Offene Email an die Konrad Adenauer Stiftung

Betreff: 6,5 Jahre das Schweigen der KASler

Hallo KAS,

es ist jetzt ziemlich genau 6,5 Jahre her, dass ich einem der Vize-Vorsitzenden der Europäischen Bewegung, CDU Mitglied in Hessen und Chef der Europa-Gruppe dort, schrieb, dass wir auf Grund unserer Größe und Lage zwischen Arm (billige Arbeitskräfte und Vorprodukte) und Reich im Westen (Abnehmer) im freien Standortwettbewerb einen unfairen Vorteil hätten und den auf Kosten der weniger gut gelegenen europäischen Nachbarn voll ausspielen würden. Mehr Export bei uns bedeutet eben weniger Export bei denen. Und die können nicht einfach nachziehen, wir gehen also nicht mit gutem Beispiel voran, denn wir haben eben einen unfairen Vorteil. Das es sowas gibt wusste schon Max Weber. Der Vize der Europäischen Bewegung schrieb mir dann zurück, dass er Sicherheitsexperte sei und von sowas nichts verstehen würde. Da hatte ich dann geschaut wo der überall sonst noch im Vorstand ist. Und da gab es eben diese EU-Berater Organisation: „The Kangaroo-Group“. Da war der Vize (ich will jetzt keinen Namen nennen, wirkte ehrlich und okay) Vorsitzender. Und der einzige Politische Ökonom in der Gruppe war ein Herr Viktor Vanberg (gegen den habe ich persönlich auch nichts). Und wenn man nach dem im Internet suchte stand da, er hätte den Ordoliberalismus mit der streng individualistischen Sozialvertragsökonomie von James M. Buchanan in Einklang gebracht. Und wenn man nach diesem Herrn Buchanan im Internet suchte, stieß man auf das Buch „Democracy in Chains“ von der Historikerin Nancy Maclean. Die schrieb dort, dass Buchanan der Architekt für eine versteckte Machtübernahme der reichen Rechten in der USA wäre.

Da dachte ich mir: Oh! Ein Vorsitzender ohne Ahnung von der Thematik und dann ein Berater von jemanden, über den so ein Buch veröffentlicht wurde. 2017. Und von dem keiner spricht.

Da hatte ich eben mal angefangen Leute deswegen anzuschreiben, in Organisationen die sich damit beschäftigen reinzugehen, Anzeige bei der Polizei erstattet, im Bundestagsvorwahlkampf bei der SPD kandidiert … .

Und vor allem viel gelesen (https://rkslp.org/gelesenes/ – auch zur Regulationstheorie) und öffentlich geschrieben: hier rkslp.org

Öffentlich reagiert hat darauf keiner. Und privat auch nicht viele.

Stattdessen kam nach Corona der Ukraine-Russland-Krieg und der Gaza-Krieg (wo wir uns auch nicht gerade legitim und nachhaltig verhalten, nach meiner Meinung, die ich in meinem Blog schon oft begründet zum Ausdruck gebracht habe).

Und in den USA (und Israel) kippt mit Trump II nun gerade alles nach „Too Far Right and Greedy“. Wohl auch wegen unseres Leistungsbilanzüberschusses mit denen. Wobei die den natürlich einfach in Zolleinnahmen eintauschen können. Früher hatten wir Exportzölle erhoben und dann selbst die Zolleinnahmen zur Verfügung. Und mehr Arbeitskräfte und Ressourcen für die Binnenversorgung.

Ist es wirklich gut, zu diesen ganzen Themen seit 2017 zu schweigen?

Gruß,
Thomas Hinkelmann
rkslp.org

Einigungswille jenseits der Tauschmacht

Am Anfang der antiken demokratischen Phase, der attischen Demokratie, stand ja eine gewählte zeitlich von vorneherein begrenzte Machtstellung von nacheinander Solon, Kleisthenes und Perikles. Darauf hatte sich die alte attisch-griechische Welt damals jeweils verständigt, nachdem, mehr oder weniger, durch die freie Koloniebildung, Verarmung der Agrargesellschaft durch Machtfülle und Ausbeutung durch Großgrundbesitzer und anderen Verschiebungen der Verhältnisse in den attischen Staatstaaten eine Verschiebung der Wirtschafts- und teils politischen Macht in einem Missverhältnis zum Unruhe-Potential der negativ Betroffenen stattgefunden hatte. Um Ausbrüche solcher Unruhen zu vermeiden wurde dann wie bei Solon Einzelnen eine große Machtfülle verliehen, für eine begrenzte Zeit, um die Dinge neu zu ordnen oder wie bei Perikles ihren Reformvorschlägen einfach zugestimmt. Das Ergebnis führte dann Richtung attischer Demokratie und es gab im inneren erstmal Ruhe. So zumindest habe ich es noch in Erinnerung von der Zeit als ich darüber gelesen hatte. Nochmal genauer nachlesen möchte ich jetzt nicht, denn hier soll es nicht um eine historische Wiedergabe gehen sondern um eine Analogie. Damals hatte, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, die wirtschaftlich-freie Dynamik neue Fakten geschaffen und neue Tauschmacht-Zustände, die mit zu großer Wahrscheinlichkeit bei normalen Verhandlungen nicht mehr zu einer Einigung geführt hätten, bei der die mit dem Verhandlungsergebnis Unzufriedenen hinreichend ruhig geblieben wären. Und auch die politischen Institutionen der damaligen Zeit waren nicht mächtig genug der Ruhe förderliche Ergebnisse zu erzielen. Deshalb hatte man sich um Gewaltausbrüche zu verhindern und vielleicht hoffentlich auch aus Fairness auf jemanden geeinigt der mit der nötigen Macht ausgestattet, die Dinge neu regeln sollte. Oder man hat später den Reformvorschlägen einzelner bereitwillig zugestimmt. Diese Reformmaßnahmen waren anscheinend so gut gelungen, dass es dann tatsächlich ruhig blieb und die attische Welt erstmal weiter aufblühte.

Daran sollte sich die EU in den nächsten Jahren besser auch hinreichend orientieren. (Aber zusätzlich fairer und mehr auf „GenugFürAlle“-Kurs sein, nach meinen Werten mit universellem Selbstanspruch.) Auch hier wurde durch die freie Wirtschaftsdynamik in neuen geopolitischen Konstellationen wirtschaftlich aber auch von der Bevölkerungsverteilung her gesehen neue Fakten und Zustände geschaffen, bei denen es schnell passieren kann, dass die Tauschkraftbasierenden Verhandlungen nicht mehr zu Ergebnissen führen, bei denen die negativ Betroffenen von ihrem Unruhe-Potential her gesehen nicht mehr hinreichend sicher genug rein tauschwillig bleiben wollen oder dazu gezwungen werden können. (Um es mal möglichst antrigger-frei zu formulieren.) Und auch die EU bietet wie damals die attische Welt keine hinreichend mächtigen gemeinsamen Institution an, die für Ergebnisse sorgen könnten die hinreichend beruhigend wirken.

Noch dazu kommt ja, dass die neue Wirtschaftsmachtkonstellation durch die ungleichen Karten im Standortwettbewerb der einzelnen EU-Staaten offensichtlich nicht gerecht zustande gekommen waren. Gleichzeitig verschieben sich aber die ethnischen Mehrheitsverhältnisse der Bevölkerungsgruppen innerhalb der „besser gelegenen“ EU-Staaten. Und zwar schneller als die Wahlrechtverhältnisse durch Einbürgerung in diesen Staaten. Also immer größere Gruppen haben (noch) keine politische Mitbestimmung in den Staaten sind aber durch (früheres) freies Ausspielen der wirtschaftlichen Machtverhältnisse spätestens mit Blick auf die Entwicklung in ihren Heimatstaaten eher fair nachvollziehbar negativ betroffen. Das könnte sich gewalttätig entladen. Eine Maßnahme dagegen ist schnelleres Einbürgern. Das könnte aber die „Alt-Eingesessenen“ in diesen Staaten zu sehr beunruhigen und hätte auch Gewaltpotential. Hinzu kommt noch das Gewaltpotential aus den Staaten heraus die im Standortwettbewerb die schlechteren Karten, einfach Pech haben/hatten oder aus sonstigen Gründen schlechter abschneiden.

Um hier Gewaltausbrüchen und einem dadurch bedingten Niedergang der EU-Staaten zumindest im Vergleich zum Rest der Welt vorzubeugen schlage ich vor, dass das Themen faire, soziale und stabile Neuordnung der Verhältnisse in der EU stärker priorisiert wird. Und das bei den Bürgern und wirtschaftlich und/oder politisch Bessergestellten mehr Reform- und weniger Veto- Wille angemahnt wird. Vor allem bei Fragen der gerechten Verteilung. Wenn man da einfach beim friedlichen Verhandeln seine eventuell gar unfair erworbene Machtfülle (weiter) zu sehr voll ausspielt und politisch alle Reformen „niedervetot“ wird es kaum dauerhaft friedlich bleiben. Wie es dann aussieht wenn man nicht bereit ist sich zumindest fair auf neue Verteilungen der Verhältnisse auch jenseits der augenblicklichen Vertragsverhältnisse zu einigen kann man ja zur Zeit leider anschaulich beim Ukraine-Russland Krieg nachvollziehen. Da trifft der Wille auf die „Rückholung“ von zu viel auf das Pochen auf die aktuelle Vertragslage für zu viel. Und wenn sowohl die Ost-Europäer als auch die West-Europäer unfair und blind zu viel wollen, weckt das im Rest der Welt bestimmt schlechte Erinnerungen und die denken sich: Schließen wir uns besser mal zusammen und schauen, dass sich dieser (unfair) zu viel Wille nicht wieder gegen uns richtet, vor allem solange die beiden noch die einzigen Atom-Alphamächte sind. Verständlich. Und solange sie die Sache nicht noch anheizen auch fair und vernünftig. Solange …

Wir brauchen solche Unruhen mit Unmengen an Blut, Leichen und Versehrten nicht auch noch in der Mitte Europas. Daher sollten nicht nur fair-bestrebte wie ich für die Durchsetzung von hinreichenden Reformen werben, eintreten und auch politisch kandidieren (daran mangelt es ja im sozial und sicher, nach innen und außen, Lager weiterhin leider zu sehr) sondern auch diejenigen denen es eigentlich nur um Ruhe geht und die mit dem Status quo für sich eigentlich zufrieden sind. Denn mit Gewalt oder Tricks für Ruhe zu sorgen ist oft teurer als „beruhigende“ Reformen und je nach Gewaltpotential-Verteilung auch irgendwann nicht immer möglich.

Besser man schaut, dass man hinreichend Reserven für alles hat, als einfach nach blinder Besitz- und Eigentumsanhäufung. Noch dazu unter fragilen unfairen Bedingungen.

2. EU-Blauwesten-Protest Einsatz

Fast 5 Jahre nach dem ersten Einsatz meiner EU-Blauweste, damals noch als CDU-Mitglied [dachte halt mit Merkel könnte so eine hinreichend soziale Mehrheit, auch nach außen, gesichert werden, und als Mitglied kann man etwas zur Not versuchen gegenzusteuern] bei einem traditionellem Heringsessen [ich ernähre mich aber aus Tierschutzgründen vegetarisch bis vegan seit 1998] an Aschermittwoch auch kurz vor der damaligen Europawahl 2019, war ich diesmal beim politischen Aschermittwoch der SPD Rheinland-Pfalz vor der Europawahl 2024 in der Vorderpfalz, samt Ministerpräsidentin.

Thema meines EU-Blauwesten-Protest, war die Rückkehr zum Außenwirtschaftlichen Gleichgewichtsziel aus dem Magischen Viereck des Stabilitätsgesetzes von 1967. Also gegen das Streben nach Anhäufung von Außenbeiträgen. Dazu halte ich ja auch am Freitag beim Worldsocialforum 2024 in Nepal einen online Vortrag.

Es hört sich ja schon instabil und irrational gierig an, als ein Land, das auf hinreichend offene Grenzen für den internationalen Handel zum Decken seines Importbedarfs durch Exporte angewiesen ist, seine Handelspartner dafür auch noch einen Beitrag zahlen zu lassen. Ein Außenbeitrag ist immer mehr ein Aufbrauchen seiner Handelspartner. Das werden und sollten die, vor allem bei gleicher Währung, nicht allzu lange mit machen.

Zu Zeiten als Portugal und Spanien mit ihren Silberflotten noch Europa mit Edelmetall aus der neuen Welt zu schwemmten, konnten sich die übrigen Staaten noch ein Streben nach Zahlungsbilanz-Überschüssen mit den Iberern leisten. So verteilte sich, dass neu gewonnene Edelmetall als Zahlungsmittel in Europa und darüber hinaus. Und die Industrielle Revolution konnte durch dieses neue Vermögen und die gewaltigen Fertigungsrohstoffe aus Amerika in Europa mächtig Fahrt aufnehmen. Da gab es eben wirklich was aufzubrauchen, nachdem die Europäer sich durch einen Lucky Punch, eben die Entdeckung, „i have seen something“, und Nutzbarmachung von Amerika einen gewaltigen Vorteil gegenüber dem Rest der Welt aufbauen konnten. Erst jetzt hat der Rest der Welt fast wieder aufgeschlossen, die Ressourcen Amerikas sind dafür hinreichend verteilt oder aufgebraucht, zumindest dienen sie nicht mehr so sehr als natürlicher Vorteil des Westens Eurasiens.

Außenbeiträge von Staaten ohne gigantische neue Zahlungsedelmetall-Funde sind aber eben logischerweise nicht wirklich stabil wiederholbar einzufahren. Da kann man einmal, vor allem bei gleicher Währung, die Konsumausgaben sich, mit Hilfe eines erstmals greifenden natürlichen oder historischen Vorteils, wie ihn zum Beispiel Deutschland wegen seiner Lage zwischen Reich im Westen und Arm+Rohstoffe im Osten hatte und noch etwas hat, von Bürgern anderer Staaten abschöpfen. Denen fehlt für eine Wiederholung dann aber das nötige Geld. Außer man druckt quasi wie für Italien durch die Target2-Salten neuen Geld. Das ähnelt dann einer Silbermine. Aber eben einer eigenen. So, bzw. mittelbar deren Verkäufer, können diese Kunde anderer Staaten weiter bei uns kaufen, solange es hier wegen z.B. der Lage weiter billiger ist als bei den Kunden zu Hause. Dadurch importieren wir Arbeit. Das erzeugt meist erstmal Arbeitslosigkeit in den Staaten der Kunden, und eben Rückzahlungspflichten, denn auch Target2-Salten müssen zumindest formal zurückgezahlt werden. Aber auch Abhängigkeit, da diese Staaten dann einiges nicht mehr zeitnah selbst hinreichend produzieren können. Aber auch bei uns ist zusätzliche Arbeit in Zeiten von Arbeitskräftemangel rational betrachtet kein Segen und schafft aus genannten Gründen Überkapazitäten und ungute Gewohnheiten. Und wenn man seinen Verbündeten durch ungleichen Handel schadet, schadet das meist dadurch, dass eben der Verbund schwächer wird auch einem selbst. Wobei auch hier zusätzlich gilt, wem man nicht hinreichend nutzen will, den muss man zur Not abhalten können, wenn man nicht mehr verbündet ist …

Und ist es eigentlich fair, dass Italien riesige Target2-Rückzahlungsverpflichtungen anhäufen darf kleinere Staaten wie Griechenland soweit ich weiß aber nicht? Liegt das etwas daran, dass ein „unruhiges“ Italien wegen seiner Größe bedrohlicher auf uns wirkt?

Also aus allen diesen Gründen und noch weiteren, die ich hier z.B. mal schon vor fast 5 Jahren aufgelistet hatte, finde ich das Streben nach hohen Außenbeiträgen und Exportüberschüssen für fatal.

Deshalb mein Protest und mein Vortrag am Freitag.

Hier ein paar Bilder vom Protest gestern:

EU-Blauweste Frontansicht mit Außenbeitragskurve und Welle zum Vergleich.
EU-Blauweste Rückansicht mit Außenbeitragskurve und Welle zum Vergleich.
In meiner Ecke. War aber auch ein paar mal rumgelaufen.
Das SWR hatte sich die gleiche Ecke ausgesucht wie ich. Also räumlich nicht unbedingt politisch :).

Offene Mail an die Grünen Zweibrücken

Betreff: Gut, dass ihr gegen (zu) Abschiebe-Rechts mit demonstriert, aber besser mit Bildschirmen reden als gar nicht 🙂 Und mal was zur EU was ihr vielleicht lieber nicht lest.

Hallo Grüne Zweibrücken,

gut und wichtig, dass ihr auch beim Protest gegen den zu rechten Potsdamer-Abschiebe Plan mit dabei wart. 🙂

Aber bezogen auf die Äußerungen von einer Vertreterin von euch, dass die AfD ja auch gegen die Super-EU wäre, und dass ihr in Versammlungen sprecht und nicht in Bildschirme, muss ich doch mal was schreiben.

Zu erst zum Sprechen mit Bildschirmen. 🙂

Also ich wohne jetzt seit Ende 2020 wieder im Südwesten (Bruchmühlbach, Homburg, Pirmasens) und eine Versammlung zu finden bei der man mal frei Themen ansprechen könnte finde ich extrem schwer zu finden hier. Ich biete sogar eigene Outdoor- Versammlungen an (https://www.eventbrite.de/o/relativ-konservativ-sozialliberale-plattform-rkslporg-34189900645), da war aber noch keiner. Da kann ich dann mit der Luft reden. Ich habe die aber nach 2 mal ohne Teilnehmer, mit meinen regionalen Erkundungs-ÖNV-Fahrten, verknüpft, da machts dann nichts wenn keiner kommt. Lerne ich immerhin die Gegend kennen. 🙂 Um vor lauter sachbezogenem Mitteilungsdrang nicht einzugehen rede ich auch, nun nur noch einmal im Monat, Live in die Bildschirm-Camara was mir gerade politisch wichtig erscheint. Vielleicht ist es ja mal für jemand nützlich. Für mich ist es das Mitteilen auf jeden Fall. Wobei ich aber auch nur zu Leuten sprechen will, die das auch wollen. Also abgesehen davon, dass die Dinge dann halt nicht angesprochen werden, komme ich auch ganz gut alleine zurecht.
Also soviel zum Thema: Die Reden ja nur mit dem Bildschirm. Solange sie keinen diffamieren sollen, dass die zu Rechten auch gerne machen. Es gilt ja auch: Bis zum fairen Anteil für die zu Rechten sind zumindest deren Anteilsansprüche mit linker Gesinnung auch gut zu heißen, würde ich mal sagen. Deshalb stören die auch in der SPD und bei den Grünen (da sind es dann eher die Individual-Rechten) immer erst, wenn man einen natürlichen/historisch gewachsenen Vorteil hat. 🙂

Womit wir beim Thema EU wären.

Also ich stimme euerer Rednerin vom Samstag in soweit zu, dass wir in Europa fair zusammenleben müssen. Ich denke darum ging es ihr im Kern.

Nur haben wir aus der europäischen Gemeinschaft, als wir die EU schufen, keinen auf fairen, stabilen und solidarischen Regel-basierenden gemeinsamen Raum geschaffen, sondern wir haben nachdem wir schon zu Bretton-Woods Zeiten im gemeinsamen Markt immer Außenhandels-Überschüsse, durch unseren natürliche Lagevorteil (Max Weber), erwirtschaftet haben, den wir dann immer auf Druck von außen, damals hatten die noch Druckmittel, abbauen mussten, einen Rahmen in der EU geschaffen, in dem solche Druckmittel abgeschafft sind und vielmehr ein Zwang zur Gewährung von Überschüssen besteht. Das widersprach sogar unserem eigenen Stabilitätsgesetz von 1967. Keine Ahnung wie die da genau nach dem Untergang des Ost-Blocks drauf gekommen sind. Zumindest keine belegbare. Durch die Osterweiterung nahm unser Vorteil durch die Lage zwischen arm im Osten und reich im West noch weiter zu. Der Druck zur Nachhaltigkeit und den Planungswillen in Bezug auf die Zukunft aber immer weiter ab. Noch dazu haben wir Berater mit an Bord gehabt, die man eigentlich nur holt, wenn man nicht fair an die Sache rangehen will sondern Profitorientiert: https://rkslp.org/des-pudels-kern/. Damit konnte ich, sonst hat darüber noch keiner berichtet außer dem Walter Eucken (+ James M. Buchanan) Institut selbst, aber noch keine Hunderttausende auf die Straße bringen, zum Protest gegen unseren rechten Missbrauch unseres natürlichen Lagevorteils und der fehlenden Ideologe-freien Zukunftsplanung. Deshalb rede ich weiter auch zur Not nur mit Bildschirmen. Wenn wir mit Nicht-EU-Staaten ein Bilanzplus haben und andere EU-Staaten ein Minus, müssten wir der Gemeinschaft zu liebe zum Ausgleich sogar ein Minus mit diesen EU-Staaten haben. Das ist außer mir natürlich auch noch keinem öffentlich aufgefallen.
Also wir profitieren nicht einfach mit allen gemeinsam von der EU, wir lassen die weniger gut gelegenen sogar einen Preis, Außenbeitrag (teils indirekt), dafür an uns zahlen. Das ist auch zu rechts. Man sollte die AfD nicht dazu benutzen, das zu verdecken. Nicht zuletzt da wir durch den ganzen natürlichen Vorteil, das planvolle Vorgehen verlernt haben.

Die EU ist durch uns bisher leider sozial und durchaus auch ökologisch misslungen. Das gefährdet auch unsere Zukunft.

Das hören hierzulande sich viele vielleicht nicht gerne an. Wir sollten da aber, Fakten basiert, drüber reden. Eigentlich müssten wir sogar.

Aber wir müssen nicht.

Bleibts halt bei einer Unterredung zwischen Bildschirmen und mir.

Gruß,
Thomas Hinkelmann
rkslp.org und (noch -Lebensmittelentzugssanktionen trage ich nicht mit-) SPD Pirmasens

Inflation und Zinsen

Einer der wenigen, die schon lange gegen unsere „(Staats-)finanzierung“ über den eigentlich dem Stabilitätsgesetz von 1967 zuwider laufendem immer größer gewordenen Außenbeitrag anschreiben, und „OnDemand-Staatssekretärig tätig werden“ ist ja Heiner Flassbeck. Also dagegen, dass wir auf Kosten anderer im internationalen sozialdarwinistischen Standortwettbewerb mit natürlich ungleichen Karten (siehe Bild)

auf Anteilsjagt „für unser Gefühltes noch nicht genug“ gehen.

Dem sein Lieblingsthema und Steckenpferd ist ja die „Ehrenrettung der Inflation“.

Und da ich über dieses Thema heute auch mal wieder was schreiben wollte, habe ich neben der Tatsache mir Sebastian Müllers Buch „Der Anbruch des Neoliberalismus“ auf den Schreibtisch zu legen auch mal in Herrn Flassbecks Blog „Relevante Ökonomie“ reingeschaut.

Und siehe da, der hatte auch prompt gestern wieder sogar fast mit der selben Überschrift die ich mir gerade ausgesucht hatte, angeprangert, dass zu dem Thema von Ökonomen zu wenig kommt. Nun ja bei dem was ich alles mittlerweile gelesen habe, nachdem ich entdeckt hatte, dass wir bei der EU-Vertrags-Ausgestaltung die Berater, der vorm staatlichen Zugriff besorgten „reichen Männer“, an Bord hatten und nun wirklich auffällig weiter zu sehr haben, falle ich ja durch aus auch unter meine Definition von „Ökonomen“. Wobei ich so oder so weiterschreibe, bis wir mal wieder über die Nachhaltigkeit schon auch nur in Bezug auf unsere eigenen Interessen unserer „Außenbeitragshinnahme“ genügend reflektiert und korrigiert haben.

Aber heute soll es ja wie gesagt um Inflation und Zinsen gehen.

Solange diejenigen noch in größerer Anzahl lebten, die die Hyperinflation von 1923 noch/schon einigermaßen bewusst mitbekommen hatten. Saß auch die Hyperempfindlichkeit gegenüber Inflation tief. Da ist es schon fast überraschend, dass die angestrebte Inflationsrate der EZB von knapp unter 2 % Inflation bei uns akzeptiert wird. Im Buch „Der Anbruch des Neoliberalismus“ wird ja schön dargelegt, wie die Angst vor Inflation nach der 1. und 2. Ölpreiskrise dazu genutzt werden konnte als erstes, von den zentralen deutschen staatlichen Instituten, die Bundesbank dazu zu bringen, sich von der Verantwortung für die gesamtwirtschaftliche Stabilität, wie sie das Stabilitätsgesetz repräsentierte zu lösen, und stattdessen nur noch für Preisstabilität einzustehen. („weder … noch fühlte sich die Bundesbank weiter für die allgemeine gesamtwirtschaftliche Stabilität zuständig“ Seite 95). Was wiederum den FEE(Foundation for Economic Education)n und Co., welch Zufall, entgegenkam, da der Fokus komplett auf Preisstabilität auch gleichzeitig Helmut Schmidts Grundsatz: „Lieber 5% Inflation als 5% Arbeitslosigkeit“ aushebelte und daraus ein: „Maximal 2% Inflation.“ für die Bundesbank machte. Und laut Roth/Papadimitrious Buch „Die Katastrophe verhindern“ schaffte es auch Deutschland mit seinen „Post-FEE-Freunden“ Frankreich soweit klein zu verhandeln, dass auch die EZB nur diesem Grundsatz verpflichtet wurde. Damit führte die EURO-Einführung zu einem „Freie Fahrt für freien deutschen Überschuss und globalen Geldadel“. Kurzfristig. Mittelfristig zum Konsenszwang für Stabilitätsmaßnahmen. Das ging schon in Polen nicht besonders mächtig aus. Da freut sich irgendwann meist das (unsoziale) Außen, wenn das zu lange so bleibt.

Und Inflation kann natürlich auch leicht dazu genutzt werden, eine höhere Erhöhung der Kapitalrendite gegenüber dem Einkommenszuwachs zu erzielen (siehe Pikettys „Das Kapital im 21.Jahrhundert“). Also höhere Zinsen durchzusetzen. Denn wenn Unternehmen mehr Zinsen für ihre Finanzierung aufbringen müssen, werden die das an die Kunden weitergeben oder sonst wo sparen müssen, z. B. an den Löhnen. Also mit Kapitaleinsatz oder einfaches auf die Bank bringen lässt sich dann wieder viel einfacher Geld verdienen. Auch wenn dadurch die Kaufkraft derjenigen die „ihr Geld“ eher komplett ausgeben zurückgeht und damit die Gesamtnachfrage und damit die Gesamtproduktion. Das kann den unsozialen Wohlhabenden aber ja egal sein, solange es nicht zu unruhig wird.

Und für den Klimaschutz ist weniger Produktion und Konsum ja durchaus eine gute Sache. Also da bieten sich durchaus unsoziale Kooperationen an.

Wobei zu billiges neues Geld aber natürlich auch dazu führen kann, dass diejenigen die nachhaltig gut produzieren können von billig finanzierten „Eintagsfliegen“ verdrängt werden, welche dann auch aus Gesamtwirtschaftssicht für zu viel Instabilität bei der Versorgung führen können. Also wie wohl immer gilt auch bei Zinsen: Zu hohe sind unsozial und instabil. Zu niedrige aber auch. Zum Beispiel: Vor allem wenn die Inflation höher ist als die Zinsen, denn dann geht die Vermögensreserve von Kleinsparern die sich keine Anlageprofis leisten können und selbst dazu zu wenig Zeit haben unweigerlich zur Neige. Aber das betrifft halt nur Kleinsparer, da könnte man den Einlageschutz mittels eines Inflationsschutzes, in einem der Stabilität nicht despektierlichem Rahmen, für die ausweiten. Dann hätten es die FEEN an der Mehrheitsfront auch etwas schwerer. 🙂

So jetzt habe ich auch mal den Flassbeck Artikel gelesen. Der hat sogar eine Destatis Statistik fast an der gleichen Stelle wie mein Beitrag hier. Sowas aber auch. 🙂

Selbst die Größe wäre ohne meinen Vergleich, das ist ja immer eine einseitige Sache, gleich groß.

Laut Herrn Flassbeck und Destatis gehen die Erzeugerpreise ja wieder zurück. Die Wielands und Co. wollen aber scheinbar das Gesamtkapital auch „unbeschadet“ durch Inflationen auf Basis externer Schocks wie jetzt den „Ostwegfall“, durch den Ukraine-Russland-Krieg, für Mitte-Deutschland bringen: „What Ever It Takes“. 🙂 Ganz nach dem Motto: Sollen die Einkommensabhängigen die Last alleine tragen. Da waren die proprietären FEEN aber wieder generös. Zumindest zum Kapital. 🙂

K. H. Roth, Zissis Papadimitriou und die Stiftung für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts

Bei der 2022er Anarchistischen Buchmesse in Mannheim hatte ich mir das Buch „Die Katastrophe verhindern – Manifest für ein egalitäres Europa“ von Karl Heinz Roth und Zissis Papadimitriou gekauft. Beide waren mir bis dahin kein Begriff. Auf den ersten Blick wirkte die Flugschrift auch wie ein typischer Aufruf für ein soziales Europa. Wichtig aber wohl ohne viel Neues oder erweiternden Tiefgang. Und wenn im linken Umfeld was über den „Krieg gegen Jugoslawien“ steht weckt das erst mal Abwehrreflexe bei mir. So viel wurde da schon von linken Antimilitärs oder Totalitären ein völkerrechtlicher Angriffskrieg angeprangert anstatt auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Schutz vor Menschrechtsverletzungen hinzuweisen und den Vorrang zu geben. Es ist zwar wohl richtig, dass die humanitäre Intervention des Westens auch mehr oder weniger stark durch „Unabhängigkeit für regionale Sahnestücke“- Motivierte zustande kam und die Ausgleichzahlungen von den Regionen/Staaten mit den besseren Standorten bzw. den reicheren zu den ärmeren und weniger begünstigten seit dem nicht mehr stattfinden, sowas mag man in der EU eben nicht hinreichend. Aber die Zentral-Jugoslawische / Serbische Regierung wurde unter Milosevic zu Rechts und nationalistisch. Da war das Einschreiten human und wichtig. Ob die Teilung in Bezug auf Meerzugang und Co. fair war ist nochmal eine andere Frage. Aber man sollte diese Frage jetzt besser im Rahmen des Streben nach einer hinreichenden humanen Ausgleichs-, Priorisierungs- und Regulierungs- (APR-) Union in Europa zu sozialen, ökologischen, Sicherheits- und Zukunftsorientierten (SÖSZ-) Zwecken klären in einer Koalition der Betroffenen und/oder Wertegebundenen von (Süd-)West bis Ost. Friede zu nachhaltig tolerierbaren Bedingungen ist (wohl) immer tausendmal besser als die Schrecken des Krieges. Vor allem wenn man die „Kosten“ und die Erfolgsaussichten für einen Krieg für das was man für fair hält nicht wirklich einschätzen kann oder diese unverhältnismäßig sind. Wobei natürlich Unfairness auch nicht ewig bestehen sollte. Das ist eben immer eine Abwägung.

Bis zum Abschnitt über den „Krieg gegen Jugoslawien“ bin ich aber in dem Buch auch noch nicht ganz gekommen.

Die Analyse und Beschreibung der historischen Entwicklung der EWG zur EU und die deutsche Rolle dabei fand ich aber schon beeindruckend genug, um meinen wöchentlichen Beitrag, ab nächsten Jahr wohl nur noch 2 mal im Monat da ich in meinem „APR-SÖSZ-kritischen“- Zeitfenster etwas mehr Raum für Anderes haben möchte, den Autoren und den ersten Thesen des Buches zu widmen.

Das Buch ist schon 2011 erschienen und Herr Papadimitriou leider 2015 schon gestorben. Herr Roth hatte hier einen schönen Nachruf auf ihn verfasst. Papadimitriou war ein griechischer „Industriesoziologe“ der auch mal beim Institut für Soziologie in Frankfurt zu dem Thema mitgearbeitet hatte. Später war er Professor in Thessaloniki und Kritiker der Austeritätspolitik der Troika.

Und Herr Roth ist in Deutschland im sozial kritischen Umfeld schon lange aktiv. Er hatte die Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts (mit-)begründet und ist dort weiterhin einer der drei Vorsitzenden. Von dieser Stiftung wurde die Online- Zeitschrift „Sozial.Geschichte Online“ mehr oder weniger „initiiert“.

Aber zurück zur Geschichte der EWG bis zur EU. Die Autoren stellen da die These auf, dass Deutschland schon spätestens seit dem Ende der Marshallplan- Kredite eine neomerkantilistische Wirtschaftspolitik betreiben würden. Also vor allem auf Exporte- und Leistungsbilanzüberschüsse im freien globalen Wettbewerb setzen. Nun zumindest während Karl Schillers (SPD) Globalsteuerung und allgemein zu Zeiten des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes und dem Magischen Viereck war das explizit nicht Ziel der deutschen Regierung. Also genau zu Zeiten der 68er Proteste, nur mal so nebenbei erwähnt, das erklärt wohl auch Ortliebs „Anti-Links Radikalisierung“ :). Das war wohl das einzige mal wo Deutschland mal einen global nachhaltigen Steuer- Kurs eingeschlagen hatte zumindest von den Zielen her. Da war die FDP dann aber (gleich) „Besitz- freiheitlich“ abgesprungen. Auch zuvor gab es, außer von Ehrhard vielleicht, keinen expliziten Neomerkantilistischen Plan würde ich sagen. Das Deutschland nach dem Krieg recht schnell einen Boom erlebte dürfte auch der Konsumgüterproduktionslücke durch den Koreakrieg zu verdanken sein, zumindest sind die Argumente dafür Recht einleuchten. Und wohl auch weil die „Amis“ ihre Kredite zurückbezahlt haben wollten und zumindest damals noch den Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise und staatlichem Zusammenbruch kannten. Also der so zügige Aufbau des beachtlichen Kapitalstocks an Produktionsmitteln dürfte neben dem natürlichen Standortvorteil, den auch Max Weber schon kannte, auch an günstigen Rahmenbedingungen und einer ordentlichen Portion „Glück“ gelegen haben. Und durch Bretton Woods und der anfänglichen Europäischen Zahlungsunion im Geiste Keynes, von welcher ich aus diesem Buch zum ersten Mal erfahren habe, weshalb ich u. a. eben von dem Buch beeindruckt bin, konnte die westliche Staatengemeinschaft auch noch hinreichend Druck auf Deutschland ausüben sein temporär „magisches“ Staatsziel einer ausgeglichenen Außenwirtschaftsbilanz auch aktiv herbei zu führen. Also bis dahin würde ich Deutschlands politischen Kurs nicht als bewusst neomerkantilistisch bezeichnen. Das änderte sich aber langsam mit dem „bürgerlichen“ Koalitions-Schwenk der FDP Anfang der 80er und der Etablierung des Kronberger Kreises, quasi als Laus im CDU/CSU- Pelz.

Das lag nicht zuletzt an dem schon von Aristoteles beschriebenen Reflex einiger Wohlhabender, Bessergestellten, Profiteure des Status-Quo, dem möglichen oder tatsächlichen demokratischen Zugriff auf ihr Vermögen und/oder Einkommen durch Beschränkungen des Handlungsspielraums oder „ändern“ des -willens zuvorzukommen. Die „NewDeal“- Reformen von Roosevelt hatten diese Affekte enorm verstärkt. Und beginnend mit der Gründung der FEE in den USA und Hayeks Mont Pelerin Gesellschaft in der Schweiz wurden auch nach dem 2.Weltkrieg die Konsequenzen von zu wenig Umverteilung, global oder nationale, wieder vergessen und die Lust am Spiel und der Abwehr-Affekt überwogen langsam wieder. Wohl auch schon damals verstärkt durch Agenten von außen, denen an einer Schwächung des Westens durch nicht hinreichend ausgeglichenen, priorisierten und regulierten und daher destruktiven Wettbewerb gelegen war und ist. Davor hatten schon Schmoller und Ortlieb gewarnt.

Aber zurück zum Buch. Dort habe ich auch erstmals im Detail gelesen, dass in der EWG, wie sie Anfang der 70er entstand, die beteiligten Staaten einen festen Rahmen von 2-3 % vereinbarten indem sich die Wechselkurse der beteiligten Staaten pro Jahr bewegen durften.

Zusammen mit dem, soweit ich weiß, damals schon eingeführten Zwang zur Gewährung wirtschaftlicher Freiheiten zwischen diesen Staaten, war der Rahmen schon bereitet, dass Staaten mit Bilanzdefizit nur durch interne Abwertung, also Lohn-, Sozialkürzungen und so weiter, also Austerität reagieren konnten, wenn die Staaten mit Überschuss nicht freiwillig etwas unternahmen. Das dies nicht schon früher zum Problem wurde lag wohl an der dann recht schnell gekommen deutschen Wiedervereinigung und dem damit verbundenen „Umstrukturierungsbedarf“ Deutschlands. In den 90er hatte Deutschland dann erstmal keinen Überschuss mehr. Dass das aber nicht zuletzt durch Deutschlands Lage in der Mitte Europas und damit nach der Aufnahme der ehemaligen Ostblockstaaten in die „Zwangsunion wirtschaftlicher Freiheit“ auch noch zwischen Arm und Reich liegend mit sehr hoher wahrscheinlich nur vorübergehend der Fall sein dürfte sollte eigentlich allen klar gewesen sein.

Deswegen wollte Frankreich, wie es in diesem Buch schön dargelegt wurde, als Gegenleistung für sein Einverständnis zur Wiedervereinigung auch eine stärkere Integration Gesamtdeutschlands in die EU. Dafür sollte die gemeinsame Währung und die gemeinsame Notenbank sorgen. Durch den deutschen Widerstand und Verhandlungsgeschick bei der Ausarbeitung wäre dann aber dabei etwas rausgekommen, was dafür sorgte, dass man deutschen Wirtschaftsüberschüssen durch seine natürlichen Vorteile nichts mehr bzw. nicht genug entgegensetzen konnte.

Diese These aus dem Buch wird durch die von mir seit Beginn meiner wöchentlichen Schreibbeiträge immer wieder angesprochene Tatsache, dass im Umfeld der deutschen Verhandlungsdelegation damals führende Vertreter der „Streng individualistischen Sozialvertragstheorie“ von James M. Buchanan, dem Vertragsexperten der FEEn um Hayek und den Cato- Koch- Brüdern, im nachhinein sehr auffällig vertreten waren noch stark bis kaum widerlegbar bestätigt. Es mag ja sein, dass die deutsche politische Elite soziale Absichten hatten, die Detail- Entscheider und Berater hatten da aber ganz anderes auf der Agenda. Und ein Vetorecht bei zwischenstaatlicher Umverteilung wurde zumindest 2020 noch vom Europa-Union- und CDU-Ex-Europaparlaments- Vorsitzenden bei der online Hauptversammlung gefeiert.

Und als Deutschland dann mit der Agenda 2010 die Weichen durch Niedriglohnsektor, soziale Einsparungen und Lohnzurückhaltung auf die eigene „Wettbewerbsfähigkeit“ anstatt auf eigenen nachhaltigen Wohlstand, Europas, des Westens, oder gleich aller Nationen stellte, war es nur noch ein kleiner Schritt bis hin zur eventuell nicht hinreichend reflektierten oder aus welcher Intention auch immer durchgeführten neomerkantilistischen Politik der CDU Merkel- Regierung.

Da wurden Forderungen der Obama Administration nach ausgeglichenen Außenwirtschaftsbilanzen mit Verweisen auf die Unvereinbarkeit mit internationalem Freimarkt beiseite gewischt. Und als dann der zu rechte Trump kam und dies durch Zölle und Co. durchsetzen wollte bzw. so tat oder tun sollte als ab, wurde dass dann als Vorwand genommen um generell Kritik und Schutzmaßnahmen gegen Neomerkantilistische Staaten, welche ihren Staatenbündnissen nur Schaden können, generell als rechts und populistisch zu diffamieren. Und seit „NurKlimaRettung“, Corona und dem Ukraine-Russland Krieg hält „man“ es in Deutschland eh nicht mehr für von den Prioritäten vertretbar über Ungleichheiten in Leistungsbilanzen, über die destruktive Wirkung von neomerkantilistische Staaten oder überhaupt über Fairness bei Anteilen zu reden. Oder man behauptet im Laufe der gemeinsamen Bekämpfungen der Corona- Pandemie- Folgen bereits gezeigt zu haben, dass nun jeder dauerhaft freiwillig seinen ausgleichenden Beitrag für die Gemeinschaft leistet. Obwohl keiner aus der Regierung soweit ich es mitbekommen habe in letzter Zeit unseren immer noch vorhandenen neomerkantilistischen antinachhaltigen Leistungsbilanzüberschuss angeprangert hatte. Warum auch immer nicht.

Solange wir unsere Wirtschaftsstandorte nicht hinreichend zumindest auch in den Dienst derjenigen Partnerstaaten stellen von denen wir selbst auch abhängen sägen wir uns den Ast ab auf dem wir selbst sitzen und reißen alle Verbündeten mit. Vom universell moralischem Selbstanspruch mit dem wir eigentlich nach innen und außen handeln sollten ganz zu schweigen.

Es fehlt immer noch viel zu sehr an der nötigen Einsicht zur zumindest hinreichenden strategischen Fairness und Solidarität und sogar schon am Streben danach.

Es ist zwar richtig dass man sich vor der Tyrannei der Mehrheit egal ob von Staaten oder Menschen schützen muss. Aber was ist mit der Tyrannei von Minderheiten? Egal ob Reich, Moralistisch oder was auch immer.

Es bleibt dabei, wenn man eine Herrschaft nicht mehr tolerierbar findet muss man diese mit einem fairen Anteil an allem zu Gunsten einer neuen tolerierbaren Herrschaft verlassen können.

Und wenn man seinen Anteil oder den eines anderen nicht nachhaltig tolerierbar findet muss man eben kämpfen. Zur Not durch Angriff. Zu viel zu verteidigen ist unfair und unsolidarisch.

Der Schwede kommt: Wählen.

Am 11.9 ist ja auch in Schweden wieder Wahl. Von der Rot-Rot-Grünen Koalition blieben da für die aktuelle Legislaturperiode nur die schwedischen Sozialdemokraten übrig. Die sind da ja meist in der Regierung vertreten. Seit Ende November letzten Jahres führt da Magdalena Andersson eine Minderheitsregierung an.

Die schwedische sozialdemokratische Parlaments- und Regierungstradition geht ja mehr oder weniger vor allem auf den Friedensnobelpreisträger Hjalmar Branting zurück. Dem ersten Reichstags-Abgeordneten und Ministerpräsidenten der „Sveriges socialdemokratiska arbetareparti“ (SAP). Später ging der SAP- Ministerpräsident Per Albin Hansson mit seiner „Volksheim“-Rede, als Begründer des schwedischen Modells eines Wohlfahrtstaates in die Geschichte ein.
Wenn man Wikipedia folgt führte das Platzen einer wohl nicht zuletzt durch Steuervergünstigungen begünstigte Immobilienblase zunächst Anfang der 90er zu einer Bankenkrise und in der Folge zu sozialen Einschnitten, durch eine gerade nicht sozialdemokratische Regierung, passend zur damals und leider auch zu sehr heute noch globalen anti- Wohlfahrt- oder gleich sozialstaatlichen politischen Stimmung.

Danach, also nach Herrn Carl Bildt, kamen dann mit Ingvar Carlsson und Göran Persson noch mal Sozialdemokraten an die Regierungsspitze.

Bis 2006 die Allianz für Schweden übernahm. Diese Allianz der „Bürgerlichen“ hielt bis 2014, seit dem regiert wieder die Sozialdemokratische Partei (mit) und stellte mit Stefan Löfven wieder den Ministerpräsidenten. Und seit 2021 eben mit Frau Andersson.

In der EU gehört Schweden wegen seiner Lage neben dem Öl- Staat Norwegen und, wie Deutschland wenn auch mehr am Rand, zwischen „Arm und Reich“ zu den Profiteuren des Zwangs zur wirtschaftlichen Freiheit im gemeinsamen Binnenmarkt. Und ebenso wie Deutschland sind sie in den letzten Jahren nicht gerade als treibende Kraft hin zu einem zumindest nachhaltig hinreichend sozialen Europas aufgefallen. Auch ein gemeinsamer Markt liefert eben nur das was man bei ihm bestellt und bezahlt. Und wenn da kein hinreichender Anteil der Wirtschaftskraft und des gemeinsamen Ertrags für den Süden und Osten dabei war, läuft man Gefahr sogar die strategische Fairness und Solidarität zu unterlaufen und riskiert dadurch zu viel Unruhe.

Eigentlich müsste sich jeder Schwede genau wie jeder Deutsche, Italiener, Franzose oder sonst ein Europäer fragen: Was brauche ich über mein aktuelles Einkommen und Auskommen hinaus mit Blick auf die Zukunft und die der nächsten Generation. Dann müsste er sich eigentlich schon von selbst Gedanken über die Umwelt machen, denn wenn der Planet für zu viele nicht mehr genug Ertrag und Platz bietet wird sich das auch bald sogar in Schweden bemerkbar machen. Okay, Klimaerwärmung würde dort vielleicht zu mehr Ertrag und Platz führen zumindest wenn das Ex- Eis nicht zu Überschwemmungen sorgt, aber Schweden ist eben auch „keine Insel“ und wird negative Auswirkungen für andere auch irgendwann zu spüren bekommen.

Als nächstes wird sich der smarte Schwede dann Gedanken über seine physische Sicherheit machen. Mit wem zusammen ist er in einem Verteidigungsbündnis? Die Frage beschäftigt Schweden ja gerade besonders. Mittlerweile ist für militärischen Schutz im Westen ja eine Nato- Mitgliedschaft scheinbar obligatorisch. Na ja, da, soweit ich weiß, Russland keinen Militärhafen in einer Region in Schweden hat, welche es denen mal als quasi Zeichen ewiger Verbundenheit geschenkt hatte und dort auch keine Landbrücke braucht, droht wohl Stockholm oder Uppsala keine Russeneinfall als Ablenkungsmanöver, zur „Entnazifizierung“ oder warum auch sonst immer.

Auch die Finnen sollten da wohl „save“ sein. Zumindest solange sie das atomare Gleichgewicht nicht gefährden. Naja, die werden kein Kuba werden wollen.

Aber zurück zur Sicherheit des Schweden. Also er wird eine hinreichende Verteidigungsunion anstreben. Der konsequente soziale Schwede wird da auch selbst seinen Beitrag auch für andere Nationen anstreben oder auf Pflichtdienst setzen, der unsoziale überdurchschnittliche auf eine „hinreichende Marktlösung“ und möglichst wenige unnötige andere im Bündnis setzen wollen.

Beide werden aber hoffentlich hoffen, dass solch ein Bündnis zumindest die strategische Fairness auch nach außen nicht vergisst. Zuviel Feind wegen eigener Unfairness ist eben weder ehrbar noch „nachhaltig“.

Überlegungen zur durchdachten Fairness nach außen, sind aber gerade nicht das wodurch die Nato nach meiner Meinung aktuell auffällt. Sonst würde sie einerseits die Ukraine dazu drängen den Militärhafen (also die Krim) und eine hinreichende, passende Landbrücke (also wesentliche Teile des Donbass) als Teil Russlands anzuerkennen, die Ukraine aber ansonsten auch zumindest mit aller verfügbarer Militärausrüstung ausstatten und auch im Rahmen des möglichen aktiv militärisch unterstützen. Ein Angriffskrieg einfach nur zum Einverleiben von Ex-Regionen ist nicht akzeptabel und recht schnell auch nicht tolerabel. Bei einem Angriff für den fairen Anteil und erst recht für das Kleinere des nachhaltigen Genug und des Fairen sieht die Sache aber natürlich anders aus. Da ist nun mal schon rein logisch der Verteidiger der unfaire bis existenzbedrohende. Also der Täten. Zu einem Krieg gehören eben immer zwei. Zu viel sollte man nicht verteidigen. Das gilt auch für die Nato. Und natürlich auch Russland in Bezug auf Öl und Gas.

Dadurch dass die Nato diese Position nicht einnimmt, treibt sie die Ukraine aber auch in die Hände derer, die für Militärausrüstung die Chance auf die nachhaltige oder zumindest möglichst lange Schwächung Russland zumindest unterbewusst erwarten. Wenn Kiew nur so an Waffen kommt und Russland sich nicht auf das nachhaltige Genug für sich oder andere beschränkt und über das Faire zumindest erst mal offenen verhandelt anstatt gleich einzufallen, kann man aber zumindest verstehen wieso die Regierung in Kiew da „schwach wird“ und von der „Rückeroberung“, wohl eher erstmaligen Eroberung der Krim fabuliert und „tätert“. Die Nato darf nicht Pro-Ukrainisch, egal ob zum Schein oder echt, sein sie muss Blauhelm (Uno; aber auch ohne Mandat eben mit universell moralischem Selbstanspruch legitimiert) sein. Oder zumindest Blau- Waffenlieferant.

Es ist eben auch für den Schweden die Frage: Sicherheit um welchen moralischen Preis. Und auch eine Frage der Nachhaltigkeit.

Damit wären wir auch bei dem Punkt der Zukunftstauglichkeit. Dem Schweden wird es wohl nicht nur um sein aktuelles Genug und Mehr gehen, sondern auch um solches in der Zukunft.

Er wird also wenn er clever ist eine Union anstreben, welche zumindest seine Grundsicherung nachhaltig auch in Zukunft garantiert. Also seinen hinreichenden Anteil vom Gesamtertrag. Durch das schwedische Modell hat Schweden da sogar mal eine Vorreiterrolle bei der Grundsicherung und mehr innerhalb des eigenen Staates übernommen. Aber in der EU gibt es eine solche gemeinsame Grundsicherung nicht. Nur den Zwang die Marktkräfte mehr oder weniger frei walten zu lassen. Dass dies aber mit sozialen, ökologischen, Sicherheits- und Zukunftsorientierten Zielen nicht hinreichend vereinbar ist wurde nun wirklich schon oft genug gezeigt und war bis in die 1990er hinein eigentlich auch Konsens. Aber der aktuelle Überschuss hat den Norden Europas für solche sozialen nachhaltigen Überlegungen blind gemacht. Wir sind in ein destruktives jeder gegen jeden auf zwischenstaatlicher Ebene rein geschlittert. Auch die gemeinsame Pandemiefolgen Bekämpfung in der EU ist da leider noch kein sicheres Anzeichen dafür, dass diese Phase nun überwunden ist. Firmen bei externen Schocks wie einer Pandemie zu retten bringt jedem unmittelbar mehr als es Kosten würde diese pleite gehen zu lassen. Zumal wenn es sich um wichtige Zulieferfirmen handeln. Solche Firmen sind auch in einem freien unregulierten, unpriorisierten und nicht aktiv ausgeglichenen Markt ohne Krisen Überlebensfähig. In einem gemeinsamen Markt stellt sich aber die Frage wie man struktureller Arbeitslosigkeit, regionaler Ungleichheit und Wanderbewegungen der Produktionsfaktoren vor allem in der Initialisierungsphase begegnen kann, damit da zumindest die Grundsicherung nicht zusammenbricht und kein zu großes Machtgefälle entsteht. Die nötige Einsicht dafür und sei es nur zumindest soweit, dass es zumindest hinreichend ruhig bleibt, ist aber leider noch nicht wirklich hinreichend zu erkennen. Eher eine Gern- und Bequem- Gläubigkeit an irgendwelche Automatismen. Das könnte sich leider wieder so lange halten bis es zu spät ist. Zumindest für einen unabhängigen Westen. Das gilt leider auch für Schweden.

Die Zeit in der man im Westen international machen konnte was einem gerade in den Sinn kommt und sich um Fairness und das Wohl der anderen keine Gedanken machen musste ohne die Konsequenten fürchten zu müssen ist glücklicherweise mehr oder weniger (wieder) vorbei.

Von dieser Einsicht dürfen wir uns auch durch die Corona-Pandemie, Kriegen oder der Klimakrise nicht abhalten lassen.

Spätestens beim Staaten-Teilkollektive begünstigendem Standortwettbewerb mit ungleichverteilten Karten sind leider auch die nationalen Gewerkschaften und die nationalen Sozialdemokratischen Parteien stark in der Versuchung, wenn sie da von Natur aus bei den Standorten begünstigt sind, mit den anderen Freimarkt- und Status-quo Profiteuren gemeinsame Sache zu machen und dabei blind für die langfristigen Entwicklungen zu sein. Also affektiv Verteilungskonservativ.

Für den Erhalt der Gemeinschaft und das eigene nachhaltige Wohlergehen ist das aber eben selten vorteilhaft.

Es kommt eben darauf an, was man erhalten und sichern will. Auch konservativ ist eben relativ.

Eigentlich sollten gerade klassisch konservative Parteien diejenigen sein, die darauf achten, dass man es mit dem Eigennutz und der Gut- und Gerngläubigkeit nicht übertreibt. Aber wenn es darum geht etwas am der Verteilung der Nachhaltigkeit und/oder für andere zu ändern, sind die eben wohl vor allem zu vorsichtig. Oder nehmen das als Vorwand. Denen wird man die Konsequenzen von zu wenig Verteilung des gemeinsamen Ertrags aber auch schon der Wirtschaftskraft wohl plastische vor Augen halten müssen bis sich da mal was tut. Zu den Vorsichtigen gesellen sich eben auch immer diejenigen, die genau dass ausnutzten wollen.

Denn in einer vom Privatkonsum getriebenen Wirtschaft muss eben auch jeder privat zumindest genug haben und das geht nur über hinreichende Verteilung. Und dass, wenn jeder einfach nur tut und lässt was er will am Markt da keine hinreichende Verteilung rauskommt sollte gerade den Vorsichtigen klar sein. Und wenn sie da, aus Vorsicht, nicht zu viel aber auch nicht zu wenig geben wollen, sollte ihnen klar sein, dass man da eine Institution braucht die darauf achtet, dass es für jeden ausgewogen ist, und auch über die nötige Macht verfügt. Und dass es nicht gut sein kann, dass wir in der EU zwar einen Zwang zum gemeinsamen Markt haben aber eben keine solche Institution.

Also liebe mit Vorsichtigen: Auf die Barrikaden !!! Bis entweder dieser Zwang hinreichend abgebaut oder solch eine Institution geschaffen wurde. Und zwar nicht nur zum Schein.

Für Schweden heißt das, wählt zumindest hinreichend gemeinschaftlich, nach Innen und nach Außen.

Und bringt von oben, Norden, herab nicht im „guten“ Glauben zu viel zum Einsturz.

Und wenn unser Schwede sozial ist, wird er auch das Wohl anderer im Auge haben und zwar nicht nur strategisch motiviert, obwohl sich hinreichend Soziales da durchaus heraus ableiten lässt. Und er wird eine Partei wählen die sich genau auch dafür einsetzt auch in der EU und im globale Rahmen.

Französische Parlamentswahl am 12.6 und 19.6 und der Post-Neo-Liberalismus

Am 12.6.22 und am 19.6.22 wird ja auch das Parlament in Frankreich neu gewählt. Als Mehrheitswahl in 2 Runden. Nur 1986 gab es einmal eine Verhältniswahl bei der jede Partei anteilig nach Anteilen Abgeordnete ins Parlament entsenden konnte.

Also die Franzosen wählen meist nach dem „Highlander-Prinzip“, es kann nur einen geben, also je Wahlbezirk.

Also läuft es wohl 2022 meist auf die Frage hinaus, ob der Kandidat der LREM (Ensemble, Macron), Rassemblement National (LePen), La France insoumise (Mélenchon, NUPES, FI,PS,EELV) oder doch Les Républicains gewählt wird.

LREM hatte 2017 zu einem Drittel Stimmen von LR und zu zwei Drittel von PS hinzu erhalten.

Also sollte das Mandat für eine doch eher Arbeitnehmerfreundliche und wohl auch sozialere Politik erteilt worden sein. Nicht für eine neoliberale, proprietäre.

Für die Beurteilung der Parlaments- und Kabinetts- Arbeit von LREM seit 2017 ist es daher wesentlich, ob sie die sozialen Einschnitte und Wirtschafts- und Steuerreformen, die man als „neoliberal“ oder (teilweise) proprietär ansehen kann, aus von äußerem Druck unabhängiger Überzeugung und Interesse oder eben doch wirklich nur auf Grund des internationalen Drucks (Emmanuel Macron Reformer unter Druck) nicht zuletzt durch Deutschlands, und seiner sparsamen Zwergen, Verliebtheit in Überschuss bei hohem Niedriglohnsektor und guter Lage durchgeführt bzw. mitgetragen hat bzw. ohne den Druck der Straße mitgetragen hätte.

Beim Dezernat Zukunft hatte ich zuletzt einen Vortrag von einem französischen Sozialökonomen oder so online gehört. Der meinte Macron wäre ein „Neoliberaler“ und EU- Reformen wolle er nur wenn sie diesem Ziel dienen. Meine Rückfrage, ob das nun wirklich so sei oder doch nur wegen des internationalen Wettbewerb-Drucks wurde mangels genügender Stimmen dafür der anderen online Teilnehmer nicht gestellt. Interessant wäre vor allem zu Wissen wie Macron seine Reformen eigentlich in Frankreich begründet.

Ich hatte die Frage daher auch über meinen Twitter- Account öffentlich direkt an Macron nochmal gestellt. Der hatte aber auch nicht geantwortet. 🙂

Also müssen die Franzosen es wohl selbst einschätzen.

Neoliberal bedeutet ja unter anderem die Verteilung des Produktionsertrags und der Kaufkraft weitgehend dem Markt zu überlassen. Bei der Verteilung der Produktionsstätten waren, so bezeichnet sich ja selbst heute keiner mehr, sich auch schon die „Neoliberalen“ meist uneinig.

Die einen lehnen zu hohe Marktkonzentration wegen der Gefahr der Vermachtung des Marktes ab, die anderen wollen auch da den Staat raushalten.

Also wenn man Macron für einen bewussten „Neoliberalen“ hält stellt sich wohl auch noch die Frage, für was für einen. Zumindest gegen eine Vermachtung der Wirtschaft außerhalb Frankreichs und ohne Franzosen scheint er ja zu sein.

Die US- Biden Administration ist ja mit dem Ziel und auch dem Streben danach an die Arbeit gegangen den „Neoliberalismus“ zumindest in den USA zu überwinden. Da gibt es vom Democracy Journal einen sehr lesenswerten Artikel dazu: The New Paradigm: How Fares Post-Neoliberalism? Da werden auch die Akteure benannt, die das umsetzen sollen: Heather Boushey, Sabeel Rahman, Felicia Wong, Jennifer Harris und Lina Khan. Aber im Moment hängen die ja mehr oder weniger wegen zwei demokratischen Abgeordneten und eben den Republikanern beim Reformieren fest. Der Teil des Post-Neo-Liberalismus der sich auch mit den beiden genannten Demokraten und den Reps durchsetzen ließ, war mehr oder weniger, derjenige, der die Interessen der gesamten USA, auch der proprietären Wohlhabenden betraf. Dort wo der Freimarkt dem Ausland übermäßig in die Hände spielte. Das hatte ja die Trump- Administration, leider in einem zu rechten Gesamtpaket, schon angepackt. In dem Democracy Journal Artikel geht es aber auch vor allem um die Rückgewinnung der staatlichen Kontrolle über das global entfesselte Kapital. Da würden einem aber aktuell erstmal wohl die Abgeordneten der Republikaner und zu viele Demokraten im Weg stehen, zumindest wenn es um das West-Kapital geht.

Da ist wohl der proprietäre Einfluss zu groß, ohne das dies dem ein oder anderen betroffenen Abgeordneten wohl richtig bewusst ist was das bedeutet. Und den Wählern sowieso nicht. Denen schadet es ja eher. Die werden eben komplett auf das was einem als US- Amerikaner durchaus zutreffend durch zu freien Handel mit dem Außen entgeht, eingeschworen, und die faire Verteilung innerhalb der USA spielt da bei diesen republikanischen Kreisen gar keine Rolle.

In wieweit diese Republikaner aber wirklich den Unterschied zwischen der proprietären Zwangsjacke für den demokratischen Staat und derjenigen gleich für die ganze USA oder den ganzen Westen, bzw. von den Europäern mehrheitlich besiedelte Raum, kennen ist eine andere Frage.

Aber dem scheinen sich ja durchaus sowohl wesentliche Teile der Republikaner als auch der Demokraten bewusst zu sein. Das kann aber auch Wunschdenken meinerseits sein. 🙂

Zumindest Biden und Trump scheinen das aber zu wissen. Hoffentlich der nächste Präsident auch. Und hoffentlich ist der nicht zu rechts am grasen.

Also wenn die US- Wähler rational sind, also (zumindest) nachhaltig genug, aber nicht zu viel, haben wollen, werden sie Ende des Jahres Abgeordnete wählen, die für eine staatliche Kontrolle des in- und ausländischen Kapitals und des Marktes auch in ihrem, also das der Wähler, (fairen) Interesse sind, wählen.

Aber es sollte hier ja um die französische Parlamentswahl gehen. Die haben zwar mit Thomas Piketty den Namensgeber des Proprietarismus in ihren Reihen. Aber vor der Zwangsjacke für alle könnte der auch noch etwas mehr warnen. Das ergibt sich bei ihm er unterschwellig und er spielt die Notwendigkeit der Kapitalbesitzenden sich gegenseitig notfalls besteuern zu können sogar empirisch argumentierend an einer Stelle herunter. Obwohl er, wenn ich mich spontan richtig entsinne, mit dem Verweis auf Englands Abstieg vom Empirestatus in Zusammenhang mit der langen Rückzahlung seiner Schulden über Einkommenssteuern vor allem der Mitte und Armen anstatt der Reichen und der damit fehlenden Investitions-, Wirtschafts-, Reform- und (Mit-)Rüstungsdynamik sogar ein Beispiel allem Anschein nach liefert, wo genau so eine Besteuerung auch der Reichen durch einen proprietären Staat auch notwendig gewesen wäre um hinreichend besser dastehen hätte zu können. Hundert Jahre Schuldendienst lähmt eben.

In Europa gibt es eben durch das Zwangssystem wirtschaftlicher Freiheit Profiteurs- Staaten durch den gemeinsam Markt und welche denen das mehr oder weniger viel schadet und sie wenn sie keine Möglichkeit zum Ausgleichen finden ruiniert.

Mit Blick auf Frankreich stellt sich dann auch die Frage, ob Macron nur als Proprietärer-Mussolini (Mis(S)es, HITler, MUSSoline man muss immer aufpassen dass einem solche Namenskonstellationen nicht desktruktiv einlullen und enthemmen) an der Seite Deutschlands vom Süden und Osten der EU mit profitieren will bis die Hölle für (fast) alle wieder losbricht oder ob er wirklich etwas in der Art von Roosevelts New Deal, als (einziger) Garant für Stabilität in der EU, durchsetzen will. Sein Vorschlag zur gemeinsamen Grundsicherung 2019 ging ja in diese Richtung. Aber der wurde eben von Deutschland und Co. abgelehnt. Daher musste er nie zeigen was er denn wirklich will.

Ich würde ihm durchaus zutrauen, dass er in diese Richtung geht. Aber die Frage ist eben ob, es da nicht besser ist wenn ihm ein eher sozialdemokratisches oder sozialistisches, nicht die destruktive Variante, „zur Seite steht“, als (nur) irgendwelche LREMler. Aber das müssen eben die Franzosen wissen und am 12.6 und 19.6 so wählen.

Nur wenn man sich mit seinem fairen Anteil, mit universell moralischem Selbstanspruch zufrieden gibt, kann es für einen selbst und die anderen gut oder zumindest tolerabel werden und bleiben. Und langfristig nicht mit weniger als dem kleineren des nachhaltigen Genug und des fairen Anteils.

Dieter Plehwe schrieb in seinem Beitrag im Jacobin Magazin Anfang des Jahres zum Post-Neo-Liberalismus, Die Mutationen des Neoliberalismus, auch, dass es jetzt drei Szenarien gäbe wie es weiter gehen könne:

  • Wieder rein neoliberal, wobei ich da zwischen den Zwangsjackentypen unterscheiden würde,
  • Zumindest eine Art nachhaltiger Grundsicherung für alle,
  • Oder echte Vergesellschaftung des (Welt-)Vermögens.

In Demokratien hängt das eben davon ab wer kandidiert, Dieter?, irgendwelche (weitere) Thomase aus der Richtung?, und wen man wählt.

In einem Monat sind da die Franzosen gefragt. Und morgen die NRWler. Da geht es eben auch um die Frage, wer wen oder was als Last empfindet und wer auch das „Kleingedruckte“, bzw. die Programme, liest, wenn er denn durch den zu wenig regulierten Marktdruck überhaupt Zeit hat …

Von Stanley Hoffmann’s „The European Sisyphus, Essays On Europe, 1964-1994“: „Europe’s Identity Crisis: Between the Past and America“

Ich war vor kurzem mal über die Bedeutung der Begriffe „Funktionalismus“ und „Institutionalismus“ innerhalb der Politikwissenschaft, genauer der Internationalen Beziehungen, gestolpert.

Der Funktionalismus wird ja im Ursprung David Mitrany zugeschrieben, der das Streben nach einer föderativen Lösung der Konflikt zwischen Staaten, im konstitutionellem Sinne, als zu illusionistisch, zumindest zu zeitaufwendig und zu sperrig für eine schnelle greifbare Lösung der aktuellen Konflikte ansah. Deshalb war er für einen funktionaleren Ansatz der Regelung internationaler Beziehungen. Nur das was man aktuell brauchte sollte geregelt werden und (erstmal) keine supranationale konstitutive neue Gemeinschaft direkt angestrebt werden.

Wobei der Funktionalismus meist als eine politische Theorie verstanden wird, die supranationale Vereinigungen nicht ablehnt sondern nur einen Bottom-Up Prozess anstatt eines fertigen Top-Down Systems als realistischer für die Umsetzung und brauchbarer für das aktuell Notwendige ansieht. Daher gilt er auch als eine Unterart des Institutionalismus

Auf ersterem baut auch der Neofunktionalismus von Ernst B. Haas auf, der der Gemeinschaftsmethode von Jean Monnet, nach Meinung einiger, damit eine wissenschaftliche Basis geben wollte.

Jean Monnet schwebte laut Wikipedia ein schrittweiser funktionaler Zusammenschluss der Europäischen Staaten, allerdings direkt mit starken gemeinsamen Institutionen, wie der Hohe Behörde der Montanunion, und einem zweckgebundenen festen Regelwerk vor. Gemeinsames Recht und supranationale Entscheidungen sollten für die Mitgliedstaaten bindend sein.

Ernst B. Haas hat dem dann in seiner „Neo“- Variante noch den Spill-Over-Effekt hinzugefügt, der besagt, dass einzelne Integrationsschritte mehr oder weniger direkt weitere antriggern würden.

Daraus Endstand dann das Narrativ der „immer engeren Union“, welche automatisch aus der Integrationsdynamik entstehen solle.

Dem Institutionalismus im ganzen, also auch dem Funktionalismus, steht der Realismus und der Intergouvernementalismus entgegen. Der Realismus geht grob gesagt von der Eigennutz- Intention der Menschen aus, und das eine gemeinsame suprastaatliche Ebene entweder gar nicht angestrebt werden würde oder nur soweit diese nutzt. Der Intergouvernementalismus ist daher auch als Reaktion auf den Automatismus- Glaube des Neofunktionalismus entstanden. Ersterer geht geht davon aus, dass weitere Integrationsschritte nur kommen wenn die Staaten, oder besser gesagt die von deren Bevölkerung gewählten Repräsentanten auch einen Nutzen darin sehen. Diese Richtungen gehen also von einem Homo oeconomicus aus.

Der neuste Vertreter dieser Gattung ist dann der liberale Intergouvernementalismus von Andrew Moravcsik.

Diese Theorie baut auf der Arbeit Stanley Hoffmanns auf. Jener kritisiert in seinem Aufsatz „Europe’s Identity Crisis: Between the Past and America“ genau Monnets Gemeinschaftsmethode als „form over content“ ohne Ziel und Funktion und den Neofunktionalismus als „the competition for the control of the distribution of plenty“ also Eigeninteressen würden in der Verteilung des gemeinsam Produzierten vorherrschen. Und der Föderalismus ist für ihn nur eine Verlagerung des Problems „How to forge a common will out of a clash of wills“.

Bleibt an Theorien noch der Konstruktivismus zu nennen der unter anderem von Alexander Wendt vertreten wird und wieder an den Idealismus und die normative Gesinnung anknüpft die den Institutionalisten auschlaggebend war. Die gemeinsamen Werte sind ihr ausschlaggebend und nicht (primär) die Interessen.

Damit wären wir auch bei der Wissenschaft der internationalen Beziehungen wieder bei der alten Frage: Werte und faire Interessen oder doch reiner Eigennutz, was treibt die meisten Menschen und besonders die Regierenden am stärksten an?

Diese Frage kennt man ja schon aus der politischen Ökonomie und der Verfassungsethik.

Hier ist vor allem auch wichtig aus welcher Intention heraus man sich diese Frage stellt.
Zählt man sich selbst zum Eigennutzlager und möchte nur noch die passende Theorie und Moral für sich oder diese Gruppe deren Interessen man vertreten will haben?

Oder ist man optimistischer Idealist?

Oder geht es einem wirklich nur um eine realistische Beurteilung von den Möglichkeiten nachhaltig menschlichen Zusammenlebens ohne Elend und Krieg?

Die Institutionalisten haben mit Sicherheit einen normativen Sollzustand beschrieben für Menschen die letztgenanntes wollen. Und direkt nach dem 1. und 2. Weltkrieg wirkte solch eine zumindest schrittweise zeitnahe Erreichung wohl auch durchaus realistisch.

Die Automatismusannahme der Neofunktionalsten war oder ist dann aber eben tatsächlich zu gefährlich optimistisch. Oder gleich Interessengeleitet. Immerhin wird so die Errichtung eines gemeinsamen Zwangssystems wirtschaftlicher Freiheit, um mal wieder Christian Felber, GWÖ, zu zitieren, hier mit dem Narrativ einer auch (sozial-) politisch immer enger werdenden Union sozial und sicher schmackhaft gemacht. Damit ist/war diese Theorie natürlich perfekt geeignet (neo-)proprietäre oder politische Zwangsjacken für alle Ziele“-Schmollers-Saboteure Ziele mehr oder weniger verdeckt und mit Anreize für Freimarkt- Gewinnler mehrheitsfähig und damit demokratisch politisch umsetzbar zu machen. Also Standortwettbewerbs- und Einkommens- Gewinnler können so von proprietär gesinnten Wohlhabenden nutzbar gemacht werden. Oder alle drei für diejenigen die wollen, dass die Staaten der EU oder gleich des Westens sich gegenseitig in Grund und Boden existenziell konkurrieren und somit das Außen herrschen kann, oder dass es zu einem destruktiv revolutionären Umbruch kommt.

Wenn man durch den Zwang zur nationalstaatlichen Hinnahme des unmittelbaren, meist vermachteten und mit ungleich verteilten nationalen „Standortkarten“ Zustande gekommenen Verteilungsergebnisses des gemeinsamen Marktes einige Staatsgesellschaften schon wissen, dass sie aktuell vom verteilungsfreien Istzustand profitieren und es noch dazu mächtige proprietäre und zumindest mit Sabotage-Motiv ausgestattete Akteure in den Medien, Parteien und unter den Marktteilnehmern gibt, muss man sich nicht wundern wenn es höchsten sozial(-politisch) für einige bis viele eng wird anstatt dass die Union in dem Punkt engere Sozialunion „punkten“ würde.

Wenn die Nutznießer der aktuellen Integrationsstufe den nächsten Schritt verweigern müssen die andern eben wieder zur Not einen Schritt zurück.

Es gilt eben, wer gemeinsam wirtschaftet hat meist einen höheren Gesamtertrag. Der muss dann aber auch nachhaltig fair und soweit möglich bedarfsdeckend verteilt werden, damit niemand einen Grund oder die Not hat das gemeinsame wirtschaften wieder einzustellen. Hier spielt auch schon die nachhaltige faire Verteilung der Produktionsfaktoren eine entscheidende Rolle.

Es gilt eben auch: Wer gemeinsam wirtschaftet muss auch fair teilen, sonst kann man nicht gemeinsam wirtschaften. Und dann muss man sich trennen. Und wenn man sich da auch nicht hinreichend friedlich fair und ideologiefrei einigt gibt es meist Krieg oder Elend oder beides.

Es braucht eben einen zumindest hinreichenden universell moralischen Selbstanspruch hinreichend vieler interventionistisch Veranlagter und hinreichend Mächtiger.

Zumindest da hatte Edward Hallett Carr recht, den Faktor Macht muss man immer hinreichend und nachhaltig mit berücksichtigen.

Einschätzung zu den Wahlen in Ungarn und Frankreich

In 2 Wochen wird ja in Frankreich der Präsident neu gewählt und eine Woche vorher in Ungarn das Parlament und damit auch der ungarische Regierungschef.

In Ungarn ist ja schon seit gefühlten Ewigkeiten Viktor Orbán an der Macht. Zuerst wohl vor allem da er sich ähnlich wie Putin und Lukaschenko am Anfang seiner Regierungszeit dagegen gesträubt hatte sein Land zu sehr dem Freimarkt und eher ausländischen Interessen zu überlassen. Also einer Freiheit der unbegrenzten Aneignung und des falsch verstandenen Liberalismus.  

Nur wie in Russland, Weißrussland und auch mehr oder weniger Polen entwickelt sich daraus zunehmend ein Antiliberalismus vor allem auch in gesellschaftlicher Hinsicht, der quasi als Spiegelbild der Vereinnahmung gesellschaftlicher Liberalität, LSBTIQ* und Co, durch unbegrenztes Besitzstreben wie beim Proprietarismus und beim Standortwettbewerb auf „Leben und Tod“, die gesellschaftliche Liberalität für seine Zwecke instrumentalisiert und missbraucht. Einmal ihre Akzeptanz und einmal ihre Ablehnung. Wobei die Ablehnung eine Gesellschaft und ihren Staat zusätzlich schwächt, da sie ein Klima der nicht universell moralisch rechtfertigbaren Ablehnung von bestimmten Mitgliedern der Gesellschaft schafft. Das wird sich wohl fast immer negativ auf das Gesamtleistungsvermögen einer Gesellschaft auswirken und es gibt dem Ausland die Möglichkeit, oder einen echten Grund je nach Intention, mit dem Finger auf diese Gesellschaften und Regierungen zu zeigen. Es nutzt also wohl mehr den Proprietären im Kampf gegen faire und solidarische Verteilung national und international. Genauso wie zu stark scheinbegründete und viel zu extensive, wie jetzt durch Russland, anstatt genau definierte universell moralisch und fair-nachhaltig existenziell legitimierte und minimalinvasive Angriffskriege.

In Ungarn haben sich ja jetzt fast alle Oppositionsparteien in einem Bündnis zusammengeschlossen um eine Abwahl Orbans zu erreichen.

Mit einem gemeinsamen Regierungschef-Kandidaten Péter Márki-Zay. Mir hätten vor allem Gergely Karácsony oder auch Klára Dobrev zwar von ihren politischen Positionen her mehr zugesagt. Aber in Ungarn gehört eben selbst das Mitte-Rechts und das wirtschaftsliberale Lager diesem gemeinsamen Oppositionsbündnis an. Und die ungarischen Wähler wählen ja soweit ich weiß die Parteien des Oppositionsbündnisses einzeln und nicht direkt das Bündnis. Also da kann man dann also die politische Richtung innerhalb des Oppositions-Bündnisses wählen, die einem am meisten zusagt.

In den aktuellen Umfragen liegt aber leider wieder Orbans Fidesz–KDNP vorn.

Da kann man wohl dann eventuell weiterhin nur hoffen, dass es aus gesellschaftlich-liberaler und sozialer Sicht unter Orban nicht (weiter) zu schlimm wird.

Aber bis die Wahl rum ist kann man ja auch noch auf die ungarischen Wähler hoffen.

Es braucht aber eben eine Koalition der nicht zu rechten und zu phobischen Kräften in Ost- und Südeuropa, um ein wirtschaftlich aktiv fair und solidarisch ausgleichendes hinreichendes Gegengewicht zu den Gewinnlern im unausgeglichenen Standort-, Kapital- und Arbeitswettbewerb vor allem im Norden und der Mitte Europas bilden zu können. Alleine ist man da eher nur Spielball des Zentrums. Von dieser europäischen Bewegung für faire und machbar-solidarische Anteile für jeden im gemeinsamen Markt sollte dann eine Verbindung mit der Forderung nach gesellschaftlicher Liberalität geschaffen und in die Mitte und den Norden mit rein getragen werden. Also faire und machbar-solidarische Anteile für alle. Auch an der Freiheit. Und keine Gleichsetzung mit der Freiheit nach unbegrenzt mehr auf Kosten anderer, mit gesellschaftlicher Freiheit mit seinem fairen Anteil im Rahmen der fairen Interessen der anderen frei Wählen zu können wie man leben will. Leider wird diese negative Gleichsetzung von zu vielen Einflussreichen in der Mitte/Nord-EU und im globalen Westen aktiv betrieben. Von den Proprietären eben. Und wohl auch von einigen „Schmoller Saboteuren“, also von welchen die dem globalen Westen eigentlich Schaden wollen und daher negative Entwicklungen jenseits sogar der strategischen Solidarität noch verstärken wollen. Stichworte: Goldene Zwangsjacke, Teile und Herrsche und Co.

Wichtig ist aus sozialer und/oder ost- und südeuropäischer (fairer) Interessensicht dann natürlich wie sich Frankreich in Bezug auf „Egalité“ und „Fraternité“ in der EU und darüber hinaus verhält.
Und die wählen ja eine Woche, oder 3 Wochen mit Stichwahl, später ihren Staatschef ebenfalls neu.

Kommen wir jetzt also zur Wahl in Frankreich. Dazu hatte ich ja hier schon mal was geschrieben.

Über Macron gibt es ja nicht viel neues zu sagen. Der hat sich mit Äußerungen wie diesen, Macron zum Handelsüberschuss: Deutsche Stärke „nicht mehr tragbar“, bei der letzten Wahl 2017 zum ernsthaften Hoffnungsträger auf eine ausgeglichene stabile EU gemausert. Aber eben vor allem für einen zwischenstaatlichen Ausgleich. Innerhalb Frankreichs ist er jetzt nicht gerade unbedingt als großer Sozialpolitiker aufgefallen. Und seine großen Europareden liegen nun auch schon etwas zurück. Aber wir hatten/haben ja auch Corona- Pandemie und jetzt noch Putin- Angriffskrieg.

Bisher musste Macron seinen Reden über ein regional ausgeglicheneres und mit einer gemeinsamen Grundsicherung versehenes Europa eben noch keine Taten folgen lassen. Denn diese Vorschläge wurden von Deutschland und Co. bisher immer abgewiesen. Aus welcher Intention auch immer. Und ob er sich der Herrschaft der internationalen Finanzwirtschaft im Zweifelsfall mit hinreichend vielen anderen entgegenstellen würden kann man auch nur mutmaßen. Er hat(te?) eben einen Hang zum internationalen privatisieren. Und das ist eben ein Machtzuwachs für die internationale Kapitalseite. Aber hier könnte er auch klüger geworden sein.

Demgegenüber tritt Jean-Luc Mélenchon auch innerhalb Frankreichs für einen größeren sozialen Ausgleich ein. Er ist sogar, für einen Linken aus Mehrheits-deutscher Sicht, für ein hinreichend starkes Militär. Aber eben auch für einen Nato- Austritt und für ein Referendum für eine 6. Republik mehr wie in Deutschland.

Also schon einiges an Änderungen. Trotzdem würde ich ihn gerne in einer Stichwahl gegen Macron sehen. Auch wenn ich Macron dann doch eher als die, auch unter Berücksichtigung des Sozialen, sicherere Wahl ansehen würde, zugegebener Weise auch schon weil ich Melenchon und seine Begründungen und Alternativen zu wenig kenne.

Von den anderen Kandidaten mit Chancen auf eine „Top 4“ Platzierung ist ja nur Valérie Pécresse von den Republikanern hinzugekommen. Eine typische wirtschaftslibertäre bis -liberale Kandidatin würde ich sagen.

Im Moment sieht es ja eher so aus, als würde Macron französischer Präsident bleiben. Spontan fände ich das jetzt zumindest nicht so schlecht, aber für eine klare Wahlempfehlung lässt er mir dann sozial und „freimarktkritisch“ zu viel „liegen“.

Ach ja und im Saarland wird ja morgen schon und in drei anderen Bundesländern dieses Jahr auch noch der Landtag neu gewählt. Also ich hoffe mal, dass aus dem Bundesrat dann bald ein stärkerer Impuls zu einer mehr hinreichend aktiv ausgleichenden, priorisierenden und regulierenden (Wirtschafts- und Sozial-) Politik ausgehen wird. Mit universell moralischerem Selbstanspruch.
Das wäre (nachhaltig) sehr wichtig für Deutschland, Europa und die Welt.