das Privateigentum einzuschränken. Scheinbar war hier die, meiner Meinung nach berechtigte, Sorge davor, dass diese Verfügungsgewalt einmal zum Beispiel aus sicherheits- und zukunftsorientierten Gründen einmal, benötigt werden könnte, größer als die Sorge davor, dass aus sozialen Werte- gebundenen Gründen eine Umverteilung des Vermögens oder gar nur der Einkünfte daraus in größerem Umfang von „oben nach unten“ über den Staat stattfinden hätte können. Das hatte es auch nicht.

Nun gibt es ja gegenwärtig kaum noch Gesellschaften mit Zensuswahlrecht. Seit dem Ende des 1. Weltkrieges gibt es in Europa überwiegend und seit dem Ende des europäischen (politischen) Kolonialismus auch in Afrika und Asien mal mehr mal weniger viele Staaten mit allgemeinem Wahlrecht für alle Erwachsenen.

Und in den USA gibt es das zumindest auf dem Papier schon sehr viel länger. Und damit auch die mal mehr oder weniger berechtigte Sorge, dass eine, von der Mehrheit der, von den Staatsbürgern gewählten, Abgeordneten gewählte Regierung, den staatlichen Handlungsspielraum zum Zugriff auf das private Vermögen oder den Einkünften aus diesen verwenden könnte.

Natürlich gab es auch teilweise einfach nur „ethnische Bedenken“, mild formuliert oder hart formuliert „rassistische Gründe“, wie von der Byrd Machine (https://en.wikipedia.org/wiki/Byrd_Machine) in Virginia (USA), zur Eingrenzung des Wahlrechts für Nicht-Weiße bzw. „Farbige“. Da ging es dann nicht einfach um die Abwehr von Wahlrechten für Nicht-Reiche, sondern von Ex-Sklaven, die dann teilweise die Wählermehrheit gestellt hätten. Also hier gab es zum ersten mal dann ein Bündnis zwischen wirtschaftslibertärer Wohlhabender, um ihr extrem großes Eigentum umfänglich „zu schützen“ und einer ethnischen auch weniger wohlhabenden Gruppe, welche ihre Interessen weiterhin mehrheitlich auch unfair vertreten können wollte, auch auf Kosten der Wahl- Fairness gegenüber der lokalen Nicht- Weißen Mehrheit.

Also hier entstanden erstmals Gruppen, welche die Verfassungsrechte so einschränken wollten, dass die Zugriffsmöglichkeiten der jeweiligen Regierungen auf das private Vermögen und den Einkünften daraus stark begrenzt wären. Diese Gruppen nennt Piketty dann, so habe ich ihn zumindest verstanden, neo- proprietaristisch. Also diese Gruppen versuchten, mit Erfolg (Wikipedia- Zitat „this not only effectively stripped blacks and poor whites of the vote, but made the electorate the smallest relative to population in the postbellum United States“), Verfassungen nach ihren „Nachtwächterstaats“- Vorstellungen umzubauen. Und direkt gab es auch ein Bündnis dieser Gruppen mit ethnisch bis rassistisch motivierten „bessergestellten“ Gruppen, um solche Verfassungsänderungen zu erreichen. Also das Prinzip, so viele Verbündete wie nötig mit profitieren zu lassen.

Also solche Gruppen hatte schon viel Übung als nach dem 1.Weltkrieg zumindest im Westen immer mehr Staaten das allgemeine Wahlrecht einführten. Und durch den New- Deal auch genügend Motivation, auch auf eine Beschränkung des Umverteilungsspielraums auch schon der Einkünfte aus Vermögen hin zu arbeiten. Diejenigen mir größeren Arbeitseinkommen hatten sich da natürlich als Verbündete angeboten. Trotzdem hat es bis zum Ende der 1970er Jahre gedauert, bis die Sorge vor zuviel Umverteilung langsam großer wurde, bei einer Mehrheit der Wähler, als die Sorge vor zuwenig. Das lag wohl auch daran, dass diejenigen denen Chancengleichheit wichtiger war, als ein faires Maß an Gleichheit für alle, langsam auf diese Seite wechselten. Dabei spielte dann auch die Meritokratie eine gewisse, Rechtfertigungsgründe liefernde, unterstützende Rolle (https://de.wikipedia.org/wiki/Meritokratie).

Und es gehört wohl wenig Phantasie dazu, Gruppen wie das Atlas Network (https://de.wikipedia.org/wiki/Atlas_Network) und die Arbeiten von James M. Buchanan als die aktuellen Hauptakteure in der Tradition der ersten Neo- Proprietarianer zu sehen. Auch wenn Herr Prof. Piketty diese nicht explizit nennt. Der war da vielleicht aus guten Gründen eher etwas vorsichtig.

Aber vielleicht ist auch gut, wenn diese Lücke von jemand aus Deutschland und/oder dem Norden Europas geschlossen wird.

Immerhin bieten sich einzelne EU-Staaten, bedingt durch das Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit, welches unseren, EU- Binnenmarkt formt, ja nun vorzüglich als neue Verbündete für die Neo- Proprietarianer an. Und inwieweit die nun tatsächlich bei der Herbeiführung dieses „Zwangssystems“ nun tatsächlich schon mit entsprechender Intention beteiligt waren, wird zumindest die Historiker wohl noch eine zeitlang beschäftigen. Wenn auch vielleicht in größerer Zahl erst in ein paar Jahren bis Jahrzehnten. 🙂

Also Koalition zwischen nationalen Arbeiterschaften, in Staaten die aufgrund von Standortvorteilen aktuell und eventuell auch von Natur aus zukünftig vom Freimarkt übermäßig profitieren und eher möglich wenig abgeben wollen, und dem libertärem Besitzbürgertum bieten sich da tatsächlich an und würden einen guten Nährboden für Neo- Proprietarianer Verfassungsänderungen bieten. Wobei die nationalen Arbeiterschaften dann wohl früher oder später über Ohrs gehauen würden. Die sollen eben nur temporär nutzen.

Damit wären wir dann auch beim letzten SPD- Parteitag zur Verabschiedung des „Zukunftsprogramms“ und der Nominierung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten.

Also zunächst fiel da natürlich mal auf, zumindest der RKSLP, dass nun nicht mehr die „Neoliberalen“ das Hauptproblem sein sollen, sondern die Konservativen. Und zwar nicht nur die zu konservativen sondern einfach nur „die“, oder höchstens noch „diese“, Konservativen.

Die sollten vielleicht mal das lesen: https://rkslp.org/2019/07/14/anmerkung-zum-verhaltnis-konservative-und-progressive/

Also die Wirtschaftsliberalen werden nicht mehr offen als Problem genannte. Warum muss ich jetzt plötzlich an Peine (https://de.wikipedia.org/wiki/Peine#/media/Datei:Wappen_Peine.png) denken? (Haben die übrigens eine Partnerschaft mir Rheinland- Pfalz. :)) Oder (hatten eine mit) Teilen des Südwestens Hessens. 🙂

Also da sollte sich die Arbeiterschaft, die Olaf Scholz in seiner Rede in einem Bündnis mit der „liberalen Mitte“, (fehlte da nicht das sozial) sah, fragen was genau den Olaf Scholz nun unter „liberaler Mitte“ versteht.

Die gesellschaftlich Liberalen oder die Wirtschaftsliberalen.

Einem, Prof. Lars Feld, den man wohl eher zum Neoproprietarismus zählen kann, zumindest nach meiner Ansicht, nichts für ungut :), hat Olaf Scholz, zusammen mit der SPD ja glücklicherweise eine dritte Amtszeit im Rat der Wirtschaftsweisen verwehrt.

Aber die Wirtschaftslibertären und die Neo- Proprietarianer „operieren“ wohl aber eher auf zwei Wegen. Einmal etwas direkter über Institute wie dem Walter Eucken Institut und zum anderen über diejenigen, die zwar für eine nationale Umverteilung sind, nicht aber für internationale. Wohl wissend, wenn wohl auch nicht alle Akteure dieses Weges, dass bei nur nationaler Umverteilung die internationale Spaltung und der Race- To The Bottom- Wettbewerb der (Gruppen von) Lohnabhängigen bestehen bleibt, und somit die Neo- Proprietarianer eher leichtes Spiel haben.

Im Hinblick darauf sollte man sich die Vorschläge der SPD für die Besetzung der freien Stelle beim Rat der Wirtschaftsweisen genau ansehen.

Und auch die Kanzlerkandidaten- Rede von Olaf Scholz beim letzten SPD- Parteitag. Wenn er davon spricht, dass die Voraussetzungen erhalten bleiben sollen, die dazu Beitragen das Deutschland ein reiches Land bleiben kann. Ohne zu hinterfragen, ob diese Voraussetzungen nicht teilweise zu unfair und unsozial waren, um in dieser Form erhalten bleiben zu sollen. Reiche kann es „relativ“ eben nur geben wenn es auch arme gibt.

Und wenn jetzt die SPD dafür stehen soll, dass die internationale Ungleichheit, auch noch unfair, aufrecht erhalten bleiben soll, ist die Partei eigentlich bezogen auf Europa und dem Rest der Welt genau zu dem geworden, wegen und gegen dessen die Sozialdemokratie eigentlich mal überhaupt entstanden ist, kann ich dem als aktuelles SPD- Mitglied nur vehement entgegentreten.

Wenn man die Agenda 2030 ins Zukunftsprogramm aufnimmt, was sehr zu begrüßen war, sollte man seine nächsten politischen Schritte aber auch danach ausrichten und nicht zu vage bis mehrdeutig, mit viel rein schön rednerischem Interpretationspotential bei den Details und den Reden werden.

Also ich hoffe mal, dass Olaf Scholz (und die Mehrheit der aktuellen SPD- Bundestagskandidaten) für ein Bündnis von der sozialen und Gesellschafts- liberalen „Mitte“ und der (sozialen und liberalen) Arbeiterschaft werben wollte und dass er „Wutbürger“ sagte oder zumindest sagen wollte und nicht „Gutbürger“, als er meinte dass diese eh nur alles kaputt machen würden.

Na ja er hat ja noch ein paar Monate Zeit die diesbezüglich „eher skeptischen“ zu überzeugen.

Sind wir mal optimistisch.

Steuer- und Schuldenunion

Ein Thema über das ich bisher noch nicht geschrieben habe ist eine Schuldenunion.

Sollte die EU wie die USA zumindest zu einem späteren Zeitpunkt auch zu einer Schuldenunion werden?

Also gemeinsam Schulden aufnehmen und auch die Bestandsschulden der Mitgliedsstaaten gemeinsam abbezahlen?

Hm.

Machen wir mal eine Pro- und Contra- Liste.

Zuerst mal Contra.

Die staatlichen Schulden sagen ja zunächst mal nichts darüber aus, wie vermögend ein Staat ist.
Zum einen muss man zunächst mal den staatlichen Besitz gegenrechnen. Also die Nettoschulden, wenn den welche übrig bleiben, das dürfte aber in der EU wohl bei allen Staaten der Fall sein, sind erstmal zu ermitteln.

Und dann muss man sehen wie hoch das Privatvermögen relativ zu den Schulden ist. Nicht jeder Staat hat gleich hohe Prozentsätze. Hier muss man zwischen Steuer- und Schuldenstaaten unterscheiden. Also zwischen denjenigen, die ihre Staatsausgaben, primär durch Steuerzahlungen finanziert haben und solchen die lieber ihrem Staat Geld geliehen haben, damit dieser das durch Einnahmen wieder abbezahlen kann.

Und es ist zu unterscheiden, ob ein Staat, vor allem bei seiner eigenen Bevölkerung verschuldet ist, oder im Ausland. Und ob in eigener Währung oder ausländischer. Ob er und sein Staatsvolk verschwenderischer gelebt hat, aktuell lebt und eventuell leben wird als andere. Usw.

Es ist also zunächst mal zu klären, welcher Anteil der Staatsschulden von der eigenen Bevölkerung fairerweise auf jeden Fall weiterhin alleine, und nicht gemeinschaftlich zu tragen, bzw. abzutragen ist.

Außerdem ist zumindest aus reiner Interessen- Sicht zu prüfen, ob man sich bei einer Erweiterung einer Schuldenunion, die auch erstmal nur aus einem selbst bestehen kann, nicht allzu sehr verschlechtert. Eventuell sogar soweit, dass es für einen selbst kritisch wird. Auch das ist wieder eine Frage der Fairness. Und in wieweit man eher Werte- oder Interessen- gebunden vorgehen möchte.

Nun aber zum Pro.

Bei uns in der EU gibt es ja, bekanntlich einen Zwang für die einzelnen Nationalstaaten sich gegenseitig die 4 wirtschaftlichen und individuellen Freiheiten für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen zu gewähren.
Also genau zwei von drei der klassischen Produktionsfaktoren. Und die Endprodukte. Nur der Boden, also die Standorte nicht. Die können eben nicht wandern. Nur ist es eben wie schon so häufig angemerkt eben die „Aufgabe“ des Marktes, die Produktionsfaktoren, bezogen auf den Preis, bestmöglich zu kombinieren.

Und nun ratet mal zu welchen Standorten, die Leute und das Kapital dann wandern (müssen).

Richtig. Zu denjenigen mit den optimalsten Wirtschaftsbedingungen, die können entweder historisch gewachsen so sein oder von Natur aus. Und diese Standorte sind nun mal eben unterschiedlich verteilt. Und durch Synergieeffekte wird der Sog erstmal immer stärker.

Also Kapital und Personen werden in der Mehrzahl der Fälle ungleich verteilt, wenn man einen gemeinsamen „freien“ Markt erstmals etabliert.

Aber Kapital und Personen zahlen Steuern. Und mit denen werden u.a. Schulden abbezahlt.

Nun werden die Schulden aber im Zielland abbezahlt und nicht im Herkunftsland.

Also zusätzlich zur steigenden sozialen Last für die zuhause gebliebenen kommt dann auch noch eine höhere Prokopfverschuldung daher. Und wenn die Arbeitsplätze wandern haben auch die Arbeitnehmer kaum eine andere Wahl als mitzuwandern.

Also dass es dann fair ist, auch einen Teil der Schulden mit zu übernehmen, sollte wohl allen klar sein.

Es gilt eben, wenn man gemeinsam wirtschaftet muss man hinterher auch fair teilen, sonst kann man nicht gemeinsam wirtschaften. Und das gilt auch für Schulden.

Außerdem wird die Neuverschuldung in Staaten mit abwanderndem Kapital und Personen meist von den Zinsen her teurer, zumindest relativ, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen und die Zahlungsfähigkeit dieser Staaten wegen der nun relativ höheren Schulden schlechter werden.

Wenn man das Land verlässt muss man ja Steuern und Sozialabgaben dort zahlen. Zusätzlich zum Konsum der dort stattfindet.

Also man muss schon sehr unfair veranlagt sein oder zu einem Übermaß an Selbsttäuschung neigen, wenn man da nicht zumindest für eine fair anteilige Übernahme von Bestands- und Neuschulden ist. Und sehr optimistisch bezüglich zukünftiger Unruhen. Und nochmal. Diejenigen die kommen werden irgendwann wohl mal die Mehrheit der Wähler in Deutschland stellen. Sollten wir, die alteingesessenen, den nachfolgenden Generationen der Alteingesessenen dann wirklich eine so hohe unmoralische Hypothek mit auf den Weg geben, solange wir noch die Mehrheit haben, alles, auch noch unfair, blockiert zu haben, was das Leben der Zurückgeblieben aus den Herkunftsländern verbessert bis weniger verelendet hätte?

Und der Unterschied zwischen den östlichen und den südlichen EU- Staaten ist, dass die östlichen ihre alte Industrie mehr oder weniger sofort verloren hatten, da die gar nicht konkurrenzfähig war. Da gab es also sehr schnell gar nichts mehr, weit weniger als nötig. Deshalb passte sich dort recht zügig eine neue nationale Wirtschaft auf niedrigem Niveau an den EU- Binnenmarkt und die „freie“ Weltwirtschaft an. Das durchaus spürbar dort vorhandene Elend, vor allem im Südosten, wurde erstmal als „normal“ und unvermeindlich hingenommen. Als ob es Friedrich List und Chris Freeman, und die Lehre der Erziehungszölle, nie gegeben hätte.

Deshalb wirken die aktuell auch auf manche eher wie die Gewinner der EU. Die haben eben einen gewaltigen historischen Rückstand. Deshalb wirken da auch schon geringe Investitionszahlungen sehr viel stärker. Außerdem sind diese Staaten eben unmittelbar abhängig von Hilfszahlungen der EU und auch da braucht es weniger für das gleiche Resultat als wie in Griechenland zum Beispiel.

Das macht den Osten der EU eben zu billigen Verbündeten der Nord- EU Staaten mit ihren Standortvorteilen.

Anstatt das sich zügig eine Süd- Ost EU- Koalition bilden könnte. Im alten Süden findet die Anpassung nach unter eben schleichender statt. Mag sein, dass sich in der EU mal ein neues Zwischen- Gleichgewicht einstellt, dann ist der Süden aber schlechter gestellt als vorher. Und zumindest auf dem Weg dorthin kann es, und kommt es ja schon mehr oder weniger stark zu schlechterer Versorgung und Elend.

Außerdem bewirkt „Schumpeter’s kreative Zerstörung“ ja mit Sicherheit immer mal wieder neue Wanderbewegungen. Eventuell auch mal in eine andere Richtung. Mit neuem Elend wenn zuviel Kapital und Personal abfließt und es keinen hinreichenden fairen Ausgleich gibt.

Aber zurück zur Schuldenunion.

Interessant ist ja auch die Frage was man, über den Staat umverteilen/umsteuern will, Investitionen oder Konsum bzw. Kaufkraft oder Schuldentilgung.

Konsum und Schulden, außer Umschuldung, sollten meiner Ansicht nach über Steuern umverteilt werden. Also die Zuschüsse für die Daheimgebliebenen, bzw. die Ausgleichszahlungen für einen gleichmäßigeren Konsum in der EU sollten unbedingt durch Prozentanteile an Steuern finanziert werden und nicht über Schulden. Denn länger andauernder Schulden- basierter Konsum und Zinstilgung ist nun wirklich der sichere Weg in die Überschuldung. Zur Not kann man, wenn man als gemeinsame Institution nur über die EZB verfügt, und da jemand „Verbündetes“ am Hebel ist, da mit Hilfe von MMT Maßnahmen noch was „monetär“ umverteilen. Aber das ist dann eher ein suboptimaler Workaround. Aber besser als nichts. Eventuell ein berechtigter Grund für den Süden lieber im Euro zu bleiben als sein Glück ohne hinreichend viele Verbündete alleine mit einer eigenen Währung zu versuchen. Aber das sind Abwägungsfragen.

Anders sieht es bei staatlichen Investitionen aus, die sollen ja im Idealfall zukünftig deckende Einnahmen über den Konsum generieren. Dann kann man den Investoren durchaus fairerweise, unter Berücksichtigung der Risikoübernahme, mit Zinsen ihre dem Staat überlassenen Mittel wieder später zurückzahlen. Es soll ja kein Investor bei staatlichen Investitonsprojekten, zumindest relativ, spürbar schlechter gestellt werden als bei privaten. Investitionen sollen ja zukünftigen Konsum ermöglich und Konsum „nur“ kurzfristig „satt machen“.

Also bleibt zum Abschluss festzuhalten, wer gemeinsam wirtschaftet muss fairerweise und meist auch schon im längerfristigem eigenen Interesse auch seine Schulden fair gemeinsam bewirtschaften. Sonst kann man nicht zusammenwirtschaften. Und das können wir uns als Import- abhängiges Land nun wirklich nicht leisten.

BTW- Listenplatz(4-8)-bewerbungsvideo bei der SPD- Hessen

Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich auch noch eine Kampfkandidatur für einen vorderen Listenplatz (4-8) bei der SPD Hessen auf mich nehmen würde, um die Themen Ausgleichsunion und Verfassungsethik deutlicher nach außen zu bringen.

Nachdem jetzt auch das Grüne Team Giegold/Bearbock, beim letzten Webinare ge „Wir hier. Für uns“t hatte. Frau Bearbock sprach am Ende bei sozialen Fragen auch nur noch von „für uns“. Und wenn ich schon die einzige Frage zu einem internationalem fairen Sozial- und Ausgleichssystem gestellt hatte und zuvor schon als einziger mal das „Atlas Network“ in einer Frage angesprochen hatte. Die dann von den anderen Webinar- Teilnehmern mit Missachtung gestraft wurden (also ehrlich Leute reißt euch mal zusammen). Der Herr Giegold dann auch noch verkündet wie toll das Voting System die cleversten Fragen nach oben voted, wird es echt Zeit für (noch mehr) sozialdemokratisch Konkurrenz. Sonst kriegt man ja Angst dass es doch auch nach dieser BTW einfach so inkonsequent weitergeht in der EU und der Welt wie bisher.

Daher hier schon mal mein Bewerbungsvideo. Wobei ich gar nicht weiß, ob meine Bewerbung jetzt als SPD Saar Mitglied noch gültig ist. Aber wie auch immer:

Hier noch der Text:

Hallo liebe Genossinnen und Genossen,

mein Name ist Thomas Hinkelmann, ich bin 42 Jahre alt, seit Oktober 2018 wohnte ich in Flörsheim, im Rhein- Main Gebiet war ich schon seit 2007,der Arbeit wegen, geboren bin ich in Landstuhl, aufgewachsen in Bruchmühlbach, beides liegt in der Westpfalz. Und ich arbeite im IT- Bereich aktuell als Programmierer in Liederbach. Ab Mai ist mein erster Wohnsitz, notwendig geworden aus familiären Gründen, aber auch flankiert durch wirtschaftspolitische Erwägungen in Homburg (Saar).

Nachdem ich mich nun schon im Wahlkreis 181 als dortiger SPD- Bundestagswahldirektkandidat beworben hatte, wenn auch ohne gewählt worden zu sein, Kandidiere ich nun auch als Gegenkandidat für den Wahlvorschlag des Parteivorstands für den Listenplatz X.

Die Themen Ausgleichsunion und Verfassungsethik sind meiner Meinung nach verglichen mit ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit leider auch unter den aktuellen SPD Bundestagsmandatskandidaten noch zu wenig repräsentiert, als dass ich diese Gelegenheit guten Gewissens auslassen könnte diese nochmals anzusprechen.

Ein Ressourcen armer Staat wie Deutschland braucht den Handel mit zumindest genügend vielen anderen Staaten, die in der Summe seinen Importbedarf decken können.

Da sind wir uns wohl alle einig.

Die Frage ist nur wie man dabei ethisch vorgeht.

Sowohl in seinen tagesaktuellen politischen Entscheidungen.

Als auch bei den langfristig angelegten grundsätzlichen politischen Entscheidungen.

Und zu denen gehören ohne Zweifel, zumindest nach meiner Meinung, auch die Verfassungs- und Handelsvertragsregeln.

Bei all diesen Entscheidungen kann man entweder so vorgehen, dass man zu Lösungen gelangt, die jeder gut finden kann, zum Beispiel dadurch dass man sich in den anderen gedanklich hineinversetzt und sich vorstellt nicht zu wissen, ob man nach dem Eintritt der Entscheidung nicht an dessen Stelle wäre, oder man versucht einfach nur soweit zu gehen wie man es für seine eigene Interessen meint zu müssen.

Das erste ist eine Herangehensweise nach John Rawls. Das andere eine streng individualistische im Geiste eines James M. Buchanans.

Also die entscheidende Frage ist, welchen Ansatz möchte die Basis der SPD durch ihre Bundestagsabgeordnete verfolgt sehen. Und wenn sie tatsächlich den zweiten Ansatz bevorzugt, ist sie sich dann auch der Konsequenzen bewusst, dass sie sich dann den berechtigten Zorn der unfair behandelten anderen zuzieht.

Seit 1992 leben wir in der EU in einem gemeinsamen Binnenmarkt. Wir treiben also gemeinsam Handel. Oder anders ausgedrückt wir wirtschaften zusammen.
Und wenn man gemeinsam wirtschaftet, muss man hinter her auch fair teilen. Sonst kann man nicht zusammenwirtschaften. Also eine John Rawls Lösung müsste her.
Dann betrachten wir mal den Markt.
Dessen Hauptaufgabe ist es die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital zu einen bestimmten Zeitpunkt ausgedrückt durch den Preis und nach den Wünschen der Kunden optimal zu kombinieren.

Und nicht alle Standorte sind gleich wirtschaftlich, schon von Natur aus, und noch mehr historisch gewachsen.

Also wird die optimale Kombination der Produktionsfaktoren, die Arbeit und das Kapital zu den bestmöglichen Standorten leiten.

Das heißt aber auch über Staats- und Landesgrenzen hinweg. Die Arbeit und das Kapital müssen also ihren Herkunftsstaat- ihr Herkunftsland verlassen.

Gut das Kapital wird ja sowieso kaum noch besteuert.

Aber die Arbeit wird von Menschen ausgeführt.

Und die zahlen dann nicht mehr in ihrem Herkunftsland Steuern und Sozialabgaben.

Sie kaufen nicht mehr in ihrem Herkunftsland ein.

Sie gehen nicht mehr in ihrem Herkunftsland zum Arzt.

Wobei das kann auch eher gut sein, weil der ist wohl eh schon im Zielland.

Aber das ist ein anderes Thema.

Also im Zielland nehmen die steuerlichen und Sozialkassen Einkünfte zu und im Herkunftsland ab.

Und dadurch, dass nur kommen darf, wer auch Arbeit hat oder zumindest keine staatliche Unterstützung braucht, kommen auch anteilig sehr viel mehr Einzahler als Empfänger.

Die Empfänger müssen zuhause bleiben.

Zusammen mit immer weniger Beitrag Zahlern.

Ist das Fair?

Ist das Sozial?

Soll die sozialdemokratische Partei Deutschlands das einfach so geschehen lassen?

Und was passiert eigentlich langfristig?

Je mehr kommen, desto größer wird die Nachfrage nach weiterem Zuzug von Dienstleistern.

Und desto schlimmer wird erstmal die Lage für die die Zuhause bleiben mussten.

Außer die freiwilligen Zusatzzahlungen können das ausgleichen.

Aber wir sind ja nicht nur die soziale Partei Deutschlands.

Sondern die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Also was passiert demokratisch.

Selbst aus den Reihen der SPD halten sich die Forderungen und vor allem die Umsetzungsprojekte für einen fairen Ausgleich zwischen den Steuer- und Sozialsystemen ja doch stark in Grenzen.

Nicht mal meine Begründung für diese Forderung wird öffentlich eingestanden.

Es heißt immer die Mehrheit in Deutschland will das nicht.

Aber versuche Sie umzustimmen gibt es kaum.

Wäre aber nicht genau das schon allein aus dem Interesse der aktuellen deutschen Wähler bitter nötig?

Denn was passiert denn demokratisch, wenn immer mehr zuwandern, wenn auch nicht in alle Regionen in gleichem Maße?

Die alteingesessenen Deutschen werden zunehmend zur Minderheit, gegenüber denjenigen, für deren Herkunftsstaaten sie keinen fairen Ausgleich zahlen wollten. Und nicht nur zahlenmäßig bezogen auf die im Land lebenden. Sondern durch die Einbürgerungen auch als demokratische Wähler.

Sollen wir der nächsten Generation der alteingesessenen Deutschen wirklich die Hypothek mit auf den Weg geben, der dann demokratischen Mehrheit solange die faire Unterstützung für deren ihre Heimatstaaten untersagt zu haben, solange ihre Elterngeneration und Großelterngeneration noch die Mehrheit hatten. Ist damit nicht schon die Keimzelle für zukünftige Abneigung gegen die alteingesessene deutsche Minderheit in Deutschland gelegt?

Sollten wir nicht besser jetzt schon für einen fairen sozialen Ausgleich in der EU kämpfen. Zumal als Sozialdemokraten.

Und schlägt diese aktuelle Abneigung gegen faire Ausgleiche nicht auch jetzt schon auf uns alle hier aktuell Lebenden zurück?

Was ist den aus dem Verfassungsrecht auf einen fairen Länder- Finanzausgleich innerhalb Deutschlands geworden.

Kann ein einzelnes Land dieses Recht zukünftig noch beim Verfassungsgericht in allen Fällen wirksam einklagen.

Wenigstens von der formellen Bezeichnung her?

Oder wurde durch den Art. 143f GG aus dem Jahr 2017 nicht vielmehr die Option, dass es keinen fairen Finanzausgleich mehr gibt nicht quasi in die Verfassung rein geschrieben?

Sollten wir nicht sehr viel mehr Energie und Hirnschmalz in die Aufgabe das Europa fair, durchdacht und ausgeglichen zusammenwächst stecken, anstatt nur an unsere, also der deutschen, eher kurzfristigen Interessen zu denken.

Also wählt mich damit für die SPD jemand in den Bundestag einzieht, der diese Zusammenhänge versteht uns sich für ein nachhaltig sozialdemokratisches, faires Europa und eine faire Welt einsetzt und der den nachfolgenden Generationen der alteingesessenen Deutschen nicht noch eine weitere Hypothek mit auf den Weg gibt.

100 Tage US- Präsident Joe Biden

Die ersten 100 Tage der US- Präsidentschaft von Joe Biden sind ja nun vorbei.
Da gilt ja gewissermaßen eine inoffizielle Schonfrist.

Diese Zeit stand bisher wenig überraschend im Schatten von Corona. Ein Wiederaufbau- Fonds für 1,8 Billionen Dollar und die Impfkampagne waren daher wenig überraschend auch bisher die wichtigsten Entscheidungen und administrative Maßnahmen von Joe Biden.

Jenseits von Corona sind die Themen die der Präsident zukünftig nach eigener Aussage angehen möchte vor allem

  • ein Gesetzespaket zur Sicherung der Wahlrechte von Minderheiten,
  • ein neues Einwanderungsrecht,
  • das große Infrastrukturpaket des Präsidenten,
  • die Klimaschutzpläne,
  • Gesundheitsreformen,
  • höhere fairere Steuern für Wohlhabende und Unternehmen
  • schärfere Waffengesetze zur Verhinderung von Massakern und Amokläufen.

Interessanterweise genügt ihm dafür aber nicht (immer) die einfache Mehrheit im Senat und Kongress, sondern wegen der sehr alten Filibuster- Regel, braucht er im Senat 60 % der Stimmen (https://www.spiegel.de/politik/ausland/filibuster-regelung-warum-eine-alte-tradition-joe-biden-zum-verhaengnis-werden-koennte-a-b0f61544-8e43-44ca-bffc-0e703334885c). Also auch die Stimmen der Republikaner, denn die Demokraten haben dort nur 51 Prozent. Wobei diese knappe Mehrheit reichen würde die Filibuster Regelung komplett abzuschaffen …

Im Moment höre ich gerade beim Schreiben die „Erste 100- Tage“- Rede des US- Präsidenten (https://www.youtube.com/watch?v=HmXMKlPukBw).

Zur erst Mal ging es dort, wenig überraschend, um die Corona- Pandemie und die Bewältigung der hieraus entstandenen Krise.

Aber auch Aussagen wie, dass die USA nun wieder bereit „zum Abheben“ wäre und international (wieder) eine anführende Rolle übernehmen wolle sind schon am Anfang zu hören. Bei Joe Biden und den Demokraten wird man wohl auch davon ausgehen können, dass dies durchaus ethisch Werte- gebunden gedacht ist und nicht hegemonial imperial. Die USA wird wohl kaum jetzt militärisch „abheben“, um sich soviel von der Welt für sich zu sichern wie möglich. Dann schon eher für Menschenrechte, gegen Terror und die eigene Sicherheit und die seiner Verbündete.

Aber, die Schonfrist ist ja nun vorbei daher wird es jetzt „kritisch“, schon zu Beginn der Rede zeichnet sich auch ab, dass auch US- Präsident Joe Biden, zumindest noch, die Weltwirtschaft mehr als Wettstreit als, als gemeinsames Unterfangen zur gemeinsamen Grundversorgung, zum gemeinsamen nachhaltigen Wachstum der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zumindest bis alle genug haben, zum aktiven fairen Angleichen der Lebensverhältnisse zwischen den Regionen weltweit aber auch innerhalb dieser zwischen den einzelnen Bürgern, ansieht.

Die USA müsse sich dem internationalen Wettbewerb stellen und sich vorbereiten, damit „wir“ das 21. Jahrhundert „gewinnen“ können. Das klingt schon fast nach Armin Laschets „Danach streben zu gewinnen, nicht weil wir es wollen, sondern weil wir es müssen.“

Gut. Joe Bidens „wir“ könnte man mit einigem an Wohlwollen noch als „wir“, die normativen, Werte- gebundenen Demokraten weltweit interpretieren. Und das gewinnen weniger materialistisch als idealistisch ansehen. So könnte es gemeint sein. Könnte … .

Bei Herrn Laschet kam das schon sehr viel materialistischer und auf uns begrenzt rüber, zumindest war das mein Eindruck.

Na ja, ich habe gerade das Ende der Rede erreicht. Joe Biden spricht dort davon, dass die USA zusammen alles erreichen könnte was sie für „wichtig und richtig“, oder so ähnlich, halten. Das klang jetzt losgelöst aus dem Kontext der Gesamtrede nicht unbedingt nach John Rawls Originalposition. Aber immerhin hatte er zuvor schon klar gestellt, dass die USA weltweit für die Einhaltung von Menschenrechten sind. Also eine streng USA- individualistische Legitimation für zukünftiges Handeln nach eigenem Ermessen jenseits der Moral wird man in diese Aussage wohl kaum ernsthaft, guten Gewissens, rein interpretieren können. Zumindest wird das kaum die Intention gewesen sein. Die Aussage sollte wohl, hoffentlich, vielmehr bedeuten, dass die USA ethisch Werte- gebunden zur Not auch im Alleingang, solange sie im inneren geschlossen genug ist, alles durchsetzen kann, was Sie für nötig und wichtig hält.

Aber zurück zur sozialen Frage, ökologisch ist Joe Biden ja durchaus schon auch international ambitioniert.

Joe Biden spricht in seiner Rede viel von internationalem wirtschaftlichen Wettbewerb, und auch „Buy American“ hört sich bei ihm recht freiwillig an. Ihm geht es vor allem um Fairness. Das werden einige beim Export- und Überschussweltmeister Deutschland wohl recht gerne so hören. Auch aus den Reihen der „Für Uns. Wir. Hier. Mehr. Wir sind ja schon so sozial nachhaltig und auch nach außen, alles durch uns. 2/10 ist schon quasi 100% sozial nach außen (siehe letzter Beitrag von mir)“- SPD und – Gewerkschaften.

Also wie bereits beschrieben, sollte man andere nicht nur wirtschaftlich als Melkkühe ansehen, sondern auch schauen, dass die weiter mit uns zumindest hinreichend handeln können, wollen und auch sollten. Es also auch ihrem Interesse nützt. Solange die USA unsere Sicherheit garantieren muss, ist das auch schon direkt in unserem Interesse.

Gut die USA ist mit uns (noch) nicht in einem Zwangsverbund wirtschaftlicher Freiheit vereint, wie die anderen EU- Staaten und sie könnten jederzeit wirtschaftliche Ungleichgewichte, spätestens wenn diese sie gefährden könnten, ausgleichen. Bei destruktiven Ungleichgewichten, und die können in einem freien Markt auch zufällig entstehen, sollte man sich auch nicht allzu lange mit der Frage aufhalten, ob diese destruktiven Ungleichgewichte unfair zustande gekommen sind. Sondern eher damit, wie man diese fair, im Sinne der Originalposition, und nicht zu langsam, überwinden kann. Mit Freiwilligkeit alleine wird man da kaum weit kommen. Wenn das dennoch versucht werden würde, würde die USA wohl zusammen mit ihren Werten und den von ihr militärisch abhängigen Verbündeten untergehen. Also auch zusammen mit uns. Das zu verhindern ist nun eben mal eher eine (relativ) konservative Aufgabe. Dafür muss man aber auch die „neo- altliberale“ progressive Revolution, die seit Ende der 1970er mal wieder in Gang ist, endlich wieder stoppen. Bevor sie uns wieder in den Weltenbrand oder unter totalitäre Herrschaft führt. Und nein „neo/altliberal“ ist nicht mit „konservativ“ gleich zusetzten. Höchstens in der Hinsicht, dass die Weltwirtschaft aktuell wieder „neo/altliberal“ ausgerichtet ist und man diesen Zustand beihalten will. Das ist dann aber eine ganz bestimmte Variante von „Konservativ“.

Wenn man die Bibel heranziehen möchte, da bin ich ja eigentlich eher skeptisch, ob man die Menschen- gemachten Abschriften wirklich als komplett göttlich legitimiert ansehen kann und sollte, sind bestimmt Fehler drin :), aber nichtsdestotrotz, war dieser „Sündenfall mit dem Apfel“ die erste „progressive“ Veränderung. Das Unterlassen wäre dann konservativ gewesen und wir wären noch im Paradies. Zumindest nach den gängigen Abschriften. Wobei das wohl früher oder später eh passiert wäre. Und was ist eigentlich mit „Und führe mich nicht in Versuchung“? Oder stammt das aus einer anderen Abschrift. Muss man wohl bis zum finalen Gottesnachweis sich ethisch zumindest teilweise weiter an die Originalpostition halten, wenn man nicht einfach blind einer Abschrift folgen will. Wobei in der Bibel, in den Abschriften, aber natürlich auch vieles ethisch Gutes, aus meiner Sicht, drin steht. Aber zurück zum Thema.

Also ein Wettkampf bei dem, dem Unterlegen, oder bei einem nachhaltigem zu großem „Race- To The Bottom“ gleich (fast) allen, der Tod oder zumindest der Mangel droht ist kein Spiel mehr und auch nicht konstruktiv. Das ist ein Warenkrieg. Ein Wirtschaftskrieg eben. Und die Weltwirtschaft ist zurzeit leider nach solchen Wettkampfregeln aufgebaut. Und diese Regeln, werden durch Netzwerke wie das „Atlas Network“ eben allem Anschein nach auch noch versucht zu verewigen. Also dem demokratisch legitimierten Zugriff versucht zu entziehen. Damit diese nicht mehr geändert werden können. Also Zwangssysteme wirtschaftlicher Freiheit ohne Änderungs- oder Ausstiegsoption. Ohne sich gegen diejenigen noch wehren zu können, die ihr Kapital, ihre Standorte oder ihre Arbeit zu unsozial, unökologisch, unsicher und zu wenig Zukunft- orientiert einsetzen. Und nein Frau Yellen, automatische Währungsanpassungen alleine werden da kaum reichen. Wenn die internationale Konkurrenz zu groß ist, werden auch durch (automatische) Abwertungen nicht alle Staaten ihren Importbedarf gedeckt bekommen. Wenn man zu wenig exportiert hilft das irgendwann auch nicht mehr.

Man braucht eben weltweit, neben hinreichender Regulation, und Priorisierung, vor allem ein hinreichendes faires, basierend auf der Originalposition oder etwas ähnlichem, Ausgleichssystem, wirtschaftlicher oder finanzieller Art, um Ungleichgewichte zumindest fair hinreichend auszugleichen. Und Ungleichgewichte sind der normal Zustand nicht die Ausnahme. Das habe ich ja nun schon mehrfach dargelegt in meinem Blog. Oder wenn man sich partout nicht einigen kann, eine faire, Originalposition, Teilung der Ressourcen und dann getrenntes Wirtschaften.

Also es ist gut, dass die Trump- Administration nicht mehr in den USA am Ruder ist. Die war, meiner Meinung nach zu Rechts, und zu „streng individuell legitimiert“.

Aber wir brauchen wieder die Einsicht und den Willen international aktiv für einen bedarfsgerechten fairen hinreichenden Ausgleich zu sorgen. So wie das nach den beiden Weltkriegen mal mehr oder weniger der Fall war.

Diese Einsicht und dieser Wille ist bei der ersten Kongress- Rede von Joe Biden noch nicht, vor allem nicht hinreichend, rüberkommen, zumindest für mich nicht.

Also, schön das er und nicht Trump gewählt wurde.

Aber in Bezug auf die Weltwirtschaft, auf soziale Rechte und einen aktiven Ausgleich der Wirtschaftskraft, muss er noch einiges an geäußerter Einsicht und geäußertem Willen drauf packen, damit er die USA und die Welt während seine Amtszeit in eine soziale, sichere und standhafte Bahn lenkt/steuert.

Das ist mein Appell an ihn.

Vielleicht geht dann auch denjenigen in den USA irgendwann hinreichend (sprichwörtlich) die „Luft aus“, nicht im tödlichem Corona- Sinne, die da dagegen anreden wollen, so wie es im alten Filibuster- System, mittlerweile reicht ja ein einfaches Veto, bei Widerstand im US- Senat üblich war …

Sonst müsste die Welt und die USA nochmal knapp 4 Jahre, oder 2 Jahre, wenn es an der Opposition lag, warten, um eine neue Wahl- Chance auf einen hinreichend einsichtigen und willigen US- Präsidenten mit einer hinreichenden Mehrheit bekommen zu können.

Oder es funktioniert auch ohne oder gar gegen die USA. Das dürfte aber doch eher schwierig sein, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Aber wie auch immer.

Sind wir eben mal optimistisch. Bleibt einem ja auch sonst nicht viel. Ausgründen, mit anderen Gleich-gewillten, mit einem fairen, und im Idealfall auch noch hinreichendem Anteil an allem ist ja noch keine Option „bei uns“.