Die ökonomische Theorie der Politik und der Verfassung

Schon auf der Tagung zum 100 Jahre Eisener-Gründungskongress Jubiläum des Vereins für Socialpolitik (VfS) 1972 wurde am Rande die ökonomische Theorie der Politik und der Verfassung erwähnt.

Dabei ging es, und geht es immer noch, darum dass (Erklärungs-)Prinzip der (egoistischen) Nutzenmaximierung, den homo oeconomicus, aus dem ökonomischen, wirtschaftlichen Bereich auch auf die Politik und die Verfassungsgestaltung zu übertragen.

Und schon damals wurden diese Bestrebungen mit dem Namen James M. Buchanan verknüpft.

Allgemein geht es bei diesem Deutungssystem auf politischer Ebene, Public Choice, darum, dass Politiker und Parteien versuchen würden und sollten für ihre Werte und Interessen, meist wird vor allem auf Interessen verwiesen, Nutzenkalkulierend vorzugehen. Also soviel muss ich/müssen wir investieren um gewählt zu werden, dass bringt mir/uns dann so und so viel.

Oder meine/unsere Wertvorstellungen können dann so und so weit zur Geltung kommen.

Also Einsatz für Wählerstimmen.

Das ist ja erst mal noch nicht verwerflich oder problematisch, sondern vernünftig.

Zumindest solange man nicht einfach nur seine Interessen, eventuell auch noch kurzsichtig, durchsetzen möchte.

Der homo oeconomicus steht aber nun gerade für das Verfolgen von Eigeninteressen.

Wenn es bei der ökonomischen Theorie der Politik nur darum geht, dieses Verfolgen von Eigeninteressen als das zentrale Prinzip der Politik zu erklären und auch als rational, normal darstellen zu wollen, ist man bei der „Profitisierung“ der Politik angekommen.

Dann sind Parteien und Politiker nur noch Interessensvertreter für ihr Klientel und/oder sich selbst, für die sich Politik vor allem rechnen muss. Also Profit bringen.

Werte wie faire Anteile und/oder zumindest Genug für alle solange es reicht, kommen in solchen „Theorien“ dann nicht mehr vor. Und solche Bestrebungen werden auch als irrational bezeichnet. Nur Eigen- /Teilgruppennutz wäre vernünftig.

Das spricht im Big 5 Schema der Psychologie vor allem die „Unverträglichen“ an.

Das macht ihre „Eigenart“ zum Normalen, Rationalen. Zum Vorbild. Dann braucht es nur noch das deklarative Weltbild, dass Eigennutzstreben durch den Markt durch unsichtbare Kräfte allen nutzt. Dabei ist es einfach aufzeigbar, dass genauso wenig wie man ein Auto verlässlich hinreichend oft in einer teuren Farbe bekommt, ohne das bestellt zu haben, dies für soziale, ökologische, sicherheits- oder zukunftsorientierten Zwecke der Fall wäre, wenn nicht hinreichend viele dies aktiv bestellen/tun/staatlich verpflichtend machen, erzwingen.

Aber der angebliche Automatismus des Marktes, ist eben eine klassische Scheinwahrung. Die sozialen Ansprüche anderer wären noch erfüllt. So bekommt man Gern- und Gutgläubige mit ins Boot, als Wähler. Das hatte schon Max Weber erkannt, als er in „… der Geist des Kapitalismus“ schrieb, Kapitalisten würden Werte anderer nur so weit erfüllen, wie es sich rechnet. Und wenn der Schein schon reicht: Voll „ökonomisch“.

Nur spätestens beim „Schein“, kollidiert man dann schnell mit der Nachhaltigkeit der Eigennutzbestrebungen. Der „Schein“ der zu vielen anderen schadet hält selten lange. Daher ist „strategische Fairness und Solidarität“ auch für „Unverträgliche“ wichtig. Die „Gern- und Gutgläubigen“ werden dann auch für die zum Problem. Wobei man das „strategisch“ nicht unbedingt dazuschreiben sollte. Das heißt dann nur so weit wie nötig. Da stößt dann der „Gern- und Gutgläubige“ wieder an seine Grenzen. Das alles genau stimmig Vorauszuberechnen ist wohl selbst für „Unverträgliche“ eher keine Option, da zu teuer, vor allem wenn man sich doch verrechnet hat. Da bietet sich dann eine unbedingte „Fairness- und Solidaritäts-“ Flatrate auf ökonomischen Niveau an um davor seine Ruhe zu haben. Soweit war auch schon Hayek bei seinen Empfehlungen für sein „Klientel“ und seiner Begeisterung für die „Freiheit auf Mehr“.

Also liebe von Natur aus „Unverträgliche“ für die hinreichende Ruhe nicht vergessen, dass der ausgleichende und nachhaltige Automatismus des Marktes nur eine Ausrede war und ist.

Um Nichts oder eben so wenig wie möglich abgeben zu müssen, an diejenigen die bei den Tauschgeschäften oder beim Erben schlechter weggekommen sind.

Und genau darum ging es schon in der attischen Demokratie, wie Aristoteles schön dargelegt hatte.

Und darum geht es auch in den neuen Demokratien seit der US- Amerikanischen wieder.

Den Abwehrreflex der eher unverträglichen Reichen, Besserverdienenden und Standort-Privilegierten (auch) mit Scheinargumenten wie „das ist prinzipiell ungerecht“ mehrheitsfähig zu machen.

Oder eben die Gefahr der „Tyrannei der Mehrheit“ welche für gerade Genannte bei Umverteilung schon sehr früh beginnt, durch eine „geordnete“ Verfassung zu bändigen.

Oder eben durch die ökonomische Theorie der Verfassung oder aktueller formuliert durch die streng individualistische Sozialvertragstheorie, eben direkt von Herrn Buchanan.

Nach dem 2.Weltkrieg, und der damaligen Einsicht, dass zum nachhaltigen Frieden, dass zumindest tolerierbar nachhaltig faire Teilen, Priorisieren und Regulieren gehört, und zwar nicht nur zum Schein, entstand mit dem FEE schon wieder der erste Freimarkt-ThinkTank für unsere lieben „Unverträglichen“.

Und spätestens ab den 1970ern wurden diese in Wissenschaft und Medien leider wieder tonangebend.

Die Begeisterung in der damaligen EWG, Anfang der 1970er, für die wirtschaftlichen und individuellen Freiheiten, und für deren Erzwingung, dürfte vor allem auf diesen Einfluss zurückgehen.

Nachdem schon Max Weber mahnte Deutschland habe wirtschaftlich auf Grund seiner Lage einen zu großen Standortvorteil und Keynes nach dem Krieg betonte, dass Deutschlands Wirtschaftskraft allen nützen könnte, wenn man darauf hinreichend aktiv hinsteuert. Und nachdem bis Anfang der 1970er Deutschland immer nur etwas gegen seinen Überschuss tat, nachdem es durch haltbare Drohungen mit Aufwertung von außen dazu gezwungen wurde, kam man dann innerhalb Europas zuerst auf die tolle und überraschende Idee durch ein „Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit“ den andern Staaten Schutzmaßnahmen als „haltbare“ Drohungen zu nehmen, nachdem mit Bretton- Woods die Abwertungsoption auch schon gerade vom Tisch genommen wurde. Und dann kam auch noch eine gemeinsame Währung, was die Marktumverteilung noch enorm stärker zu enthemmte, hinzu. Über die Euro- Zentralbank kann man zwar „gemeinsam“ einiges machen, aber eben nur wenn man es mit deren vertraglichen Zielen nicht so genau nimmt und dort jemand entsprechend „gewilltes“ hat.

Die ökonomische Theorie der Verfassung ist in der EU eben voll durchgeschlagen und TTIP, CETA und die Investitionsschutzverträge gehen eben in eine ähnliche Richtung, wenn auch nicht so „offensichtlich zwanghaft“.

Also das Streben nach Eigennutz schon in den Verfassungsregeln. Wie es darum in den USA steht kann man schön bei der US- Historikerin Nancy MacLean in „Democracy in Chains“ nachlesen.

Freier Wettbewerb um so viel wie möglich und demokratischer Umverteilungsschutz mit Verfassungsrang.

Da kommt man aber langsam ins Grübeln, ob unsere aktuellen „Unverträglichen“ nicht die Nachhaltigkeit, nicht nur ökologisch, sondern auch auf den Blick auf ihre eigene sichere Zukunft vergessen. Eben die „strategische Solidarität“.

Und vor allem die „strategische Handlungsfähigkeit“.

Es ist eben ein entscheidender Unterschied, ob man ein proprietäres, vermögensabhängiges Wahlsystem einführt, um sich vor der „Umverteilungstyrannei der Mehrheit“ zu schützen. Oder ob man einfach den staatlichen Handlungsspielraum fürs Umverteilen und Besteuern beschränkt. Ab und Zu werden auch die „Unverträglichen“ mal was umverteilen oder besteuren müssen. Zum Beispiel wenn von außen oder innen zu viel mit schlechter Absicht in Besitz genommen wurde oder wenn man sein Militär besser ausrüsten muss. 2/3 Mehrheitspflicht ist dann nicht hilfreich und wird sehr sicher irgendwann zu einem gefährlichen „Nein“ führen. So was ist dann eher was für diejenigen „die die aktuelle Gesellschaft ruinieren wollen“ (Schmoller). Von innen oder außen. Und eben für die „Inkonsequenten“ (wieder Schmoller). Die Gern- und Gutgläubigen lassen grüßen. 🙂

Natürlich haben die „unverträglichen“ Vermögenden bei einem Klassenwahlrecht noch das Problem, dass die Mehrheit der Reichen auch mal „verträglich“ sein könnte oder eben inkonsequent. Oder „verräterisch“. Da hilft dann nur die Einführung eines „Goldenen Buches“ für das Wahlrecht und damit eine offene Oligarchie.

Wenn man „Kapital als Ideologie“ von Piketty liest, bekommt man auch nochmal dargelegt, dass diese proprietäre Ideologie auf dem Vormarsch ist. Wenn auch eher ohne Warnung vor „Goldenen Büchern“ und „Ruinierungsfreudigen“.

Aber es bleibt eben dabei: Wenn man gemeinsam wirtschaften, einen gemeinsamen Markt, haben möchte muss man sich auf fair hinreichendes Teilen, Priorisieren und Regulieren einigen. Sonst kann man nicht gemeinsam wirtschaften, keinen gemeinsamen Markt haben. Dann muss man sich auf ein fair hinreichendes Trennen einigen. Und wenn das auch nicht geht, muss man sich mit einem fair hinreichenden Anteil, eben nach eigener Definition mit universell moralischen Selbstanspruch, von denjenigen mit denen man sich nicht einigen konnte einseitig trennen. Zumindest für den nachhaltig nötigen Anteil, aber auch nicht für zu viel mehr, auch mit fairer Gewalt. Das ist natürlich nicht immer so einfach. Und notfalls fair intervenieren für das (aktuell) nicht Teilbare, wie die Erde, muss man dann trotzdem auch noch. So ist es eben. Da hilft auch kein Schönreden oder „Andersglauben“.

(Standort-)wettbewerb auf „Leben und Tod“

Weiß eigentlich noch jemand was das Ziel des europäischen Integrationsprozesses war? Warum die EG und später die EU gegründet wurde?

Alles begann ja mit der Montanunion. Um Rohstoffe sollte es keinen Krieg mehr geben, sondern die sollten gemeinsam genutzt werden.

Die meisten Staaten verfügen eben nicht über alles was ihre Bevölkerung braucht selbst. Und seit es Freiheit der Kapitalbewegung gibt hat das noch mehr zugenommen. Prinzipiell ist (fast) alles in Freimarkt- WTO- Staaten auch das Unbewegliche auch für nicht Staatsangehörige käuflich. Als gewählter Staatsrepräsentant kann man sich nicht mal mehr sicher sein, dass man genügend Fläche für Wohnraum für seine Bevölkerung ausweisen kann. Wenn der Boden erst mal komplett verkauft und per Investitionsschutz vorm (inländischen) öffentlichen Zugriff „geschützt“ ist bekommt die Metapher vom Staats-„Volk ohne Raum“ eine ganz neue linke Brisanz. Theoretisch kann eine Bürgerschaft den größten Teil ihres Eigentums außerhalb des eigenen Staatsgebietes haben und innerhalb ihres Staatsgebietes nur noch einen Bruchteil selbst besitzen. Hier ist dann eben besonders wichtig welche regulativen Rechte, welche Rechte zur Besteuerung und welche Rechte zur Nutzungsvorgabe der Staat und damit die Bürgerschaft über die beweglichen und unbeweglichen Dinge im eigenen Land noch hat. Kann man noch Mieten deckeln. Kann man überhaupt noch Vorgaben machen, dass in diesem oder jenem Viertel Wohnungen zu stehen haben und keine Hotels, Vergnügungsparks oder Fabriken? Kann man die Wohnungsgröße vorschreiben? Oder anders ausgedrückt. Kann man als Stadtverwaltung noch sicherstellen in 5 Jahren noch genug Wohnraum für seine Stadtbewohner zu haben? Ganz abgesehen davon, ob der noch bezahlbar ist, aus individueller oder gemeinschaftlicher Sicht? Kann es passieren, dass plötzlich innerhalb von 3 Jahren 50% der Wohnungen abgerissen wird? Die Antwort ist, dass dies eben von den Gesetzen, der Staatsverfassung und solchen internationalen Verträgen wie Investitionsschutz- Abkommen und vom internationalen Druck diese einhalten zu müssen abhängt. In einem rein freien Markt wäre das möglich. Deshalb ist es so gefährlich wenn sich eine Einstellung in der Bevölkerung und auch in der Politik durchsetzt die den Freimarkt und die ungebremste individuelle Entscheidungsfreiheit ohne Blick für die gesellschaftlichen Konsequenzen, für mansche gibt es so was wie eine Gesellschaft ja auch gar nicht, feiert. Was für den einzelnen kurzfristig Gut ist, ist für die Gesellschaft, die eben nun mal da ist, zu oft (zu) schlecht. Deshalb braucht eine Gesellschaft genug politische Handlungsfreiheit, das fair nötige durchzusetzen. Im Fall von Wohnraum ist das eben eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit hin zu genügend Wohnraum an jedem Ort oder eben einer Verlagerung der Arbeitsplätze und damit der Bevölkerung an andere Orte wo noch angemessener Wohnraum verfügbar ist. Dafür braucht man aber hinreichende öffentliche Rechte an Boden, Immobilien und Investitionsströmen. Das gilt natürlich auch für Fragen der grundsätzlichen Bewohnbarkeit der Erde um auch mal das Ökologische anzusprechen. Es ist wichtig das hinreichend viele verstehen, dass wenn man nur auf den Marktpreis schaut ohne die Folgekosten für sich und andere zu berücksichtigen diese am Ende dann tatsächlich aufgetürmt geballt zu buche schlagen. Und zu oft in desaströser Weise.

Beim Markt bekommt man eben nur das für das man bezahlt hat. Und wenn man dabei nicht hinreichend soziales, ökologisches, Sicherheits- und Zukunftsorientiertes bei den „Richtigen“ mit bestellt hat gibt es das dann auch nicht. Wenn Marktentscheidungen überhaupt einen Vorteil gegenüber staatlichen haben sollen, dann eventuell weil dort eben nicht jeder das gleiche Stimmengewicht hat. Im Idealfall sind die Entscheidungen dann makroökonomisch fundierter. Aber wie man an der Formulierung schon ablesen kann, ist ein Zuwachs an Marktmacht eben vor allem von eher mikroökonomischen Entscheidungen abhängig. Diese Arbeitsteilung wird ja im Gegensatz zur Planwirtschaft gerade als Vorteil angesehen. Nur garantiert das dann eben kein makroökonomisches Wissen. Und gemeinwohlorientiertes Verhalten wohl noch weniger als bei staatlich gewählten Entscheidern. Also wenn die freiwillige individuelle hinreichende Berücksichtigung von sozialem, ökologischem, Sicherheits- und Zukunftsorientiertem nicht ausreicht muss man eben verpflichtend bzw. per Zwang kollektiv staatlich dafür sorgen. Wobei es natürlich auch da keine Garantie gibt, dass das Nötige und nicht gar das Schlechte getan wird. Aber dagegen braucht man eben ein Ausgründrecht mit einem fairen Anteil an allem aus dem „Pflichtmonopol“ des Staates um das Nötige damit es noch tolerierbar ist legal tun zu können oder es zumindest legal versuchen zu können. Gegen „schlechte“ staatliche Eingriffe, aber eben nicht gegen Unterlassen des Notwendigen, würden einem hinreichen ausstaffierte Grundrechte, für seinen fairen Anteil tatsächlich schon reichen. Umgekehrt bräuchte es aber auch ein Schutz davor das individuell etwas nach außen verkauft wird, was für die Gemeinschaft wichtig ist. Der Boden zum Beispiel. Privatisieren heißt eben auch, dass nicht nur innerhalb der Gesellschaft verkauft werden kann sondern auch nach außen, egal ob Freund oder Feind. Privatisieren von für die Gemeinschaft wichtigen Dingen heißt eben diese jederzeit an den „Falschen“ verlieren zu können, außer man beugt dem per Gesetz, am besten mit Verfassungsrang, vor. Eigentlich wurde das ja durch den Grundrechtzusatz „Eigentum verpflichtet“ in unserer Verfassung je nach Interpretation so vorgesehen. Aber das hängt eben vom jeweiligen Verfassungsgericht ab. Wenn von Individuen in der Gesellschaft wichtige inländische Besitztümer indirekt durch ebensolche im Ausland getauscht wurden, besteht natürlich auch ein faires Interesse der Gemeinschaft daran, dass man durch Investitionsschutzgesetzte in beiden Ländern zumindest nicht schlechter gestellt wird. Das ist aber eben nicht nur eine rechtliche sondern auch ein Durchsetzungsfrage. Und die ist im Ausland meist begrenzt. Also es findet eine komplette Verstreuung des Gesamtbesitzes einer Bürgergesellschaft also einer mit einem gemeinsam nach innen und außen mit zentralen Handlungsmonopolen versehenen Staates, statt. Steuerhoheit auf Kapital und Sicherheitshoheit werden so getrennt. Und auch die Steuerhoheit für die im Staatsbereich Arbeitenden und Lebenden. Denn die werden für Staaten, da sich das Kapital leichter einer Besteuerung entziehen kann, zunehmend zur wichtigsten Steuereinnahmequelle, da die Arbeit eben zu denen von der Kapitalseite gewählten Standorten gehen muss. Und genau das ist der (Standort-) wettbewerb den ich in meiner Überschrift erwähnt habe und in einem freien Markt ohne hinreichenden (zwischen) regionalen Ausgleich findet der eben tatsächlich auf Leben und Tod statt. Genauso wie innerhalb von Regionen wenn es keinen hinreichenden sozialen Ausgleich dort gibt. Und zu große Ungleichheit zumal lebensbedrohliche oder zumindest gesundheitsbedrohende führte eben meist zu Revolutionen, das war schon immer so und wird wohl immer so bleiben. Die Ökonomen der historischen Schule, wie Gustav von Schmoller, wussten das noch und haben daher für einen hinreichenden Ausgleich geworben und davor gewarnt das nur „der Inkonsequente und derjenige der seinem eigenen Land schaden will komplett freihändlerisch“ sein könne. Das sollte man auch bedenken wenn man Anhänger der zu freiheitsradikalen Österreichischen Schule von Mises, Hayek, Buchanan und Co ist. Denn die ist eben zu einer Zeit und an einem Ort entstanden wo auch Lenin in Österreich aktiv war …
Ohne hinreichende Berücksichtigung oder Korrektur für soziale, ökologische, Sicherheits- und Zukunftsorientierte Zwecke ist das reine Markergebnis eben für niemanden innerhalb einer Gesellschaft tragbar. Innerhalb der Gesellschaft. Da bleibt dann nur Revolution oder Hegemonie des Außen, wenn da keine Korrektur wegen der falschen Verfassung mehr möglich ist. Dies kann wie unter Solon zur Geburtsstunde etwas mehr oder weniger tugendhaften wie der Attischen Demokratie im antiken Athen führen oder eben zu einer neuen „Hitler“- Herrschaft. Oder einer Oligarchie oder einer neuen stalinistischen Einparteien -Vorherrschaft nur dann in ganz Europa.

Oder auch mal zu was Werte- gebunden und durchdachterem, einem demokratischen Staatbund mit Ausgründrecht mit einem fairen Anteil an allem wenn man’s nicht mehr tolerierbar findet. 🙂 Aber da sollte man besser durch Reformen oder eine bewusste samtene Revolution hin und nicht durch eine (blutige) Notfall- Revolution weil vorher alles zu schlecht wurde.

Wenn man nachhaltig in Frieden und Wohlstand leben will muss man eben schauen, dass es den andern zumindest auch nicht zu schlecht geht, wenn schon nicht genauso gut. Mit einer reinen Freimarkt- Ideologie ist das aber nicht stabil erreichbar. Und ohne durchsetzbares Ausgründrecht mit einem fairen Anteil an allem ist man Murphys quantitativen „Alles was schief gehen kann geht auch schief“- Gesetz wenn es dann bei der soundsovielsten Neuwahl oder Auslosung so weit ist, dem Schiefgehen legal handlungsunfähig ausgeliefert. Bliebe dann nur eine neue Runde Revolutionsroulet und der spannenden Frage was es dann spontan gibt.

Weltmarkt und Weltressourcen: Anteile, Werte, Notwendigkeiten und Interessen

Die natürlichen Ressourcen und nutzbaren Böden und Flächen sind nun eben mal nicht unbegrenzt und überall in gleichem Maße verfügbar.

Daher stellen sich einem und allen schon quasi seit Jahr und Tag die immer gleichen Fragen:

Wer hat wie viel?
Wer gibt wie viel?
Wer bekommt wie viel?
Wer könnte wie viel haben, geben oder bekommen?
Und wer sollte es? Und sollte man alles gemeinsam nutzen oder teilen?
Und wie entscheidet man das Werte- oder Interessen- gebunden?

Die erste praktische Frage ist dann:
Wer besitzt aktuell was, wer hat welche Möglichkeiten und wer hat aus welcher Intention heraus welche Absichten.

An dieser Stelle kommt dann auch das Bestandsvermögen ins Spiel, besonders in Form vom Anlagen- , und Kapitalvermögen. Und natürlich der aktuelle Bildungs-, Ausbildungsstand und die aktuelle Leistungsfähigkeit der einzelnen Bürger der einzelnen Staaten.
Aber auch die militärischen Optionen.

Dem einzelnen Bürger stellt sich dann die Frage mit wem er, Werte- gebunden!?, in welchem Umfang „Handel treiben“ will und/oder mehr oder weniger muss.
Und unter welchen äußeren Rahmenbedingungen das ganze nach seiner Meinung und seinen Werten stattfinden soll. In einer Demokratie kann er dafür jemanden oder eine Partei wählen oder sich wählen lassen.
Den [demokratisch legitimierten] Entscheidern in den [staatlichen] Institutionen, mit dem nötigen Handlungsspielraum, stellt sich dann die Frage, welchen Rahmen sie dem privaten Handel geben wollen, ob sie an einigen Stellen intervenieren möchten, ob sie steuernd oder gar lenkend eingreifen wollen, oder ob sie gar einige oder gleich alle wirtschaftlichen Bereiche verstaatlichen wollen.

Beim „klassischen“ Freimarkt ist es das Ziel, dass der Handel soweit wie möglich in privater Hand ist und es von [staatlich] institutioneller Seite her keine oder nur wenige Handelsbeschränkungen gibt.

Diese Art des gemeinsamen Handels begünstigt aber einseitig Staaten mit einem aktuellen und/oder für die Zukunft zu erwartenden Vorsprungs an Produktivität oder einfach gut gelegenen Standorten und zu einem geringeren Teil auch Staaten mit begehrten Ressourcen. Für die Frage der Fairness und vor allem mittel- bis langfristig der Chancengleichheit ist es noch entscheidend inwieweit der Vorsprung an Produktivität, auf natürlichen bzw. „aufholbaren“ Voraussetzungen basiert.

Wenn zu dieser Art des Handels dann noch die Überzeugung hinzukommt, dass ein Freimarkt für jeden oder wenigstens jeden Einzelstaat von Vorteil sei, da ja zu erwarten sei, dass der Gesamtertrag zunehmen würde und ja jeder die Möglichkeit habe genügend davon ab zu bekommen wird die Sache dann langsam zur Ideologie. Denn selbst wenn tatsächlich jeder die Möglichkeit hätte zumindest hinreichend zu „profitieren“, was man wohl berechtigter Weise anzweifeln darf, ergibt sich daraus noch lange nicht die Möglichkeit, dass auch alle gleichzeitig zumindest in zur Grundbedarfssicherung hinreichendem Maße tatsächlich profitieren könnten. Genauso wenig wie sich aus der theoretischen Option, z. B. Wimbledon- Sieger werden zu können auch die tatsächliche Option bietet, dass dies auch alle gleichzeitig werden könnten. Nur das ein Wimbledon- Sieg für die meisten Wohl kaum zur Grundbedarfssicherung gezählt werden dürfte. Also für die meisten für ein als akzeptabel angesehenes Leben wohl zumindest als verzichtbar betrachtet werden dürfte.
Also eine Möglichkeit für jeden Einzelnen auf genug für ihn, ergibt noch keine Möglichkeit auf genug für alle.

Der Freimarkt als Ideologie dieser Art wird daher meist von Menschen propagiert, denen es, Ergebnis unabhängig, darum geht mit ihrem Besitz machen zu können was sie wollen, egal was die anderen davon halten und egal wie hoch ihr Anteil am Gesamtbesitz der Gesellschaft ist, also zumindest, wenn sie mehr als die meisten anderen haben. Oder von Menschen die diese Option für andere erstreiten wollen, meist gegen Entlohnung versteht sich.

Oder von einigen [staatlich] institutionellen Entscheidern von Staaten, welche bei den Bedingungen des freien Marktes gegenwärtig, und/oder zukünftig zu erwarten, einen Vorteil, einen Netto- Überschuss im Außenhandel, haben und mit diesem machen können wollen was ihnen gefällt.

Ich habe hier ja schon mehrfach geschrieben, dass ein gemeinsamer Markt, national oder transnational, einen Ausgleich, wirtschaftlicher oder
finanzieller Art, eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit hin zur allgemeinen
Grundbedarfssicherung und hinreichende staatliche Regulierung für soziale, ökologische oder
sicherheitsrelevante Zwecke braucht. Ein Ausgleich ist wichtig, da die wirtschaftliche Konzentrationskraft des Marktes hin zu Standorten
mit optimalen Produktionsbedingungen einfach zu groß ist.

Hieraus ergibt sich für Staaten, welche aktuell bei einem gemeinsamen Markt, zumindest aus relativer Sicht, weniger gut weg kommen oder gar eher einen Nachteil haben, die Frage wie sie auf andere Staaten reagieren können, welche eben keinen hinreichend Werte- gebunden „gestalteten“ gemeinsamen Markt wollen, sondern zumindest solange sie davon profitieren, oder dies zumindest glauben, lieber einen einfach freien.

Diesen Staaten wird dann mehr oder weniger nichts anderes übrig bleiben als zu verhandeln. Über ein Ausgleichssystem, oder zumindest einen einmaligen Ausgleich, finanzieller oder wirtschaftlicher Art. Über eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit, z. B. zur vorrangigen Nutzung von landwirtschaftlichen Nutzflächen zur hinreichenden Nahrungsmittelproduktion. Oder über regulative Standards zu sozialen, ökologischen oder sicherheitsbezogenen Zwecken.
Je „besser“ dabei die Verhandlungsposition aktuell ist, um so leichter lassen sich natürlich eigene Interessen und Werte durchsetzen, außer der andere teilt diese sowieso.

Das ist auch ein Grund wieso vor allem ein wirtschaftlicher Ausgleich so wichtig ist. Denn je größer der relative oder absolute Vorteil bzw. Vorsprung des anderen im Laufe des Vorhandenseins des freien Marktes oder des „ausgehandelten“ Marktes wird, desto schlechter wird die eigene Verhandlungsposition für zukünftige Verhandlungsrunden.

Vor allem, wenn die militärische Option, sich relativ gesehen, (zusätzlich) verschlechtert, könnten sich eigentlich nur Außenhandels- politisch geführte Verhandlungsrunden schnell zuspitzen.
Daran sollte man denken, wenn man rein Interessen- bezogen, oder Freimarkt- Ideologisch, verhandelt. Denn selbst F. A. Hayek schrieb ja, dass die Gefahr, dass es auf den Straßen nicht mehr ruhig bleibt, auch die rein am eigenen unmittelbaren Interesse interessierten zum Einlenken hin zur Anerkennung der fairen, im unfairen Fall natürlich auch der darüber hinausgehenden Interessen der oder des anderen am ehesten führen kann. Und ob es fair ist, dass diejenigen die zu wenig haben, es kampflos hin nehmen sollen müssen, dass jemand der mehr als genug hat und nichts abgibt oder zu wenig ist eigentlich auch eine Frage der Ethik und nicht des aktuellen internationalen Regelwerks.

All dies sollte man bedenken, wenn man sich mit Russland und Weißrussland auseinandersetzt.

Nach dem Untergang des totalitären Sozialismus der Sowjetunion, wurde u. a. versucht bei diesen beiden Staaten, die Ideologie des freien Marktes, nach innen und nach außen, aus welcher Intention heraus auch immer, beratend und Kredit- gebend zur Durchsetzung zu bringen. Stichwort: Schocktherapie. In Russland unter Boris Jelzin war dies unter, wohl zurecht als höchst unsozial und ungleich zu bezeichnenden Bedingungen, zunächst auch Wirklichkeit geworden, bevor Wladimir Putin dies beendet hatte.
In Weißrussland wurde diese Phase, durch Aljaksandr Lukaschenka auch unter mithilfe von Russland gleich ganz übersprungen.

Deswegen konnten sich diese beiden „Staatenlenker“ in diesen beiden Staaten an der Macht halten und können es zumindest bis jetzt immer noch.

Diesen Verdienst kann man ihnen nicht absprechen. Und man könnte es, sagen wir mal durchaus auch verstehen, wenn sie einfach nur keine oppositionellen Kandidaten in ihren Staaten zulassen wollen würden, die nicht öffentlich bekunden, dass es unter ihrer Regentschaft keinen Ausverkauf der russischen oder weißrussischen Zukunft an westliche Freimarktler oder Eigentums- radikale Oligarchen aus den eigenen Reihen geben soll und wird. Bei uns kann man radikale bis extremistische Parteien ja auch verbieten. Aus sozialer und/oder demokratischer Sicht mehr aber auch nicht. Alles andere ist eine reine selbstherrliche Diktatur und damit auch kaum dem Wohl der Bürger dieser beiden Staaten dienlich. Und vor allem muss man dies transparent gestalten und auf keinen Fall durch verschwinden lassen, Folter oder ähnlichem. Und aus gesellschaftlicher sozialer und liberaler Sicht kann man sich und den russischen und weißrussischen Bürgern nur Wünschen, dass sie möglichst zügig einen weniger Homophoben, in diesem Fall ist vor allem Herr Lukaschenka gemeint, einen der Gewalt in der Ehe unter Strafe stellt, hiermit ist, zumindest auch, Herr Putin gemeint, und der nur maximal Zukunfts- schädliche radikale oder extremistische Parteien und Personen von demokratischen Wahlen, ausschließt, und die Meinungs- und Pressefreiheit ernst nimmt, damit sind beide gemeint, bekommen.

Man muss bei der Kritik an den Zuständen und Aktionen in Russland und Weißrussland aber sehr stark darauf achten, dass man dies auf Basis der eigenen Werten, auf Basis einer Aristotelischen Originalposition, und/oder maximal der eigenen fairen Interessen macht. Und nicht zur Verwirklichung eigener unfairer partieller Interessen macht. Dazu gehört vor allem aktuell aus deutscher Sicht die Behauptung, dass ein gemeinsamer freier Markt ohne Ausgleich etc. gerecht wäre und allen nachhaltig nutzen, vor allem auch den russischen und weißrussischen Bürgern, würde. Handelsverträge sollten nachhaltig dem Gemeinwohl, sprich dem Wohl jedes einzelnen, dienen und ein faires Gleichgewicht schaffen. Und man sollte nicht vergessen, dass auch schon revolutionär gesinnte Sozialisten für Freimarktverträge waren, allerdings da sie nachvollziehbarer Weise der Meinung waren, dass sich so, dass von ihnen abgelehnte rein Profit- orientierte [damalige] kapitalistische System schneller überhitzen und dadurch verschwinden würde. Das hatte Gustav Schmoller (https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_von_Schmoller_(%C3%96konom)) vor 100 Jahren schon festgestellt, z. B. ein gewisser Herr Wilhelm Marr (https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Marr) hätte dieses Ziel verfolgt.

Also in diesem Sinne дэмакратычна арыентаваны на агульнае дабро (weißrussisch), демократически ориентированный на общее благо (russisch), heißt hoffentlich „demokratisch gemeinwohlorientiert“, und nichts „anbrennen“ lassen (im positiven Sinne).