Kommentar zu den Vor- und Nachteilen von internationalen Wirtschafts- und Handelsabkommen wie TTIP, CETA, JEFTA und Co. Teil 1

In diesen Blogbeiträgen sollen nach und nach, die Vorteile und Nachteile dieser Abkommen dargelegt werden.

Investitionsgerichte:
Fangen wir mal mit einem Beispiel an, dass für die Einrichtung eines solchen, mit demokratisch legitimierten Richtern besetzten, Gerichtes spricht:
Nehmen wir mal an ein Pensionsfond aus einem kleinen Land wie Lettland hätte in Kanada einen großen Teil seines Vermögens in den Bau eines Einkaufzentrums investiert und sich dabei auch an das geltende Recht dort gehalten. Und nehmen wir weiterhin an, dass dieser sich bei der Ausgestaltung der Außenfassade für einen künstlerischen Entwurf entschieden hätte. Nehmen wir nun weiterhin an, dass das Einkaufszentrum 20 Jahre voll ausgelastet sein müsste, um die Kosten für den Bau wieder einzuspielen. Wenn nun eine neue kanadische Regierung, es muss sich nicht mal um eine handeln die Letten nun eben nicht so besonders mag :), ein neues Gesetz entlässt, dass solche Fassaden als mit dem nationalen Selbstverständnis als unverträglich einstuft und eine sehr teuere Umgestaltung fordert, und die kanadischen Gerichte mittlerweile mehrheitlich auch bei der Auslegung der kanadischen Gesetze eher im Sinne der aktuellen Regierung entscheiden, wäre dann ein Schiedsspruch eines internationalen Investitionsgerichts, welches von der Kanadischen Regierung verlangen würde, den Lettischen Pensionsfonds für den entstanden Schaden, und dem bis zu diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Wirtschaftsraum durchschnittlichen Jahresgewinn zu entschädigen? Wohl eher nicht. Dies ist also ein Beispiel, welches für die Einrichtung solcher Gerichte spricht.

Nun ein zweites Beispiel. Nehmen wir einmal an ein weltweit agierender Pensionsfond hätte in Lettland eine riesige Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien gebaut, dessen Baukosten, den jährlichen Steuereinnahmen dieses Landes entsprechen würde. Und unterscheiden wir nun noch einmal zwei Fälle. Im ersten hätte sich der Fond nicht an lettisches Recht, sondern nur an das gehalten, an welchem sein Stammsitz ist. Und nun würde das lettische Gericht Nachbesserungen verlangen. Um es kurz zu machen, ich hoffe einfach mal , dass es nie eine Handelsunion ohne eigene demokratische legitimierte Legislative geben wird, bei dem sich in solch einem Fall der Fond erfolgreich vor einem Schiedsgericht gegen das lettische Recht durchsetzten könnte. Gehen wir also gleich zu Fall zwei. Hier nehmen wir an, eine neugewählte lettische Regierung hätte bemerkt, dass der Betrieb der Anlage zu starken Umweltschäden führen würde, und daher nicht mehr gestattet wird. Die Anlage sollte Strom für ganz Europa liefern, und die Lettische Regierung wäre nicht am Gewinn beteiligt gewesen. Kann der Fond nun über ein Schiedsgericht, eine Entschädigung verlangen, welche den lettischen Staat ruinieren würde? Oder kann es gar den Weiterbetrieb erzwingen, da eine Entschädigung von seitens der lettischen Regierung unmöglich ist? In solchen Fällen braucht man wohl eine gemeinsame Haftung aller beteiligten (Volks-) vermögen um zu einer fairen Lösung zu kommen. Eine einseitige staatliche Haftung ist hier wohl nicht praktikabel. Man benötigt also eine gemeinsame Steuerpolitik der an der Handelsunion beteiligten Staaten und Unionen.

Nehmen wir noch ein drittes Beispiel mit hinzu. Ein transnational agierender politisch motivierter (Medien-) investor hätte alle bekannten Zeitungen in Lettland gekauft und würde diese nun zur einseitigen politischen Stimmungsmache missbrauchen. Soll die lettische Regierung dann die Möglichkeit haben, diesen Investor zu enteignen, zum Beispiel mit Hilfe eines Gesetztes wie „Eigentum verpflichtet“? Dafür würden die Staatseinkünfte wohl noch reichen. Aber was ist, wenn diesem Investor auch ein Großteil der Lettischen Industrie gehört? Diese Entschädigungssumme könnte der Staat nicht mehr aufbringen. Soll die Regierung dann die Möglichkeit haben diesen Investor ohne Entschädigung zu enteignen? Oder bekommt der politisch motivierte Investor seinen Willen und kann damit die lettische politische Freiheit untergraben?

Was sehen TTIP, CETA, JEFTA und Co. in solch einem Falle vor?

Spielt der Schutz der politischen Freiheit vor, durch Vermachtung der Wirtschaft hervorgerufene, Abhängigkeiten und Erpressbarkeiten der Regierungen und Staaten von der Wirtschafts- und Finanzmacht noch irgend eine Rolle im Zeitalter der Hyperglobalisierung?

Die politische Freiheit und die demokratisch legitimierte Handlungsfähigkeit der demokratischen Staaten muss endlich wieder mehr zählen als der politische Wille einiger Wirtschaftsmächte und Superreicher. Da geht die Entwicklung leider seit den 80er und vor allem den 90er Jahren in die falsche Richtung. Das muss sich dringend wieder ändern.

Zu Zeiten eines Konrad Adenauers oder eines Helmut Schmidts hätte es sowas nicht gegeben! 🙂 Aber heute laufen ja (fast) alle wieder den Lehren eines Herrn Hayeks und seiner Public Choice Nachfolger nach. Dessen Grundaussage, einfach alles den Markt machen zu lassen, hatte schon Ende der 1920er Jahre zu keinen so tollen Resultaten geführt.

Zeit zum Umdenken und Umsteuern.