„Sozialabgabenbremse“ im Grundgesetz. Der Beschränktheit zweiter Teil.

Als zumindest halbwegs sozial und solidarisch veranlagter Mensch fragt man sich ja in seiner Freizeit, oder hoffentlich Genügende auch hauptberuflich, gerade wie man die EU und natürlich auch den Rest der Welt sozial gerechter, machbar solidarischer und sozial sicherer (Wolfgang Scholz: https://youtu.be/ZSkXtW7RMBc) gestalten könnte. Dieser politische Gestaltungswille nach bestem Wissen und Gewissen setzt aber natürlich auch genug demokratisch legitimierten sozialpolitischen Handlungsspielraum voraus. Oder im Bezug auf die EU gesprochen überhaupt mal einen. Die EU- Verträge verpflichten zwar alle Beitrittsstaaten sich gegenseitig umfangreiche wirtschaftliche und individuelle Freiheiten zu gewähren aber quasi jede EU- weite sozialpolitische Maßnahme bedarf aktuell der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten. Also selbst wenn Deutschland mal einsehen würde, dass ein tragfähiges System sozialer Sicherheit in der EU spätestens auf mittelfristiger Sicht, auch uns selbst mehr nutzt als schadet (Begründungen hierfür wurden in diesem Blog schon zur genüge genannt), müssten auch noch gleichzeitig alle anderen Staaten solch einer Maßnahme oder Vertragsänderung zustimmen. (Höre ich gerade einige Libertäre vor Freude heulen? Wart ihr das? Herr Vanberg vielleicht? Frau Horn (wohl noch nicht lange genug aktiv)? Einer der anderen Hüpfer? Einer der Köche -gibt ja jede Menge davon-? Man weiß es nicht. Könnte mal jemand mit genug Zeit und/oder Geld prüfen.)

Bei neu ausgearbeiteten internationalen Verträgen wie TTIP, CETA usw. geht es ja bisher auch nur noch um die Verpflichtung zur Gewährung von umfassenden wirtschaftlichen Freiheiten. Auch am besten mit Bestandsgarantien. Von gemeinsamer sozialer Absicherung keine Spur. Als Staat mit gegenwärtig guten Produktionsbedingungen aber kaum Rohstoffen sollte man schon auch mal etwas darauf achten, dass die anderen auch ein Interesse am Fortbestand des gemeinsamen Marktes haben und an der gemeinsamen militärischen Sicherheit.

Und anstatt mal einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, wie man daran etwas ändern könnte, um unsere soziale Sicherheit, und natürlich auch die der anderen, auch im Zeitalter der Hyperglobalisierung zu gewährleisten – in einem fairen Laissez Faire Weltmarkt kann jeder Staat oder Staatenbund, der nicht über alle nötigen Rohstoffe im eigenen Machtbereich verfügt, einmal in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, auf lange Sicht nutzt einem da nur ein ein globales soziales Sicherungssystem oder wirtschaftliche Autarkie -, kommt nun von der Union, – SPD- Parlamentarier gibt’s euch auch noch? – wieder nur ein Vorstoß unseren eigenen sozial politischen Handlungsspielraum dauerhaft durch eine Grundgesetzänderung zu beschränken.
Diesmal die Sozialabgabenbremse von Herrn Altmeier.

Natürlich um sich dem Druck der Hyperglobalisierung, für deren Fortbestand man aktuell die stärkste verbliebene Kraft ist, anzupassen.

Und natürlich reicht denen auch nicht eine zeitliche begrenzte Maßnahme um unsere Wirtschaft zu stärken. Nein es muss gleich das Grundgesetz geändert werden. Diesmal um die Sozialabgabenquote – per Grundrecht !!! – dauerhaft auf einen Wert zu begrenzen, welcher nur minimal über dem aktuellen Niveau liegt. Also wenn mal eine zukünftige Regierung in den nächsten 1000 Jahren zu der Überzeugung gelangen würde, dass sie eine höhere Quote einführen muss oder möchte, zum Beispiel aus sozialen Gründen, welche uns aktuell noch nicht bekannt sind, müsste sie dafür das Grundgesetz wieder ändern. Und braucht dann eine 2/3 Mehrheit. Ein Hoch auf die sozialpolitische Handlungsfreiheit, die ihr den nachfolgenden Regierungen lassen wollt!

Ganz Europa regt sich, meiner Meinung nach berechtigt, darüber auf, dass ihr die EU und die Weltwirtschaft aktuell nicht sozialpolitisch mitgestaltet. Und ihr habt nichts besseres zu tun, als einen Vorschlag diskutieren und wohl auch umsetzen zu wollen, der den wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidungsspielraum aller zukünftigen deutschen Regierungen einengt und zwar nicht zumindest nur zeitlich begrenzt und auf eine aktuelle Gesamtsituation bezogen, sondern nein, direkt zeitlich unbegrenzt.

Ihr habt für den Rest der aktuellen Legislaturperiode wirklich noch genug auf der ToDo Liste. Ihr müsst euch nicht auch noch anmaßen Entscheidungsfreiräume, welche zukünftig getroffen werden müssen innerhalb noch unbekannter Rahmenbedingungen, jetzt schon, durch Einschränkung der Möglichkeiten einzuengen.

Ein System EU- weiter oder auch globaler sozialer Sicherungssysteme bedarf bei sehr guter eigener wirtschaftlicher Lage und einer auf Konvergenz ausgelegten Wirtschafts- und Sozialpolitik eventuell temporär auch einmal einer höherer Quote, wenn man Mitglied in solch einem globalen System bleiben will. Umgekehrt würde man dann auch davon profitieren, wenn wir mal wieder in der wirtschaftlichen Situation wie Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts sein sollten.

Das war jetzt nur ein spontanes Beispiel einer Situation, wo diese Entscheidungsfreiheitsbeschränkung blockierend wirkt.

Und diese sachliche Auseinandersetzung mit dieser Beschränkung geht auch noch nicht auf den Fall ein, dass ihr oder eure Berater, der übliche James Buchanan Public- Choice Trupp?, noch weitreichendere Hintergedanken haben könnten, welche nur bei eurerer Begründung nicht allzu sichtbar werden sollten. Aber man muss ja auch nicht immer gleich vom schlimmsten ausgehen.

Trotzdem wäre es wirklich mal nicht schlecht, wenn der Inhalt von Büchern wie „Democracy in Chains“ von Frau MacLean auch mal in den Mainstream Medien kontrovers diskutiert werden würde. Sei es auch nur um dieses ungute Geschmäckle los zu werden.

Vielleicht wäre es wirklich am besten, wenn es Neuwahlen in Deutschland geben würde, damit unsere aktuelle Regierung nicht länger den nötigen und uns nicht übervorteilenden sozialpolitischen Fortschritt in der EU und dem Rest der Welt blockiert und nicht auch noch Änderungen an unserer Verfassung vornimmt, welche es zukünftigen Regierungen erschwert die nötigen Entscheidungen, unter Rahmenbedingungen welche wir jetzt noch nicht kennen können, zu treffen.

Zumindest ein Wähler würde dann diesmal die Union, nach aktueller Lage der Dinge – man muss seinen zukünftigen Entscheidungsspielraum ja nicht unnötig beschränken :)-, aus sozialpolitischen und nachhaltigen Gründen, nicht mehr wählen …

Wahl des neuen SPD Vorstands: abschließende Einschätzung

Im Blog- Beitrag https://konservativsozialliberaleplattform.org/2019/09/15/wahl-des-neuen-spd-vorstandes-aktuelle-einschatzung/ von vor knapp 4 Wochen zur aktuellen Einschätzung der Kandidaten hatte ich ja bereits geschrieben, dass ich das Duo Schwan/Stegner für die in der gegenwärtigen Situation beste Besetzung für den SPD Vorsitz halten würde, wäre da nicht, nachdem ich einige ihrer Beiträge gelesen hatte, noch ein gewisser Konkretisierungsbedarf in Bezug auf die Frage, wie Frau Schwan eigentlich zu der libertären Weltanschauung steht offen gewesen.

Ein Blick auf die aktuelle Bewerbungsseite des Duos liefert da aber eine eindeutige Antwort: „Wir wollen einen handlungsfähigen Sozialstaat“

Um die politischen Aufgaben der nächsten 2,3 Jahre mit Anstand und Vernunft in solidarischem aber auch sicherheitsbewussten Sinne meistern zu können braucht man vor allem genug (verfassungs-) ökonomisches Wissen.

Eine sozial gerechte und machbar solidarische EU, die auch niemanden übervorteilt ist nur mit ausreichend viel wissensbasiertem Fingerspitzengefühl realisierbar.

Und es bedarf natürlich der Einsicht, dass diese Werte nicht an den Grenzen der jeweils eigenen Nation enden dürfen.

Dazu wurde in diesem Blog schon sehr viel geschrieben.

Aber auch die Frage, wie man das weltwirtschaftliche Miteinander solidarischer und (sozial) sicherer gestalten kann muss nun angegangen werden.
Das libertäre Dogma, dass man nur die wirtschaftliche Freiheit stärken müsste und dann alles von selbst gut werden würde, gilt es endlich wieder in die Mottenkiste zurück zu verbannen in welcher es sich seit der Finanzkrise 1929 befand und aus welcher es leider zu Beginn der 80er und vor allem seit den 90er Jahren wieder herausgeholt wurde.

Soziale Sicherheit, soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit usw. sind Mindeststands die man dem Markt als feste Vorgaben vorschreiben muss. Unter diesen Voraussetzungen soll der Wettbewerb des Marktes dann, solange man negative Formen der Vermachtung verhindert, für das bestmögliche Ergebnis sorgen.

Anstatt immer nur international nach noch mehr Freihandel zu streben, sollte man diese Mindeststandards auch im globalem Miteinander als Grundvoraussetzung zur (zollfreien) Marktteilnahme verankern und sich auch untereinander im fairen und machbarem Umfang gewähren. Andere Grundwerte wie politische Freiheit und (militärische) Sicherheit gibt es natürlich auch angemessen zu berücksichtigen.

Das wäre dann eine echte Alternative zum verschärften „Neoliberalismus“ seit den 80er Jahren den, oder zur Hyperglobalisierung die, wir gegenwärtig erleben. Also ein globalwirtschaftlicher dritter Weg.

Ich denke oder hoffe zumindest aber auch, dass das Duo Geywitz/Scholz, welches wohl die besten Chancen auf den Vorsitz hat dies mehr oder weniger auch so sieht. Die Welt jeden Tag ein bisschen besser machen zu wollen, sollte man ja auch oder sogar vor allem als Sozialdemokrat anstreben und nicht nur bei „Marginal Revolution“ …

Und Herr Scholz ist ja auch nach eigener Aussage für eine EU- Arbeitslosenversicherung, welche zumindest schon mal einen Schritt in die richtige Richtung darstellen würde. Die Punkte aus diesem Blog- Beitrag müsste man dann aber auch noch unbedingt berücksichtigen: https://konservativsozialliberaleplattform.org/2019/09/29/eu-freie-wahl-fur-welchen-eu-staat-man-sozialabgaben-und-uberregionale-steuern-zahlen-mochte/

Und das Duo Esken/ Walter-Borjans hat ja auch schon seinen Willen, mehr oder weniger deutlich, kundgetan sich für eine sozialere Weltwirtschaft einzusetzen und Herr Walter-Borjans als Volkswirt hat da bestimmt auch viel Sachverstand anzubieten.

Auch das Duo Kampmann/Roth zeigte sich in bezug auf Europa engagiert.

Allgemein spielten die Themen Europa und Globalisierung im Rahmen der Bewerbungstour nach meiner Meinung eine zu geringe Rolle.

Der nationale oder EU- bezogene sozialpolitische Gestaltungsspielraum wird durch den global wirtschaftlichen und politische Rahmen begrenzt. Aber auch dieser Rahmen ist sozialpolitisch (mit-) gestaltbar.

Staaten, die wie Deutschland von einem den Importbedarf deckenden Export abhängen, und aktuell recht gute Produktionsvoraussetzungen bieten, sollten nicht nur darauf achten, dass Sie ihre Produkte in anderen Staaten gegenwärtig verkaufen dürfen sondern auch noch in Zukunft. Da gilt es die Interessen, vor allem die fairen, gerechten und solidarischen der anderen schon aus Eigeninteresse zu berücksichtigen. Und für international gute oder zumindest besser werdende Arbeitsbedingungen zu sorgen. Und tragfähige Konzepte für gemeinsame soziale und militärische Sicherheit zu entwickeln und anzuwenden. Man sollte vom Ausland machbare internationale Solidarität, soziale Gerechtigkeit und politische und in angemessenem Umfang auch sonstige Freiheiten für sich und andere fordern. Und diese auch selbst soweit möglich gewähren und sich auch Diskussionen zu diesen Punkten stellen, ob dies auch tatsächlich der Fall ist. Man solle aus seinen Kunden keine Könige im politischen Sinne machen auch keine Oligarchen oder Rechtslibertäre. Sondern man sollte sich auch international für die Werte:
(Politische) Freiheit, Soziale Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen. Und Nachhaltigkeit natürlich.

Man darf gespannt sein wer es am Ende wird.