Piketty’s Neoproprietarismus und der SPD- Bundesparteitag 2021

Thomas Piketty (https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Piketty) beschreibt in seinem aktuellen Buch „Kapital und Ideologie“ ja die historische Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverteilung weltweit und vor allem auch das Verhältnis zwischen Staat, Wahl-, und Verfassungsrecht und Einkommen und Vermögen bis in die Gegenwart hinein.

Vor allem beschreibt er auch die Entwicklung des Wahlrechts. Also wer wählen darf und wie viel Gewicht die Stimmen der einzelnen Wählergruppen haben. Bei einem Zensuswahlrecht, also einer Verfassung, die nur Wenigen ein Wahlrecht, in Abhängigkeit vom Vermögen, gibt und die „Gewichtung“ der Stimmen vom Vermögen abhängig macht, spricht Prof. Piketty von einer proprietaristischen Gesellschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Proprietarismus). Also einer in der nur die Wohlhabenden entscheiden was politisch geschehen soll. Interessant ist bei der historischen Betrachtung solcher Gesellschaften, dass hier scheinbar selten bis nie der Wunsch aufkam die Handlungsfreiheit des Staates bezüglich der Verfügungsgewalt über das Privateigentum einzuschränken. Scheinbar war hier die, meiner Meinung nach berechtigte, Sorge davor, dass diese Verfügungsgewalt einmal zum Beispiel aus sicherheits- und zukunftsorientierten Gründen einmal, benötigt werden könnte, größer als die Sorge davor, dass aus sozialen Werte- gebundenen Gründen eine Umverteilung des Vermögens oder gar nur der Einkünfte daraus in größerem Umfang von „oben nach unten“ über den Staat stattfinden hätte können. Das hatte es auch nicht.

Nun gibt es ja gegenwärtig kaum noch Gesellschaften mit Zensuswahlrecht. Seit dem Ende des 1. Weltkrieges gibt es in Europa überwiegend und seit dem Ende des europäischen (politischen) Kolonialismus auch in Afrika und Asien mal mehr mal weniger viele Staaten mit allgemeinem Wahlrecht für alle Erwachsenen.

Und in den USA gibt es das zumindest auf dem Papier schon sehr viel länger. Und damit auch die mal mehr oder weniger berechtigte Sorge, dass eine, von der Mehrheit der, von den Staatsbürgern gewählten, Abgeordneten gewählte Regierung, den staatlichen Handlungsspielraum zum Zugriff auf das private Vermögen oder den Einkünften aus diesen verwenden könnte.

Natürlich gab es auch teilweise einfach nur „ethnische Bedenken“, mild formuliert oder hart formuliert „rassistische Gründe“, wie von der Byrd Machine (https://en.wikipedia.org/wiki/Byrd_Machine) in Virginia (USA), zur Eingrenzung des Wahlrechts für Nicht-Weiße bzw. „Farbige“. Da ging es dann nicht einfach um die Abwehr von Wahlrechten für Nicht-Reiche, sondern von Ex-Sklaven, die dann teilweise die Wählermehrheit gestellt hätten. Also hier gab es zum ersten mal dann ein Bündnis zwischen wirtschaftslibertärer Wohlhabender, um ihr extrem großes Eigentum umfänglich „zu schützen“ und einer ethnischen auch weniger wohlhabenden Gruppe, welche ihre Interessen weiterhin mehrheitlich auch unfair vertreten können wollte, auch auf Kosten der Wahl- Fairness gegenüber der lokalen Nicht- Weißen Mehrheit.

Also hier entstanden erstmals Gruppen, welche die Verfassungsrechte so einschränken wollten, dass die Zugriffsmöglichkeiten der jeweiligen Regierungen auf das private Vermögen und den Einkünften daraus stark begrenzt wären. Diese Gruppen nennt Piketty dann, so habe ich ihn zumindest verstanden, neo- proprietaristisch. Also diese Gruppen versuchten, mit Erfolg (Wikipedia- Zitat „this not only effectively stripped blacks and poor whites of the vote, but made the electorate the smallest relative to population in the postbellum United States“), Verfassungen nach ihren „Nachtwächterstaats“- Vorstellungen umzubauen. Und direkt gab es auch ein Bündnis dieser Gruppen mit ethnisch bis rassistisch motivierten „bessergestellten“ Gruppen, um solche Verfassungsänderungen zu erreichen. Also das Prinzip, so viele Verbündete wie nötig mit profitieren zu lassen.

Also solche Gruppen hatte schon viel Übung als nach dem 1.Weltkrieg zumindest im Westen immer mehr Staaten das allgemeine Wahlrecht einführten. Und durch den New- Deal auch genügend Motivation, auch auf eine Beschränkung des Umverteilungsspielraums auch schon der Einkünfte aus Vermögen hin zu arbeiten. Diejenigen mir größeren Arbeitseinkommen hatten sich da natürlich als Verbündete angeboten. Trotzdem hat es bis zum Ende der 1970er Jahre gedauert, bis die Sorge vor zuviel Umverteilung langsam großer wurde, bei einer Mehrheit der Wähler, als die Sorge vor zuwenig. Das lag wohl auch daran, dass diejenigen denen Chancengleichheit wichtiger war, als ein faires Maß an Gleichheit für alle, langsam auf diese Seite wechselten. Dabei spielte dann auch die Meritokratie eine gewisse, Rechtfertigungsgründe liefernde, unterstützende Rolle (https://de.wikipedia.org/wiki/Meritokratie).

Und es gehört wohl wenig Phantasie dazu, Gruppen wie das Atlas Network (https://de.wikipedia.org/wiki/Atlas_Network) und die Arbeiten von James M. Buchanan als die aktuellen Hauptakteure in der Tradition der ersten Neo- Proprietarianer zu sehen. Auch wenn Herr Prof. Piketty diese nicht explizit nennt. Der war da vielleicht aus guten Gründen eher etwas vorsichtig.

Aber vielleicht ist auch gut, wenn diese Lücke von jemand aus Deutschland und/oder dem Norden Europas geschlossen wird.

Immerhin bieten sich einzelne EU-Staaten, bedingt durch das Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit, welches unseren, EU- Binnenmarkt formt, ja nun vorzüglich als neue Verbündete für die Neo- Proprietarianer an. Und inwieweit die nun tatsächlich bei der Herbeiführung dieses „Zwangssystems“ nun tatsächlich schon mit entsprechender Intention beteiligt waren, wird zumindest die Historiker wohl noch eine zeitlang beschäftigen. Wenn auch vielleicht in größerer Zahl erst in ein paar Jahren bis Jahrzehnten. 🙂

Also Koalition zwischen nationalen Arbeiterschaften, in Staaten die aufgrund von Standortvorteilen aktuell und eventuell auch von Natur aus zukünftig vom Freimarkt übermäßig profitieren und eher möglich wenig abgeben wollen, und dem libertärem Besitzbürgertum bieten sich da tatsächlich an und würden einen guten Nährboden für Neo- Proprietarianer Verfassungsänderungen bieten. Wobei die nationalen Arbeiterschaften dann wohl früher oder später über Ohrs gehauen würden. Die sollen eben nur temporär nutzen.

Damit wären wir dann auch beim letzten SPD- Parteitag zur Verabschiedung des „Zukunftsprogramms“ und der Nominierung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten.

Also zunächst fiel da natürlich mal auf, zumindest der RKSLP, dass nun nicht mehr die „Neoliberalen“ das Hauptproblem sein sollen, sondern die Konservativen. Und zwar nicht nur die zu konservativen sondern einfach nur „die“, oder höchstens noch „diese“, Konservativen.

Die sollten vielleicht mal das lesen: https://rkslp.org/2019/07/14/anmerkung-zum-verhaltnis-konservative-und-progressive/

Also die Wirtschaftsliberalen werden nicht mehr offen als Problem genannte. Warum muss ich jetzt plötzlich an Peine (https://de.wikipedia.org/wiki/Peine#/media/Datei:Wappen_Peine.png) denken? (Haben die übrigens eine Partnerschaft mir Rheinland- Pfalz. :)) Oder (hatten eine mit) Teilen des Südwestens Hessens. 🙂

Also da sollte sich die Arbeiterschaft, die Olaf Scholz in seiner Rede in einem Bündnis mit der „liberalen Mitte“, (fehlte da nicht das sozial) sah, fragen was genau den Olaf Scholz nun unter „liberaler Mitte“ versteht.

Die gesellschaftlich Liberalen oder die Wirtschaftsliberalen.

Einem, Prof. Lars Feld, den man wohl eher zum Neoproprietarismus zählen kann, zumindest nach meiner Ansicht, nichts für ungut :), hat Olaf Scholz, zusammen mit der SPD ja glücklicherweise eine dritte Amtszeit im Rat der Wirtschaftsweisen verwehrt.

Aber die Wirtschaftslibertären und die Neo- Proprietarianer „operieren“ wohl aber eher auf zwei Wegen. Einmal etwas direkter über Institute wie dem Walter Eucken Institut und zum anderen über diejenigen, die zwar für eine nationale Umverteilung sind, nicht aber für internationale. Wohl wissend, wenn wohl auch nicht alle Akteure dieses Weges, dass bei nur nationaler Umverteilung die internationale Spaltung und der Race- To The Bottom- Wettbewerb der (Gruppen von) Lohnabhängigen bestehen bleibt, und somit die Neo- Proprietarianer eher leichtes Spiel haben.

Im Hinblick darauf sollte man sich die Vorschläge der SPD für die Besetzung der freien Stelle beim Rat der Wirtschaftsweisen genau ansehen.

Und auch die Kanzlerkandidaten- Rede von Olaf Scholz beim letzten SPD- Parteitag. Wenn er davon spricht, dass die Voraussetzungen erhalten bleiben sollen, die dazu Beitragen das Deutschland ein reiches Land bleiben kann. Ohne zu hinterfragen, ob diese Voraussetzungen nicht teilweise zu unfair und unsozial waren, um in dieser Form erhalten bleiben zu sollen. Reiche kann es „relativ“ eben nur geben wenn es auch arme gibt.

Und wenn jetzt die SPD dafür stehen soll, dass die internationale Ungleichheit, auch noch unfair, aufrecht erhalten bleiben soll, ist die Partei eigentlich bezogen auf Europa und dem Rest der Welt genau zu dem geworden, wegen und gegen dessen die Sozialdemokratie eigentlich mal überhaupt entstanden ist, kann ich dem als aktuelles SPD- Mitglied nur vehement entgegentreten.

Wenn man die Agenda 2030 ins Zukunftsprogramm aufnimmt, was sehr zu begrüßen war, sollte man seine nächsten politischen Schritte aber auch danach ausrichten und nicht zu vage bis mehrdeutig, mit viel rein schön rednerischem Interpretationspotential bei den Details und den Reden werden.

Also ich hoffe mal, dass Olaf Scholz (und die Mehrheit der aktuellen SPD- Bundestagskandidaten) für ein Bündnis von der sozialen und Gesellschafts- liberalen „Mitte“ und der (sozialen und liberalen) Arbeiterschaft werben wollte und dass er „Wutbürger“ sagte oder zumindest sagen wollte und nicht „Gutbürger“, als er meinte dass diese eh nur alles kaputt machen würden.

Na ja er hat ja noch ein paar Monate Zeit die diesbezüglich „eher skeptischen“ zu überzeugen.

Sind wir mal optimistisch.

Die wirtschaftslibertären Wirtschaftsweisen des Sachverständigenrates. Von Herbert Giersch bis Lars Feld.

Also manchmal wird man ja wirklich mal positiv überrascht von der SPD, in diesem Fall besonders von Olaf Scholz. Dessen Lobeshymnen für die EU nach der Einigung auf die gemeinsamen Corona- Hilfen fand ich zwar stark übertrieben. Und vor allem die Aussage beim Debatten-Camp „Dass die EU nicht das Problem sei. Und alle die anderer Meinung seien sich irrten.“ hatte ich in meinem Blog zurecht als meiner Meinung nach kontraproduktiv bezeichnet. Wahrscheinlich meinte Herr Scholz, dass der Wille die Probleme gemeinsam zu lösen richtig sei. Das sehe ich auch so. Allerdings hat die EU in ihrer gegenwärtigen Form zumindest nach meiner Meinung wenig mit einer sozialen Gemeinschaft zu tun. Die EU- Verfassung sorgt dafür, dass der EU- Binnenmarkt ein „Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit“, um mal wieder Christian Felber zu zitieren, ist und einklagbare soziale/ausgleichende Rechte bietet die EU- Verfassung kaum bis gar nicht. Durch die enormen wirtschaftlichen Konzentrationskräfte des Marktes hin zu den Standorten mit den aktuell und/oder von Natur aus besten Produktionsstätten schafft dies aber enorme Ungleichgewichte und damit steigende Ungleichheit und soziale Schieflagen in nicht wenigen Staaten, mit dem Potential zu großer Instabilität. Also die EU in ihrem aktuellen Zustand ist klar ein Problem. Daran ändern auch die aktuellen Corona- Hilfen nichts.

Aber zurück zum positiv Überraschenden. Also die EU ähnelt ja, seit Ende der 80er, immer stärker F.A. Hayeks Idealvorstellung einer wirtschaftlichen Föderation. Für die Hayekianer ist die wirtschaftliche Freiheit, die Freiheit der Eigentumsbürger, ihren Teil der Handlungsfreiheit (auch) auf Kosten der Freiheit der Anderen beliebig zu vergrößern, mehr oder weniger, am wichtigsten. Der Staat soll ich da raus halten. Staatsbürger unerwünscht. Die CDU war übrigens unter Adenauer mal eine Staatsbürgerpartei. Aktuell will sie wohl höchstens noch, dass wir als Wirtschaftsstaat gewinnen, weil wir es angeblich müssen. Um mal Herrn Laschet zu zitieren. Und Hayek hatte, obwohl er von Walter Eucken eher für einen, leicht überspitzt formuliert, „Altliberalen“ gehalten wurde, in den 70er Jahren das Walter Eucken Institut in Freiburg übernommen. Also ich bin kein „Anhänger“ der Alt- Ordoliberalen. Dafür fehlte denen international der Wille und die Einsicht das Ungleichgewichte aktiv ausgeglichen werden müssen. Aber diese Diskussion möchte ich hier nicht vertiefen. Immerhin waren sie aber gegen Monopole, für eine soziale Sicherung, wenn auch leider gegen Marktgehalt korrigierende Umverteilung, und für einen starken Staat. Hayek und später James M. Buchanan, wollten vor allem einen Staat der sich wirtschaftlich und (Vermögens-)einkommens- und Vermögens- technisch nicht einmischt. Und am besten auch, dass er dies gar nicht mehr kann. Da die Verfassungen dafür keinen Handlungsrahmen mehr bieten. Das war vor allem das Spezialgebiet von James M. Buchanan. Nach dessen Ideal der streng individuell legitimierten Verfassungsregeln, hat jeder das Recht dafür zu kämpfen, dass die Verfassungen nur solche Regeln enthalten die er selbst gut findet. Mit Moral oder ohne. Und nach Aussage von Prof. Nancy Maclean, „Democracy in Chains“, war Herr Buchanan auch dafür, dass man dabei auch verschleiert und „trickreich“ vorgehen darf. Also solche gezielten Verfassungsänderungen muss man nicht transparent angehen, sondern kann diese so verpacken, dass diese „mehrheitsfähig“ sind. Und der Vorgänger von Herrn Prof. Lars Feld als Vorsitzender des Walter Eucken Instituts, Prof. Viktor Vanberg, hatte den Hayek’schen Ordoliberalismus dann zusätzlich noch zum Buchanan/Hayek’schen Ordoliberalismus entwickelt. Von da an konnten und können sich die Anhänger der streng individuell legitimierten Verfassungsregeln „ordoliberal“ nennen. Denn der Begriff hat ja Tradition, mit dem kommt man in der CDU auch leichter überall rein. Und ich sehe keinen Anlass zur Vermutung, dass Herr Feld nicht auch genau für solch eine „Weiterentwicklung“ des Ordoliberalismus steht. Auch wenn zumindest die NZZ es damit nicht so genau nimmt: https://www.nzz.ch/wirtschaft/lars-feld-der-chef-der-deutschen-wirtschaftsweisen-muss-gehen-ld.1603231 . Ihr Mann ist „ordoliberal“. Punkt.

Und ausgerechnet dieser „individuell legitimierte Ordoliberale“ war seit 2011 einer der 5 Wirtschaftsweisen und später sogar Vorsitzender und zwar als Kandidat der Regierung nicht der Wirtschaft wie ich zuerst dachte. Sorry Jungs.:) (Und Mädels.) Noch ein Überbleibsel der letzten Schwarz- Gelben Regierung sozusagen. Gut 2015/2016 wurde er nochmal wiedergewählt, auch mit den Stimmen der SPD, aber da kannte auch ich James M. Buchanan und dessen „Regel- legitimation“ noch nicht, da konnte man noch daneben liegen. Da hatte ich noch brav und gutgläubig Merkel gewählt und darauf vertraut, dass die „Staatsbürgerliche Adenauer- Partei“ sich schon keine „Laus in den Pelz“ holen würde. Aber hinterher ist man eben immer schlauer. Man verfügt eben selten bis nie über vollständige Informationen an Hand derer man seine Entscheidungen treffen könnte. Der andere „wirtschaftlibertäre“ Wirtschaftsweise, Herbert Giersch, aus der Überschrift dieses Beitrags hatte sich wohl erst nach seiner Zeit im sachverständigen Rat in diese Richtung entwickelt.

Also die SPD, vor allem Olaf Scholz, hat nun gegen eine dritte Amtszeit von Lars Feld gestimmt. Das war aus sozial demokratischer Sicht aber auch bitter nötig. Nach allem was seit Mitte 2017, auch über meinen Blog, so an die Öffentlichkeit gebracht wird. Dafür kann man Olaf Scholz wirklich mal auch als kritischer und nicht nur mitlaufender Sozialdemokrat zu 100% loben.

Die CDU wollte ihn,Prof. Lars Feld, aber freilich nochmal wählen. Der hat es dort ja bis zum Vorsitz des wissenschaftlichen Beirats des Wirtschaftsrats der CDU e. V gebracht. Die sind ja jetzt „liberal progressiv“ und „müssen gewinnen“. Ich glaube Konrad Adenauer hätte schon längst den „Kammerjäger“ gerufen, wenn man das so ausdrücken darf.

Warum war diese Personalie eigentlich dem ARD- Videotext keine Meldung wert, oder war mir die nur entgangen?

Also:

Danke Olaf.

Das macht wenigstens mal Hoffnung, dass zumindest die SPD noch nicht ganz an das Atlas Network oder kurzsichtige Besitzwahrungs- orientierte „regionale (Fach-) Angestellte, Arbeiter, Unternehmer oder Wohlhabende“ verloren ist und ebenfalls nur noch in der Hyperglobalisierung das „Rennen in den Abgrund“ gewinnen will. Aber vielleicht war es auch nur ein Manöver um genau diesen Eindruck zu erwecken. Aber hoffen wir einfach mal das Werte- gebunden ethisch beste.

Die Bundes- SPD sollte endlich mal klar machen, dass mit ihr, scheinbar im Gegensatz zur CDU keine Buchananifizierung unserer Verfassung(en) (mehr) droht. Anstatt einfach nur rumzulaufen und zu behaupten, dass nur durch sie jetzt durch die gemeinsamen Corona- Hilfen die EU in ihrer jetzigen Form kein Problem mehr sei und sich nun wieder jeder auf seine nationale/regionale/kommunale/Ortsteils Wettbewerbsfähigkeit kümmern kann. Damit man das „Rennen in den Abgrund“ gewinnt. Denn Ausgleichen ist ja nicht mehr nötig … . Die Welt wird ja durch „marginale Revolutionen“ jeden Tag ein Stückchen besser.

Die Sozialdemokratie muss hinreichend und fair ausgleichen und auch Verfassungsansprüche dafür durchsetzten und nicht rausnehmen. Und hinreichende nationalstaatliche Handlungsfreiheit garantieren, damit man sich zur Not gegen „Gewinnler“ wehren kann.

SPD- Debatten Camp 2020: Ab jetzt „geschlossen“ kommunitaristisch?

Das Überraschendste am SPD- Debatten Camp 2020 war wohl, dass mit Michael J. Sandel einer der bekanntesten Vertreter des Kommunitarismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunitarismus) für eine Diskussion mit dem designierten SPD- Kanzlerkandidat Olaf Scholz live aus den USA zugeschaltet wurde.

Nun handelt es sich beim Kommunitarismus des Herrn Sandel (https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Sandel) ursprünglich um eine kritische Reaktion, aus dem Jahr 1982, auf John Rawls Buch „A Theory of Justice“, in welchem jener durch Rückgriff auf die Originalposition, in welcher jeder so tun sollte als wüsste er nicht welche gesellschaftliche Position er in jener später einnehmen werde, zu einer universellen Moral gelangen möchte, deren gesellschaftsvertragliche Umsetzung jeder freiwillig zustimmen könnte.

Ebenso wie die (Wirtschafts-) libertären Robert Nozicks und James M. Buchanan lehnt Prof. Sandel den Versuch ab, sich einer universell gültige Ethik annähern zu wollen mit der Begründung ab, da man sich sowieso nicht einig werden könnte. Und „der Schleier des Nichtwissens“ der Originalposition sei irreal.

Allerdings positioniert er sich in seinem neuesten Buch „The Tyranny of Merit: What’s Become of the Common Good?“ vor allem gegen Wirtschafts- libertäre Lehren, dass man Fragen wie die nach einem gerechten Einkommen und ähnlichem einfach dem Markt und der Entscheidung der aktuell Besitzenden überlassen sollte. Vielmehr sollte dies eine Gemeinschaft, basierend auf ihren traditionell gewachsenen Werten, die die Gute- Gesellschaft zum Ziel haben sollten, zusammen festlegen, das Marktergebnis also korrigieren oder schon zuvor Vorgaben machen.

Das fand dann auch Herr Scholz, erfreulicherweise, gut.

Allerdings ist es eben auch wichtig zu betonen, dass es sich beim Kommunitarismus um eine Strömung handelt, die, etwas vereinfacht formuliert, gegen starke staatliche und damit auch supranational- staatliche, Institutionen ist. Für diese Strömung zählen vor allem Gemeinschaften in die man rein geboren wurde, oder mit denen man zumindest feste Eigenschaften teilt. Diese Strömung steht dem Partikularismus (Partikularismus) nahe.

Es werden also gerade keine Zusammenlegungen, auch keine Werte- gebundene, zu größeren Gesellschaften mit mächtigen gemeinsamen Institutionen, also kein „Bundesstaat Europa“, angestrebt, sondern die einzelnen Gemeinschaften sollen weiterhin so handlungsfähig wie möglich bleiben oder auch erst werden.

Und davon, dass man, wie beim libertären Sozialismus, zumindest die Ressourcen fair zwischen den Gemeinschaften teilen soll habe ich in dieser Strömung auch noch nichts gelesen. Aber da Herr Sandel zumindest „das Gute“ als moralisches Ziel ansieht wird man wohl davon ausgehen können, dass er auch für „Gut“ nach außen ist.

Aber eben wohl nur freiwillig, ein EU- Verfassungsreferendum mit Mehrheitsentscheid aller Bürger oder aller EU- Staaten wird er wohl ebenso ablehnen wie hinreichend mächtige EU- Institutionen welche (sozial-) politisch per Mehrheitsentscheid z. B. gemeinsame soziale Sicherheit gestalten können.

Dafür wird er aber dafür sein, dass die einzelnen EU- Staaten auch Wirtschafts- und Sozial- politisch genügend handlungsfähig sind, bzw. wieder werden, denn im Moment sind sie es, wegen des Zwangssystems zur wirtschaftlichen Freiheit, das der EU leider aktuell inhärent ist, nicht. Dafür müssen sie leider gleich die ganze EU verlassen, wie beim Brexit.

Also der Kommunitarismus steht für starke hinreichend homogene Gemeinschaften, die ihre fairen Interessen und ihre Moralvorstellungen jederzeit gegen übergeordnete Zusammenschlüsse durchsetzen können. Also gerade nicht für eine EU in welcher die Mehrheit der Bürger ihre ethischen Wertvorstellungen und fairen Interessen auch gegen den Willen einzelner Teil- Gemeinschaften durchsetzen kann. Aber eben auch nicht für die aktuelle EU, in welcher einzelne Gemeinschaften und auch ganze Staaten in ihrer hinreichenden wirtschafts- und sozialpolitischen Handlungsfreiheit beschränkt sind.

Vielleicht wollte Olaf Scholz zum Ausdruck bringen, dass er dies nicht so sieht, als er fast mit seinem Schlusssatz, seine Ansicht zum Ausdruck brachte, dass nicht die EU das Problem sei, welche die „Globalisierung“, er meinte wohl die neoliberale, zu uns gebracht hätte, sondern unsere einzige Chance sei, gemeinsam, diese sozial demokratisch bändigen zu können. Alle anderen Analysen wären falsch.

Das war dann aber doch zu mehrdeutig, zu unpräzise und zu unkritisch als diesen „Schlusssatz“ einfach so stehen lassen zu können.

Es ist zwar richtig, dass man als Einzelstaat oder gar als Einzelgemeinschaft der Laissez Faire Globalisierung wenig bis nichts entgegensetzten kann, sondern nur Spielball ist und sich daher Werte- gebunden mit anderen zusammenschließen muss, aber eben Werte- gebunden.
Und nicht als Zwangssystem wirtschaftlicher Laissez Faire- Freiheit, in welchem es weder supranationale hinreichend wirtschafts- und sozial- politisch handlungsfähige demokratisch legitimierte Institutionen gibt, noch die Einzelstaaten noch über genügend eigenen solchen Handlungsspielraum verfügen. Der aktuelle Zustand der EU entspricht eben der wirtschaftslibertären Utopie.

So darf die EU nicht bleiben. Es ist zwar „schön“, besser zwingend notwendig, dass Deutschland diesmal, in der Corona- Krise, den anderen EU- Staaten beispringt bzw. zumindest nichts blockiert, wo es auch selbst betroffen ist, und auch ohne Vorgaben zu scharfen sozialen Spar- Einschnitten vorzugeben. Und Olaf Scholz hat auch extra nochmal betont wie wichtig ihm dies ist und das es bei Griechenland falsch lief. Und zukünftig immer so hinreichend kooperativ und sozial laufen sollte. Aber es gibt eben keine Garantie, dass wir, also Deutschland, das beim nächsten mal wieder so machen. Oder gar mal erkannt hätten und auch eingestehen würden, dass (Achtung Standardausführung !! 🙂 )
[ein gemeinsamer Markt, national oder transnational, einen Ausgleich, wirtschaftlicher oder
finanzieller Art, eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit hin zur allgemeinen
Grundbedarfssicherung und hinreichende staatliche Regulierung für soziale, ökologische oder
sicherheitsrelevante Zwecke braucht.
Ein Ausgleich ist wichtig, da die wirtschaftliche Konzentrationskraft des Marktes hin zu Standorten
mit optimalen Produktionsbedingungen einfach zu groß ist, um die unkorrigierte
Marktentscheidung einfach komplett akzeptieren oder tolerieren zu können.
Das ergibt sich ja schon aus der Hauptaufgabe des Marktes, durch einen fairen Wettbewerb der
Ideen, die optimale Kombination der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital zu finden. Zur
Erfüllung der Kundenwünsche.]
Deshalb brauchen die übrigen EU- Staaten entweder wieder genügend sozial- und wirtschaftspolitische Handlungsfreiheit oder wir müssen den EU- Institutionen in diesen Fragen genügend Handlungsfreiheit, per einfachem Mehrheitsbeschluss, geben, damit sie uns zur Not, wenn wir uns mal wieder nicht hinreichend „sozial“ im Griff haben, überstimmen können.
Wenn wir zu solchen Änderungen in der EU nicht bereit sind, sollte die betroffenen Staaten eventuell wirklich mal darüber nachdenken, ob sie nicht in einer neuen Koalition mit GB, ohne Zwang zur wirtschaftlichen Freiheit, besser aufgehoben sind.

Das ist eine hinreichend sozialdemokratische Position.

Vielleicht, oder hoffentlich, meinte der SPD Co- Vorsitzende Walter- Borjans, bei dem ich gestern auch sehr gut fand, dass er als Gegengewicht zu Herrn Sandel auch Ulrich Thielemann vom MeM- Institut erwähnt hatte, also explizit einen Vertreter des Strebens nach der Einigung auf eine Universalmoral, Peter Ulrich’scher Prägung, dies, als er in bester, besser berüchtigster, progressiver Manier, mal wieder auf alle konservativen gleichzeitig abgeledert hatte, dass man eine Wandel bräuchte und „die Konservativ“ dem entgegenstehen würden, da die immer alles einfach so lassen wollten wie es aktuelle gerade ist. Also lieber Nobert Walter- Borjans bitte, auch nicht im Eifer des Gefechts, alle Strukturkonservativen mit Wertekonservativen https://de.wikipedia.org/wiki/Wertkonservatismus (Erhard Eppler (SPD)) in einen Sack stecken.
Den aktuellen Zustand der EU darf man nicht konservieren, da hast du recht. Auch da es sonst die EU als Objekt des Zustands wohl nicht mehr lange gibt, und auch in dem Fall eher nicht mehr geben sollte. Aber definitiv nicht jeder Wandel ist positiv, z. B. der progressive „Neoliberalismus“ wie ihn Nancy Fraser (https://de.wikipedia.org/wiki/Nancy_Fraser) warnend beschrieben hat. Und da sind soziale und liberale Konservative auf jedenfalls nützlich, zumindest relative. Progressive sind ja meist nur mit ihren eigenen Zielen beschäftigt, und sehen eher nicht was alles schiefgehen kann und gerade geht, oder „rand“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Ayn_Rand). 🙂 Daher bin ich weiterhin für eine zusammenarbeit zwischen Konservativen und Progressiven, solange oder damit nicht es eine Seite übertreibt.

Bei Herrn Walter Borjans fand ich auch noch gut, dass er mal die Wichtigkeit der Sicherheit betont hatte, ohne gleich, der halben Staaten Welt ein Vetorecht dabei einräumen zu wollen. 🙂 So könnte er sogar aus meiner Sicht noch für hinreichende Sicherheit stehen und auch für mich, und den „Sozial und Sicher“- Trupp, wählbar werden.

Zum Abschluss noch eine Anmerkung zu Olaf Scholzs Wunsch nach Geschlossenheit der SPD bzw. seiner Aussage, dass diese es sei. Ich finde es wichtig, dass jeder in einer Partei seine politisch Ansichten und Werte vertritt und auch trotz „Fraktionszwangs“ nichts mit trägt, was dem nicht hinreichend nahe genug entspricht, um es der Mehrheitsfähigkeit wegen noch akzeptieren oder zumindest tolerieren zu können. Und wenn man Mitglied einer Partei ist, die sich als sozialdemokratisch bezeichnet, ist man damit auch schon die Verpflichtung eingegangen sich hinreichend sozial, nach innen und außen, zu verhalten. Und dazu gehört eben auch, die anderen nicht einem unsozialen Deutschland ausliefern zu wollen, wenn denn mal wieder die falschen gewählten wurden. Sie müssen uns eben (wirtschaftlich) ab- wehren oder uns überstimmen können. Beides kann man im momentanen Zustand der EU, vor allem im Euroraum, aber nicht, als Mitgliedstaat.

Also daher lieber Olaf werde bzw. bleibe ein konsequenter, zu Ende denkender Sozialdemokrat, dann können dich die Sozialdemokraten in der SPD beim Bundesparteitag und dann alle Sozialdemokraten und möglichst hinreichend viele weitere, bei der nächsten Bundestagswahl auch, und mit dir die SPD, wählen, oder eine inhaltlich vergleichbare Partei, der Blog ist ja überparteilich.

Antwort auf Heiner Flassbecks Kommentar in Makroskop „Ein norddeutscher Mann mit S“

Diese Plattform und diesen Blog hatte ich ja u. a. gegründet um darüber zu diskutieren, ob wir als deutscher Staat und als Gesellschaft innerhalb der EU und auch darüber hinaus hinreichend für soziale, sicherer und standhafte, nach innen und außen, Werte stehen und auch eintreten. Und mittlerweile bin ich ja gegenwärtig in der SPD. Deshalb interessiert mich natürlich vor allem auch wie „wir“ uns nach innen und außen Werte- gebunden darstellen und verhalten. Deshalb möchte ich auch an dieser Stelle einmal auf Heiner Flassbecks Kommentar (https://makroskop.eu/2020/08/ein-norddeutscher-mann-mit-s/) zur Nominierung von Olaf Scholz zu Kanzlerkandidat antworten.
Zunächst mal muss ich eingestehen, dass ich mittlerweile einige grundsätzliche Positionen von Flassbeck/Lafontaine, aus der Zeit wo letzterer noch Vorsitzender der SPD war, teile.
Das hatte ich u.a. hier (https://www.freitag.de/autoren/kslp/oskar-lafontaine-und-heiner-flassbeck-1997) auch mal öffentlich begründet.
Die SPD hatte sich ja 1875 aus den Zusammenschluss des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) und der Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gegründet.
Ihre Mitglieder gehören also zum einen zu den “Allgemeinen Deutschen” Arbeitern und mittlerweile auch Angestellten und/oder zum anderen aus Sozialdemokraten. Im Idealfall gibt es hier eine große Schnittmenge dieser beiden Gruppen. 
Sozial bedeutet aber nun mal, dass man sich nach Innen und Außen für ein seine Werte einsetzt und es sich bei der Beurteilung der jeweiligen Situation nicht zu einfach macht. 
Die Kritik von Herrn Flassbeck, dass wir in den letzten 20 Jahren, vor allem den letzten 15 Jahren in nicht unerheblichem Maße auf den Außenbeitrag (https://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fenbeitrag), auch auf Kosten, zumindest nach meinem aktuellem Kenntnisstand, zunehmender Einkommensunterschiede auch in Deutschland, zur Finanzierung unseres “Wohlstandes”, gesetzt haben anstatt auf Kooperation, teile ich mittlerweile. 
Zwar haben wir die Corona- Pandemie dafür genutzt, einiges davon wieder gut zu machen, aber mit Ansichten und Fragen wie den gleich folgenden müssen wir uns dennoch hinreichend auseinander setzten:
Vor allem die Sozialdemokratie, aber natürlich auch die anderen Parteien, müssen sich mit Fragen und Ansichten wie diesen beschäftigen:

  1. Ein gemeinsamer Markt, national oder transnational, braucht einen Ausgleich, wirtschaftlicher oder
    finanzieller Art, eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit hin zur allgemeinen
    Grundbedarfssicherung und hinreichende staatliche Regulierung für soziale, ökologische oder
    sicherheitsrelevante Zwecke.
    Ein Ausgleich ist wichtig, da die wirtschaftliche Konzentrationskraft des Marktes hin zu Standorten
    mit optimalen Produktionsbedingungen einfach zu groß ist, um die unkorrigierte
    Marktentscheidung einfach komplett akzeptieren oder tolerieren zu können.
    Das ergibt sich ja schon aus der Hauptaufgabe des Marktes, durch einen fairen Wettbewerb der
    Ideen, die optimale Kombination der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital zu finden.
  2. Entgleitet das private, nicht selbst genutzte Kapital- und Anlagen- Vermögen und seine daraus generierten Erträge in zunehmend kritischerem Maße aus dem Machtbereich hinreichend handlungsfähiger demokratisch legitimierter (supra-) staatlicher Institutionen.
  3. Betreibt Deutschland unter dem Deckmäntelchen einer internationalen „Freimarkt- Ideologie“ eine Interessen- gebundene, nur am eigenen (kurzfristigen) Vorteil, zum Beispiel durch den Außenbeitrag, orientierte, Standortwettbewerbs – Außenhandelspolitik?

Es stellt sich innerhalb der SPD nun eben ganz entschieden die Frage, ob dieses Bündnis von 1875 noch funktioniert, nachdem Deutschland nun Bestandteil einer europäischen Union geworden ist und der “Allgemeine Deutsche” Arbeiter und Angestellte innerhalb dieser von grundsätzlich durchdachtem “sozialem” Verhalten innerhalb der Union nicht mehr unmittelbar kurzfristig “nur” profitiert. Sondern es darum geht sich einfach nach außen hin intelligent sozialdemokratisch zu Verhalten. Und die wirtschafts- und sozialpolitische Situation in der EU und der Welt wirklich einmal bis zu Ende zu durch denken und zu diskutieren und sich nicht mit oberflächlichen Beteuerungen zu einem sozialen Europa zufrieden zu geben.
Die EU und spätestens mittelfristig auch Deutschland brauchen eine sozialdemokratische Partei die ihre Werte auch nach innen und außen auch wirklich Tabu- los und gründlich durchdacht vertritt. Kein Schönreden. Keine übermäßige “Gutgläubigkeit“. Kein Wegsehen. Das Verhalten in der Corona- Krise war und ist, zumindest nach anfänglicher sozialer Schockstarre, durchaus ein Fingerzeig in die richtige Richtung. Notwendig aber noch nicht hinreichend. Ich bin der festen Überzeugung, dass die SPD schon aus reinem deutschen mittelfristigem Eigeninteresse in sozialökonomischen Fragen nach innen und außen mehr Druck machen muss und endlich in eine grundsätzlich Diskussion über das sozialdemokratisch angemessene Verhältnis zwischen Staat, Gesellschaft, Markt und Individuum einsteigen muss. Wer das in der SPD anders sieht soll die Partei bitte verlassen und von mir aus die ADAV neu gründen und versuchen kurzfristig für sich und die Seinen soviel wie möglich raus zu holen. Denn der Name SPD passt nicht zu euch. Sozial bedeutet eben auch nach außen sozial. Und zwar nicht nur punktuell sondern hinreichend grundsätzlich. Soviel Anstand und Haltung solltet ihr zumindest aufbringen.

Und zu Herrn Flassbeck: 
Sie haben in den letzten Jahren mit Sicherheit einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass es in Deutschland eine durchdacht sozialkritische Stimme über das eigene Verhalten Deutschlands vor allem aus sozial ökonomischer Sicht gibt.
Beim Anpreisen von MMT als quasi Allheilmittel haben sie es zwar, meiner Meinung nach, vor allem als Makroskop gesamt, “zumindest etwas”, vorsichtig formuliert, übertrieben, wobei MMT für einige politische Situationen bestimmt das beste Mittel ist.
Aber sie prangern politisch nur an, werfen ihren eigenen Hut aber Partei- politisch nie in den Ring. Sie haben, quasi geschrieben, dass zur Zeit eine Partei fehlen würde, die Ihren Überzeugungen hinreichend nahe kommt, dass hatte ich auch schon mal geschrieben. Nur der Unterschied ist, dass ich mich in Parteien engagiere. Sie auch wechsele, wenn sie mir gegenwärtig nicht passen und auch bereit wäre eine neue zu gründen. Sie engagieren sich diesbezüglich gar nicht. Sie kämpfen nicht im politischen Ring. Sie kommentieren nur von außen und stehen vielleicht als Staatssekretär und Berater zur Verfügung. Immerhin :). Die Vorwahlen für das parteipolitische Angebot an den Wähler findet aber eben in Parteien statt. Zur Not muss man eben eine neue gründen. Es reicht eben nicht nur eine Nachfrage bei den Wählern zu wecken, man muss ihnen dann auch ein passendes Angebot machen. Besser man scheitert mit seinem Werte- gebundenem Angebot am Wählerwillen oder an der Wählereinsicht, als dass man es nie versucht hat oder seine Werte für mehr Stimmen verrät. Ich lade sie hiermit ein. Kämpfen Sie innerhalb einer Partei mit oder Gründen sie selbst eine. Vielleicht wechsele ich dann sogar dorthin, wenn diese meiner politischen Position entscheidend mehr entspricht und/oder ich es mit Blick auf das Werte- gebundene große Ganze für besser halte [, und Sie mich lassen würden. :)]. Die Welt besteht nicht nur aus Makroskop, zumal wenn das nicht mal eine Partei ist. Wobei es natürlich schon mal besser ist, wenn Sie weiter schreiben als gar nichts zu tun, wie so viele andere. 🙂 Ich würde Sie schon als außerparlamentarische Opposition bezeichnen. Positiv formuliert. Kritisch: Leider auf eigenem Wunsch nur “außer“.

Zur Nominierung von Olaf Scholz als SPD- Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2021

Dafür, dass die beiden aktuellen SPD- Vorsitzenden Nobert Walter-Borjans und Saskia Esken, zumindest ersterer hatte sich mal öffentlich so geäußert, mal mit dem Gedanken gespielt hatten, dass die SPD eventuell ganz ohne eigenen Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl 2021 gehen könnte, ging es ja nun doch recht schnell.

Mit Blick auf die Notwendigkeit einer in der Sache hart und fakten- basiert geführten Debatte zur aktuellen und zukünftigen programmatischen Ausrichtung der SPD für die Bundestagswahl 2021 und die dann beginnende nächste Legislaturperiode ist es aber auch schon höchste Zeit sich über Grundsätzliches und die Zukunft Gedanken zu machen.

Daran darf auch die aktuelle Corona- Pandemie- Krise nichts ändern.

Als Partei und Regierung reicht es nicht, immer nur Symptome einer oder mehrer internationaler Fehlentwicklungen zu bekämpfen, sondern man muss auch den Ursachen auf den Grund gehen. Und dafür muss man sich eben hinreichend viel Wissen und eigenes Verständnis auch und vor allem aus den Bereichen Politische Ökonomie, Wirtschaftsethik und Wirtschaftsgeschichte aneignen und öffentlich diskutieren, damit auch die Wähler wissen um was es geht.

Das werden wohl auch die Herren Söder, Laschet und Ziemiak noch lernen. Ein inhaltlicher Wahlkampf, aber kein zu persönlicher, sollte immer statt finden.
Nur kurzfristig Symptome bekämpfen und einfach nur versuchen sich in einer äußeren „Ordnung“, die von dem ein oder anderem der ebenfalls für eine Kanzlerkandidatur in Frage kommt, nicht mal ernsthaft hinterfragt zu werden scheint, möglichst so zu positionieren, dass man vor allem selbst zumindest kurzfristig bis mittelfristig, angestrebt wird wohl auch langfristig, möglichst gut dasteht.

Man muss auch das äußere System, die äußere Ordnung, im Verbund und kooperativ mit anderen, mit denen man zumindest genügend gemeinsame Werte teilt, immerzu hinterfragen, durchdenken und aktiv (mit-) gestalten. Sonst ist man nur Spielball und Zuschauer beim der sich entwickelnden äußeren „Ordnung“.
Allgemein darf man sich als Bürger in einer Demokratie nie nur mit der Zuschauerrolle zufrieden geben. Die wichtigsten grundlegenden politisch relevanten Zusammenhänge sollte jeder zu verstehen anstreben. Sonst kann man seinen Job als aktiv und/oder passiv Wahlberechtigter nicht richtig machen. Dafür muss jeder hinreichend Zeit zur Verfügung haben.

Und eine der wichtigsten Fragen, die eigentlich schon seit den 70er Jahren auf eine hinreichend soziale und stabilisierende Antwort wartet, ist diejenige wie man die internationale Zusammenarbeit nachhaltig sozial, gerecht und Werte- gebunden hinreichend frei gestalten kann.
Als Sozialdemokrat darf man niemals ein Zwangssystem reiner wirtschaftlicher Freiheit einfach hinnehmen und nur noch versuchen, es sich innerhalb dieses Systems so „sozial“ wie möglich einzurichten und die von den Wirtschaftsmächten vorgegeben „Rollen“ einfach akzeptieren.

Vor allem die Sozialdemokratie, aber natürlich auch die anderen Parteien, müssen sich mit Fragen und Ansichten wie diesen beschäftigen:

  1. Ein gemeinsamer Markt, national oder transnational, braucht einen Ausgleich, wirtschaftlicher oder
    finanzieller Art, eine Priorisierung der Wirtschaftstätigkeit hin zur allgemeinen
    Grundbedarfssicherung und hinreichende staatliche Regulierung für soziale, ökologische oder
    sicherheitsrelevante Zwecke.
    Ein Ausgleich ist wichtig, da die wirtschaftliche Konzentrationskraft des Marktes hin zu Standorten
    mit optimalen Produktionsbedingungen einfach zu groß ist, um die unkorrigierte
    Marktentscheidung einfach komplett akzeptieren oder tolerieren zu können.
    Das ergibt sich ja schon aus der Hauptaufgabe des Marktes, durch einen fairen Wettbewerb der
    Ideen, die optimale Kombination der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital zu finden.
  2. Entgleitet das private, nicht selbst genutzte Kapital- und Anlagen- Vermögen und seine daraus generierten Erträge in zunehmend kritischerem Maße aus dem Machtbereich hinreichend handlungsfähiger demokratisch legitimierter (supra-) staatlicher Institutionen.
  3. Betreibt Deutschland unter dem Deckmäntelchen einer internationalen „Freimarkt- Ideologie“ eine Interessen- gebundene, nur am eigenen (kurzfristigen) Vorteil, zum Beispiel durch den Außenbeitrag, orientierte, Standortwettbewerbs – Außenhandelspolitik?

Für eine nachhaltige, soziale und sichere und politisch Werte- gebunden freie Weltordnung, wäre es sehr von Vorteil wenn der nächste deutsche Kanzler oder die nächste deutsche Kanzlerin für genau diese Werte durchdacht eintritt.

Darüber welche Parteien und welche Kandidaten diese Positionen in hinreichendem Maße vertreten können und werden, brauchen wir, am besten jetzt beginnend, eine öffentliche und Parteien- interne, an Stammtischen, bei Treffen, Webinaren oder einfach nur privat zu Hause, geführte Diskussion.

Wenn die frühzeitige Nominierung von Olaf Scholz, durch den gegenwärtigen SPD- Vorstand, als Kanzlerkandidat der SPD der Startschuss zu genau solch einer Diskussionsoffensive sein sollte und tatsächlich sein wird und die nächste deutsche Regierung für die genannten Werte eintreten und international mit dieser Zielsetzung mitgestaltet wird, dann war dieser Schritt genau der richtige.

Olaf Scholz hat, durch seine Nominierung durch den gegenwärtigen SPD- Vorstand, seinen Hut im politischen Tauziehen um die nächste Kanzlerschaft in den Ring geworfen.

Mal sehen wer es am Ende wird …