Zunächst sollte man einmal klar stellen, dass liberal nicht das Gegenteil von sozial ist.
Liberal heißt erst mal einfach, dass etwas erlaubt und möglich ist.
Unter politisch liberal versteht man meist das Recht zu wählen, in Abgrenzung zu Diktaturen.
Und auch das Recht sich wählen zu lassen, in Abgrenzung zu Autokratien.
Gesellschaftlich liberal bedeutet meist, dass niemand auf Grund von persönlichen Eigenheiten diskriminiert wird und das jeder sein Leben, begrenzt durch die Rechte anderer, nach seinen eigenen Vorstellungen leben kann. Also es darf zum Beispiel niemand wegen seiner sexuellen Orientierung, seiner Religion, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seinem Geschlecht usw. diskriminiert werden.
Wirtschaftlich liberal wird unterschiedlich interpretiert. Ziemlich eindeutig ist die Abgrenzung hin zu Lenkungs- oder Planwirtschaften. Auch wird darunter wohl auch allgemein verstanden, dass auch Privatleute Unternehmen gründen und führen dürfen.
Über die Frage, in welchem Umfang, oder ob es überhaupt noch staatlich- geführte Unternehmen in einem wirtschaftlich liberalen System geben darf, wird sich wohl schon eher gestritten werden.
In einem politisch liberalen Staat muss diese Frage aber demokratisch entschieden werden, wobei hierfür natürlich der nötige Entscheidungspielraum für die gewählte Regierung erhalten bleiben muss. Wie man einigen meiner Blogbeiträgen zuvor entnehmen kann, sieht dies aber wohl nicht jeder so. Aber glücklicherweise sind wir hierbei ja nicht auf eine Konsensentscheidung angewiesen. 🙂
Für die Frage wer „Grund und Boden“ besitzen darf gilt mehr oder weniger das gleiche.
Auch die Frage, ob der Staat Konjunktur- politisch tätig werden soll/darf, muss in einem politisch liberalen Staat demokratisch entschieden werden.
Der vielleicht wichtigste Punkt in einem wirtschaftlich liberalen System ist, ob es einen Schutz vor Machtkonzentration geben soll. Da man wirtschaftliche Macht dazu benutzen kann politisch starken Einfluss, bis hin zur Manipulation, nehmen zu können, bedarf es für politische Liberalität unbedingt einer effektiven Verhinderung zu großer wirtschaftlicher Macht. Die Ordoliberalen der ersten Generation, um Walter Eucken, hatten das erkannt. Den Ordoliberalen der zweiten und dritten Generation, z. B. Herr Hayek, war und ist die absolute wirtschaftliche Freiheit eher wichtiger als Sicherheitsvorkehrungen, wie zum Beispiel eine Begrenzung der Wirtschaftsmacht. Trotzdem verwenden die Institute dieser „Ordoliberalen“ gerne die Namen von Walter Eucken und Co.
Ebenso ist es wichtig zu betonen, dass wirtschaftliche Liberalität nicht demokratisch legitimierte Umverteilung ausschließt. Das sah auch schon Herr Müller- Armack, einer der „Väter“ unserer sozialen Marktwirtschaft so.
Bei dem Satz „Erwirtschaften kommt vor dem Verteilen“ sollte man eben das gerechte Verteilen nicht vergessen. Und der Markt alleine liefert da, nach meiner Meinung, noch keine ausreichende Gerechtigkeit.
Wirtschaftliche Liberalität, mit sozialem Anstand und Vernunft umgesetzt, garantiert einen möglichst hohen Ertrag. Dieser muss dann demokratisch legitimiert fair verteilt werden. Und auch dafür ist eben ein entsprechender staatlicher Handlungsspielraum nötig. Die Gefahr, dass es auch dabei nicht immer fair zugeht ist zwar vorhanden, dies rechtfertigt aber kein generelles Begrenzen des politischen Handlungsspielraums. Zumal die Interessen von denen die dies dennoch fordern leider allzu oft ganz anderer Natur sind, wie man ebenfalls meinen vorherigen Blogbeiträgen entnehmen kann.