Schulden müssen fair beglichen werden. Das sehe ich auch so. Aber wer muss jetzt den Gürtel enger schnallen bis die Schulden durch die Kosten die die Coronapandemie verursacht hatte wieder abbezahlt sind? Und in welchem Zeitraum sollte man die Schulden abbauen?
Da hatte es ja von den ganzen staatlichen Handlungsbremsen, die schon mal im FDP Wahlprogramm standen, die Schuldenbremsen ins Grundgesetz geschafft. Für den Schuldendienst sind dem Staat jetzt sehr genaue Vorgaben gemacht. Da braucht man schon eine 2/3 Mehrheit um davon abzuweichen.
Prinzipiell ist es ja keine schlechte Idee sicherstellen zu wollen, dass nicht eine Regierung von den vielen die im Laufe der Zeit gewählt werden, den zukünftigen mit einfacher Mehrheit zu viele Steine in den Weg legen darf. Das gilt aber natürlich auch für temporäre 2/3-Mehrheiten. Die können eben gleich die Verfassung ändern und somit erst recht die zukünftige Arbeit erschweren.
Deshalb ist es immer wichtig zu wissen, welche Akteure aus welcher Intention politisch aktiv sind. Dafür braucht man einen ganzheitlichen Überblick. Zumindest das hatte auch der Neo-Marxist Georg Lukács in „Geschichte und Klassenbewußtsein“ schön beschrieben.
Es ist eben ein Unterschied, ob neue Grundgesetz-Regeln wie die Schuldenbremse komplett von Leuten entworfen werden, denen es nach besten Wissen und Gewissen tatsächlich nur darum geht, den Schaden zu begrenzen den eine Regierung mit einfacher Mehrheit im Parlament für zukünftige Generationen anrichten kann oder ob hier Gruppen am Werk sind die eine andere Staatsform anstreben, sei es jetzt ein Vermögensklassen-gebundenes Wahlrecht wie zu Zeiten der Old-Whigs oder gleich eine Oligarchie, wo die Herrschenden keine ungewollte staatlich Mitbestimmung durch Neureichen fürchten müssen. Oder eben von außen gesteuerte Gruppen denen es nur darum geht, uns oder gleich den ganzen Westen freiwillig durch kulturelle Hegemonieprojekte handlungsunfähig zu machen.
Für Letzteres sind vor allem die Anhänger von James M. Buchanan, vielleicht schon zurückgehend auf John Locke anfällig, denen es nur darum geht Vermögen, meist ihres oder das ihrer Förderer vor staatlichem Zugriff zu schützen, oder natürlich Standort-privilegierte Gesellschaften in Staatsbündnissen wie der EU, die um ihre „Früchte“ von Außen, dem Außenbeitrag, bangen und dann lieber gleich die Unionsrechte eingeschränkt lassen. Rosinenpicken. Diese Auflistung lässt schon befürchten, dass wir mit denen zuhängen, also den „FellowsOfBuchanan“. Und wenn man sich die Entwicklung bei Vereinen wie dem Verein für Sozialpolitik so anschaut, sieht man da diese Einschätzung leider überdeutlich bestätigt.
Aber nicht nur die sind anfällig, auch Marxisten könnten in Versuchung geraden, nicht mehr anzustreben die „Wirtschaft“ noch in funktionierendem Stand von den Kapitalisten zu übernehmen, sondern lieber das Entgleisen des Kapitalismus des Westens, durch zu viel Freiheiten, am besten gleich einem Zwang zur Freiheit, gezielt herbeizuführen, um dann von außen sozial gerettet und Umgebettet zu werden. Denn im Gegensatz zu den marktradikalen Besitzmacht- „Proprietäre“ ist es unter schlaueren Marxisten bekanntes Wissen, dass der Kapitalismus, wie jede Marktform, hinreichende Regulation braucht um nicht zu entgleisen. Und hinreichende Regulation braucht einen hinreichend handlungsfähigen Staat/Staatenbund. Da muss auch in einer Oligarchie die Mehrheit mal über die Verwendung des Vermögen eines Einzelnen bestimmen. Zum Beispiel wenn der zu viel nach außen abgeben will oder wichtigen gemeinsam nötigen Aufgaben im Weg steht. Ein falsches Veto von einem kann alle mit in den Abgrund reißen auch die restlichen Oligarchen. Zu viel „Freiheit“ in den falschen Händen wirkt dann fatal. Das gilt nicht nur für die Mehrheit sondern auch für Einzelne. Wohlhabende mit genug Zeit wissen das. Neureiche meist nicht. Deshalb werden die meist in länger funktionierenden Herrschaften Weniger von der politischen Macht erstmal ferngehalten. Wie in Venedig damals. Wer Vermögen erst anhäuft hat selten gleichzeitig auch politisches Wissen angehäuft. Wenn die dann gleich mächtig politisch mit entscheiden, sind die sehr anfällig für Manipulation von außen. Deshalb gibt es in Old-Whig-Systemen wohl früher oder später immer auch ein „Goldenes Buch“, das politische Macht regelt, wo Neureiche erst rein kommen, wenn sie sich politisch schlau gemacht haben und das für diejenigen die schon im Buch stehen „okay“ ist. Zumindest Unterbewusst ist das den „John Lockes“ wohl auch bewusst, daher wohl auch Namen wie „Buchanan“ oder Shaftesbury (schafft das Buch). 🙂 Der Weltsystemanalyst Samir Amin hat in „Die Zukunft des Weltsystems“ ja schön beschrieben, wenn auch als Vorwurf, dass Zentren immer nur so lange für Freimarkt und Besitzverwendungsfreiheit für jeden wären solange sie davon profitieren, da sie eh alles haben was sie brauchen. Also aus einem Vorteil noch eine Tugend machen um auch die Gern-Gut-Gläubigen-Tugendhaften auf ihre Seite zu bringen. Sobald was fehlt würde dann die politische Freiheit zählen und nicht das Besitzrecht. Bis es wieder passt. So könnten Zentren lange an der Macht bleiben. Das Buch wurde aber eher noch unter dem Eindruck des Kalten-Krieges geschrieben. Vor dem Untergang des UDSSR und dem Sieg der Freiheit. Der Individuellen und der Teil-Kollektiv Freiheit im Geiste Buchanan-Lockes. Aber natürlich nur bei uns im Westen. Der Osten und der Süden haben sich politisch nicht eingeschnürt. Nur wir hier im Westen feiern unseren historisch gewachsenen Vorsprung ab. Und schnüren uns gleich in der Ordnung der bedingungslosen individuellen, Teilkollektiv- Freiheit ein. Warum eigentlich? Wem nutzt das? Kommen wir da wenigstens schnell genug raus? Wenn wir uns in die machtpolitische Gleichheit mit dem Rest der Welt gefeiert, oder besser konkurriert, haben. Ich bin ja für Bedarfsgerechte Gleichheit. Ich will aber nicht darauf hoffen, dass der Rest uns die Zeit lässt aus der selbstgewählten Zwangsjacke der individuellen wirtschaftlichen Freiheit, politisch wieder hinreichend rausfinden. Wir sind ja mittlerweile schon stolz wenn wir mit 10er Liefer-Manpower-Überzahl konventionell Russland Einhalt gebieten können. Wobei unsere Kriegsziele da eh nach meiner Meinung zu weit gehen. Aber das ist ein anderes Thema. Also gut wenn wir die schon konventionell nicht zu weit nach Osten drängen. Atomar müssten wir uns ja eh einig werden, wenn wir uns nicht bis zur gegenseitigen Vernichtung atomar befeuern wollen.
Aber zurück zur Schuldenbremse. Die ist wohl zu „verbuchanant“. Wenn man eine 2/3 Mehrheit für hinreichende Rüstung braucht ist das wohl langfristig gefährlicher als Schuldenmachmöglichkeiten für jede Regierung. Immerhin brauchen die ja auch einen der die Schulden gewährt und wenn man mächtig genug ist und bleibt, kann man Ausnutzung von nicht so tollen Ex-Regierungen durch Dritte ja wieder fair regeln und fair-mächtig bleiben. Alles her schenken ist gefährlicher. Denn was weg ist muss man sich erst wieder holen. Schulden muss die Gegenseite erstmal eintreiben können. Also wenn eine Regierung zu viel abrüstet ist das im nachhinein schwerer zu korrigieren als wenn sie Schulden gemacht hat bei Welchen bei denen man Fairness durchsetzen kann. Das wusste die Union (CDU/CSU) mal. Aber die sind ja jetzt progressiv und wirtschaftlich freiheitlich. Aber vielleicht kriegen die auch noch mal die Kurve. Hoffentlich noch rechtzeitig. Denn die politische Freiheit der einem eventuell nicht so wohl gesonnen Vertretern des Außen oder auch Innen hört nicht immer unbedingt auf ein „Momentmal noch. Wir müssen uns erst noch aus der KonsensVetoZwangsjacke befreien“. Selbst die „Sozialisten“ nach Lenins-Machtergreifung hatten ja die Romanovs mit Mann und Maus gelyncht. So sollten wir nicht enden. Und die Rechten sind ja meist noch schlimmer. Da wird man vorher noch gefoltert.
Also besser wir schauen dass wir, oder zumindest hinreichend viele von uns, gemeinsam immer handlungsfähig genug bleiben. Als Sozialer mit universell moralischem Selbstanspruch bin ich natürlich nur für genug faire Handlungsfreiheit. Jetzt muss man auch noch den künstlichen Willen im Auge behandeln. So ein Tamagotchi/Pacman mit Zugang zu OpenGPT und zu vielen Waffen könnte uns auch mal als zu problematisch einschätzen. Da sollte man dann auch fair dagegen halten können. Wenn man sich von den „Bremser-Locken“ und vor allem von den „Buchanans“ aber zu viel ausbremsen lässt, geht das nicht mehr.
Und mit Blick auf das Einsparen nur bei den Ärmeren, muss man halt sagen, wenn es auch ohne Steuern fair gehen würde, da die gemeinsamen Schulden durch Corona auch freiwillig gemeinsam getragen worden wären, müssten man jetzt nichts mehr staatlich zurückzahlen. Aber die Einstellung ist halt weiterhin: der Staat soll die nötigen Schulden machen. Nur Steuern will vor allem die FDP dann nicht erheben. Dann lieber bei der Marktmachtkorrigierenden Umverteilung und sozialer Förderung einsparen, soweit das die Verfassung oder augenblicklich praktisch eher das Verfassungsgericht zulässt. Und die Union hechelt da leider eher nur zu unreflektiert hinterher. Aber wenn sich die SPD bei Landtagswahlen jetzt weiter mit ihrem Geheule nach den Besten selbst abschießt wird die Union immer noch als geringeres Problem war genommen. Und hoffen auf Einsicht kann man da auch noch. Wobei man aber sozial schon froh sein muss, wenn die nicht (auch) durch die Verfassung erst von einem HerbertSpencerFanBoyVerhalten beim Sozialen abgehalten werden müssen und zumindest der sozialen Grundsicherung treu bleiben. Und die Grünen hängen halt aktuell am „proprietären“ Völkerrecht. Beinahe hätte ich „verlockt“ geschrieben, muss aber doch erst nochmal nachlesen, ob John Locke neben seinem Schönreden der Anhäufung von Vermögen und den Geld-Früchten daraus, auch tatsächlich gegen das Recht des Staates war darauf im nötigen Umfang zuzugreifen. Oder ob das erst durch die Buchanans rein kam, zumindest die Eine-Verfassung-Fraktion von denen. Aber spätestens das Völkerrecht und die EU ist hier leider (noch) zu sehr auf die Schutzrechte des individuellen, Teil-Kollektiven Besitzes ausgerichtet, selbst wenn das fatal für die Gemeinschaft ist. Also werde das nochmal nachlesen, was Locke da jetzt wollte. Macht für den Beitrag aber inhaltlich keinen Unterschied, könnte man vielleicht von den Personen her höchsten nur Buchanan ab und zu schon durch Locke ersetzen.
