Noch mal zur Ethik der „Streng individuell legitimierten Regelordnung“

Bald jährt es sich ja zum 3.Mal, dass ich über die Ethik der „Streng individuell legitimierten Regelordnung„, welche eigentlich als Urheber James McGill Buchanan zugeschrieben wird, in der ordoliberalen Variante von Viktor Vanberg, Vorgänger von Lars Feld, Spezialberater des Bundesfinanzministeriums, als Leiter des Walter Eucken Instituts in Freiburg, gestolpert bin.

Viktor Vanberg habe dort „die Frage nach der Legitimation der Wirtschaftsordnung Eucken’scher Prägung durch Bezugnahme auf die streng individualistische Sozialvertragstheorie Buchanans beantworte“n können „, in der die freiwillige Zustimmung der betroffenen Bürger letztendlich als Maßstab für die Legitimität einer Regelordnung und ihrer Änderung gilt.“

Die „streng individualistische Sozialvertragstheorie“ besagt wiederum, dass eine Regelordnung nur solche Regeln beinhalten soll, denen jeder betroffene freiwillig zustimmt.

Das erinnert etwas an Aristoteles‘ Werk „Politik“, Buch 4 Punkt 9, wo er schreibt „dass überhaupt keiner der Teile des Staats selbst eine andere Verfassung will“.

Wobei hier aber eben gleich von einer anderen Verfassung gesprochen wird. Der Wunsch nach einer anderen Verfassung entsteht aber eben nicht nur wenn die aktuelle Regeln beinhaltet die man nicht drin haben möchte, sondern auch wenn diejenigen die man drin haben möchte nicht drin sind.

Und wie auch Herr Vanberg im von Nils Goldschmidt und Michael Wohlgemuth herausgegebenen Buch „Wettbewerb und Regelordnung“ schreibt, wird der staatliche Handlungsspielraum eben durch Verfassungsregeln vorgegeben. Also gilt keine Regel kein Handlungsspielraum, oder Handlungsoptionen, wenn man mal ohne das Wort „Spiel“ auskommen will. Wobei man die „Spieltheorie“ wohl auch von der Intention her eher als Theorie über Handlungsräume als über Spiele ansehen kann.

Es geht hier eben um die politische Freiheit. Welche Handlungsoptionen soll der Staat gegenüber den Reichen, den Armen und der Mitte haben.

Die Sorge vor staatlicher Umverteilung ist eben so alt wie die Demokratie selbst.

Den Armen und der Mitte als „Teile“ des Staates geht es wohl eher darum, dass bestimmte Regeln in der Verfassung drin sind, damit sie sich zumindest das kleinere ihres fairen und nötigen Anteils am Gesamtertrag und den Produktionsentscheidungen sichern können. Notfalls auch gegen deren Willen. Und auch die besonneneren Reichen werden wissen, dass auch sie, wenn sie gegen unverschuldete nicht versicherbare Vermögens- Einzelschicksalsschläge geschützt sein wollen ohne gleich den Staat auf Jahre zu sehr auszubremsen besser auch aus dem Vermögen der übrigen Reichen entschädigt werden können sollten.

Bei einer Verfassung nach der Ethik streng individueller Legitimierung reicht es aber eben schon wenn nur einer solch eine Regel nicht in der Verfassung haben möchte. Dann gibt es auch keinen entsprechend handlungsfähigen Staat.

Zumindest keinen demokratischen. Hinreichend viele entsprechend gesinnte Reiche könnten natürlich eine Oligarchie mit einer Verfassung begründen, dann natürlich ohne streng individueller Legitimierung sonst wäre solch ein Oligarchie-Staat auch schon nicht handlungsfähig wenn nur einer zum Beispiel von außen sich kaufen lässt oder eben eine Tyrannis anstrebt. Denn was den Demokraten ihr „Oligarchen-Problem“ ist, wäre dann den Oligarchen ihr „Tyrann-Problem“ wenn alle zustimmen müssten auch der Tyrann. Oder eben der interne Vertreter einer äußeren Oligarchie.

Aber solch eine „Ethik“ hat rational eh nur das Ziel keinen gemeinsamen handlungsfähigen Staat zuzulassen.

Leider war ich über den Herrn Vanberg als Mitglied einer recht einflussreichen EU- Beratungsgruppe „TheKangarooGroup“ gestolpert.

Und Deutschland und seine sparsamen Freunde sind ja reich bestückt mit den produktivsten Standorten, vor allem wegen der Lage und historisch gewachsen, im gemeinsame EU-Binnenmarkt. Da ist man anfällig für Verlockungen von Veto- Rechten.

Seitdem schreibe ich darüber. Das war aber bisher sonst niemanden eine öffentliche Diskussion wert.

Also mache ich als nächstes mal einen Wikipedia-Artikel über eine „Streng individuell legitimierten Regelordnung“. Wir wollen ja nicht, dass beim Ausgestalten der EU oder der internationalen Wirtschaftsordnung „versehentlich“, eine Oligarchie oder einfach nur komplette institutionelle Handlungsunfähigkeit im Westen entsteht. Oder eine Hegemonie gut gelegener Staaten bzw. Regionen.

Wir müssen eben dringend mal über die Zukunft der EU und Europas diskutieren. Am besten mit universell moralischem Selbstanspruch. Und uns auch von Pandemien und Putin nicht davon ablenken lassen.

Denn Schmollers Lebensweisheit „Nur der inkonsequente und derjenige der seinem eigenen Land Schaden will kann komplett freihändlerisch sein“ gilt eben entsprechend auch für die Verfassungsethik.

The Kangaroo_Group, Viktor Vanberg und James_M._Buchanan und die Ewigkeitsklauseln

Ich bin bei meiner Recherche über EU- Lobbygruppen auf was gestoßen: https://lobbypedia.de/wiki/Kangaroo_Group. Das ist eine Lobbygruppe die sich eigentlich mit Rüstung und Sicherheit der EU befasst. Also mit Themen für sicherheitsorientierte Wähler wie mich. Nur ist da auch die Autoindustrie, die Energieindustrie, usw… mit dabei. Und der Vorsitzende der Europa- Union Deutschland, und der Vize der Europäischen Bewegung Deutschland.  Vor allem Herr Viktor Vanberg ist spannend (https://www.eucken.de/mitarbeiter/prof-dr-viktor-j-vanberg/). Von dem wird gesagt, dass er den Ordoliberalismus (eine der Wurzeln unserer sozialen Marktwirtschaft) mit dem amerikanischen Public Choice Ansatz von James M. Buchanan verbunden hätte.“ Von dem stammt laut Wikipedia die Aussage (https://de.wikipedia.org/wiki/James_M._Buchanan):“Jeder Konflikt zwischen „Freiheit“, d. h. der absolut freien Verfügungsgewalt des Individuums über sein Eigentum, und Demokratie sollte zugunsten der Freiheit gelöst werden.“ Und  „Buchanan sprach sich dafür aus, die gewünschten politischen Veränderungen möglichst unsichtbar durchzuführen; so soll die Schleifung der sozialen Sicherungssysteme (Sozialstaat) nicht direkt verlautbart werden, sondern sie soll getarnt als Reformen zur Stabilisierung der Systeme durchgeführt werden.“ 
Wow. 
Das hört sich jetzt nicht so sozial und demokratisch an.

Nachtrag vom 22.5.19:
Ich bin jetzt mal mittels eines Links auf der Wikipedia- Seite über James M. Buchanan zu der Quelle des obigen ersten Zitats über Herrn Buchanan gewechselt:
https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/jul/19/despot-disguise-democracy-james-mcgill-buchanan-totalitarian-capitalism das Zitat stammt also schon einmal nicht direkt von Herrn Buchanan. Im „Guardian- Artikel“ gibt es dann wieder einen Link https://www.econlib.org/library/Buchanan/buchCv7.html?chapter_num=11#book-reader auf die Seiten aus Buchanans Werk aus welchen dieses „Zitat“ sinngemäß stammen sollte.

Wenn ich den Text richtig verstehe, geht es bei Buchanans „Public Choice Theory“ aber darum, einfach ausgedrückt, dass er die Verfassung eines Landes dahingehend per Übereinkunft zwischen den Bürgern ändern möchte, dass der sozialpolitische Handlungsspielraum per Verfassungsänderung eingeschränkt wird und zwar in etwa auf das Existenzminimum. Den demokratisch gewählten Regierungen soll es dann nicht mehr möglich sein, daran etwas zu ändern. Also es soll sich um „Ewigkeitsklauseln“ handeln. Und nur die Zustimmung aller Bürger zu einer neuen Verfassung, soll daran wieder etwas ändern können.

Na ja, dies hieße dann nicht, das Herr Buchanan gar keine „sozialen Existenzsicherungssysteme“ mehr haben möchte, sondern dass er eine Verfassung haben möchte, in der es die Zustimmung aller (wirklich aller?) Bürger benötigt, um die Verfassung noch mal zu ändern, um noch weitere Umverteilung vornehmen zu können. Dies begründet er mit der hohen Wahrscheinlichkeit des staatlichen Missbrauchs von solcher Umverteilung, bzw. mit „Staatsversagen“ im allgemeinen.

Gut, das hört sich jetzt auch nicht wirklich viel besser an.

Und den Begriff „Ewigkeitsklausel“ hatte ich irgendwo im Umfeld von TTIP, CETA usw. auch schon mal gelesen.