Bürgergeld: BA Fachliche Weisungen für Komplett-/Totalsanktionen

Jemand bei der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit hat mir auf meine Nachfrage, ob durch die neuen 100%-Sanktionen aufs Bürgergeld jemand Hungerschäden davon tragen oder gar verhungern kann geantwortet, dass sie nur den politischen Willen ausführen. Und im Anhang waren die entsprechenden fachlichen Weisungen. Steht nichts von Vertraulich, also veröffentliche ich sie hiermit:

Entscheidend ist zunächst mal Absatz 7:
„(7) Abweichend von Absatz 4 Satz 1 entfällt der Leistungsanspruch in Höhe des Regelbedarfes,
wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Bürgergeld wegen einer Pflichtverletzung
nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, § 31 Absatz 2 Nummer 3 oder § 31 Absatz 2 Nummer 4
innerhalb des letzten Jahres gemindert war, eine zumutbare Arbeit nicht aufnehmen. Die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme muss tatsächlich und unmittelbar bestehen und willentlich verweigert werden. Absatz 1 Satz 6, Absatz 2 und 3 sowie § 31 Absatz 1 Satz 2 finden Anwendung.“

Ein Beispiel gibt es auch:

Beispiel 1
Die leistungsberechtigte Person weigert sich am 04.03. eine zumutbare
Arbeit fortzuführen. Nach erfolgter Anhörung wird eine Pflichtverletzung
nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 festgestellt und eine Leistungsminderung in Höhe von 10 Prozent vom 01.05. bis 31.05. mit Bescheid
vom 15.04. ausgesprochen.
Am 08.09. weigert sich die leistungsberechtigte Person eine zumutbares
konkretes Arbeitsangebot aufzunehmen obwohl die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme tatsächlich und unmittelbar besteht. Nach erfolgter Anhörung wird für die Zeit vom 01.11. bis 31.12. der Regelbedarf nach § 31a Absatz 7 entzogen.

Also in 2 Monaten kann man natürlich verhungern und verdursten wenn das Leitungswasser nicht trinkbar ist.

Meine Frage war ja, ob das möglich ist. Dem steht erstmal nur die Einschätzung als Härtefall, die der BA-Sachbearbeiter vornimmt, eventuell entgegen.

Explizit genannt wird Schaden durch Hunger unter „4.4 Außergewöhnliche Härte“ nicht.
Das steht nur:
„(6) Keine „außergewöhnliche Härte“ begründet die üblicherweise mit
der Minderung von Bürgergeld einhergehende Beschränkung der
zur Verfügung stehenden Mittel, da der Gesetzgeber diese Folge
gerade bezweckt hat. Daher ist ohne das Hinzutreten atypischer
Umstände des Einzelfalls keine „außergewöhnlichen Härte“ anzunehmen.“

Eher Hungerschäden vermeidend könnte man dies hier in 4.5 interpretieren. Ist aber nicht sicher ob das auch für „Wegfall“ gilt und nicht nur für „Minderung“:

4.5 Nachträgliche Mitwirkung/Bereiterklärung zur Mitwirkung
(1) Leistungsminderungen sind nur zumutbar, wenn sie an die Eigenverantwortung des Betroffenen anknüpfen. Deshalb muss es
den Betroffenen tatsächlich möglich sein, die Minderung existenzsichernder Leistungen durch eigenes Verhalten abzuwenden oder die
Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung auch nach einer
Minderung wieder zu erhalten.

Zusammen hiermit:

(3) In den Fällen des § 31a Absatz 7 wird die Minderung aufgehoben, wenn die Möglichkeit der
Arbeitsaufnahme nicht mehr besteht, spätestens aber mit dem Ablauf eines Zeitraums von zwei
Monaten. Absatz 1 Satz 1 und Satz 3 sowie Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.
(4) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs besteht kein Anspruch auf ergänzende
Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches

komme ich dann zu diesem Schlusskommentar für heute:

Die #Unternehmen entscheiden dann zukünftig mit dem Aufrechterhalten von konkreten Arbeitsangeboten an, laut zuständigem #BASachbearbeiter, Arbeitsunwillige wie lange #KomplettSanktioniert wird (max. 2 Monate). Da kann man sich je nach Rechtsauslegung zukünftiger Richter schnell strafbar machen. Verlässiger Totschlag in politischen #Zuvielaufeinmal Situationen verjährt nicht so schnell …


Totalsanktionen für das Bürgergeld

Was hat der Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil nun wirklich vor mit dem Sanktionsrecht beim Bürgergeld?

Kommen jetzt Totalsanktionen? [Liebe „WirRedenLieberÜberMethodikAlsInhalte“-MitBürger: Ja bei 100% kann man von Total sprechen. Also statt 100%- Sanktionen von Totalsanktionen – Aber nun wieder zurück zum Inhalt :)]

Wenn man nach Totalsanktionen im Internet sucht, kommt man zu einem inhaltlich wirklich gutem und informativem Beitrag im Verfassungsblog: https://verfassungsblog.de/totalverweigerung-des-existenzminimums/

Dort heißt es, dass es, wie man hier nachlesen kann http://www.portal-sozialpolitik.de/uploads/sopo/pdf/2003/2003-09-05-Hartz-IV-03-12-23-BA-Uebersicht.pdf solche Totalsanktionen schon seit 2003, also seit Hartz4 eingeführt wurde, gab.

Einen unmittelbaren Lebensmittelentzug stellte das aber nicht automatisch da, da die Arbeitsagenturen Lebensmittelgutscheine, auf Antrag, verteilen konnten. [https://www.buzer.de/gesetz/2602/al170699-0.htm]. Wohl ab nicht mussten. Also ein Missbrauchsrisiko durch BA-Mitarbeiter bestand auch hier schon.

2019 wurden dann Sanktionen von über 30% als verfassungswidrig angesehen[ und 2022 durch das neue Bürgergeld-Gesetz entsprechend gesetzlich verankert] da so die menschenwürdige Existenzsicherung nicht mehr gesichert wäre. Allerdings gab es zum Abschluss dieses Urteils eine Passage, wie hier, https://verfassungsblog.de/totalverweigerung-des-existenzminimums/, schön dargestellt, die unter bestimmten Gründen schon die Bedürftigkeit ausschloss, indem schon die Fähigkeit zu Annahme einer Arbeit, mit Vermögen und Einkommen gleichgesetzt wurde. Also wer ein konkretes Arbeitsangebot hat, wäre nicht mehr bedürftig. Dies verlagert, dass Problem, dass eine Arbeitsleistung erst erbracht werden muss, also das Motivationsproblem auf den Arbeitsablehnenden, bzw. auf denjenigen der morgens nicht aus dem Bett kommt. Also wer seinen inneren Schweinhund diesbezüglich nicht hinreichend überwinden kann, kann laut dieser Zusatzpassage im Verfassungsgerichtsurteil von 2019 wohl auch seine staatliche Lebensmittelversorgung verlieren.

Soweit scheint die Bundesregierung laut dem Verfassungsblog-Beitrag aber nicht gehen zu wollen, in einem solchen Fall soll vorher die Härtefall-Regelung greifen und Sanktionen gar nicht erst angewandt werden können. Hoffen wir mal das dies so bleibt und dann auch verbindlich für alle Bundesagenturen für Arbeit so gilt.

Denn auch für jemand der sich nicht hinreichend zum Arbeiten selbst motivieren kann gilt: Wem man seine Ansprüche nicht erfüllt, den muss man zur Not abhalten können. Und wenn der Hunger kommt ist wohl auch der innere Schweinehund Nahrungs-beschaffungsbereit. Halt zu direkter Existenzsicherungsarbeit und nicht als Tauschleistung. Also den wird man wohl wegsperren müssen. Das kostet wohl mehr als Lebensmittel… Außer der oder die ist depressiv und wird auch bei Hunger nicht aktiv, hier ist halt die Frage, ob das Verfassungsgericht hier dann auch eine Bedürftigkeitsstreichung für legal hält, wohl, hoffentlich, nicht.

Also bevor Sanktionen jenseits von 30% verhängt werden dürfen muss auf jeden Fall noch das SGB II geändert werden. Da hatte der Bundeshaushalt 2024 keine neue Rechtslage geschaffen. Nur Budget schon mal gestrichen.

Der Grundsatz: „In Deutschland stellt schon der Staat sicher, dass keinem finanzielle Mittel fehlen um nicht zu hungern oder verhungern, solange genug da ist.“, sollte also zumindest wenn man nichts verschüttet weiter gelten, wenn man der Darstellung im Verfassungsblog-Beitrag folgt.

Allerdings hat Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil, dies bisher noch nicht bestätigt, ganz im Gegenteil nur von Heiz- und Wohnkosten Weiterzahlung gesprochen. Und das als jemand, der soweit ich mich erinnere gerne die Sozialsicherung durch ein Recht auf Arbeit ersetzen würde. Und der gerade mit der FDP koaliert, bei der man schon froh sein kann, wenn sie nicht einfach die Sozialhilfe durch ein Recht auf Steuerbefreiung ersetzen möchte. Gerne auch durch „kulturelle Hegemonieprojekte“ mehrheitsfähig gemacht.

Also nachdem ich 15 Jahre lang die Wirkung und das unfaire zustande kommen unseres Außenbeitrag übersehen hatte und dachte wir wären gute und stabile Europäer, bin ich skeptisch geworden was die Einhaltung sozialer Mindeststandards auch schon durch die SPD angeht, egal ob jetzt aus versehen nicht oder mit Absicht.

Arbeitsverweigerung rechtfertigt keine Lebensmittelentzugsstrafen und auch keine juristischen Spitzfindigkeiten, dass jemand der arbeiten könnte, ja mit Vermögenden und sonstige Einkommensbeziehern gleich gesetzt werden könnte. Auch ein Arbeitsfähiger muss es erst schaffen sich zu überwinden zu arbeiten. Vermögen und Einkommen ist direkt da. Also fehlende Überwindungsfähigkeit rechtfertigt keine Lebensmittelentzugsstrafen. Ich hoffe mal das sieht die Bundesregierung auch so, das Bundesverfassungsgericht ja leider nicht unbedingt.

Und auch das Bundesgesetz für den Haushalt 24 stellt nicht klar, dass Hunger als Härtefall gilt, auch wenn von fehlender Bedürftigkeit ausgegangen wird. Daher appelliere ich weiter an die Bundesregierung, dass der Grundsatz: „In Deutschland stellt schon der Staat sicher, dass keinem finanzielle Mittel fehlen um nicht zu hungern oder zu verhungern, solange genug da ist.“ ,zumindest wenn man nicht zu viel verschüttet, weiter gilt. Solche Grundsätze sind nicht nur für die Betroffenen und denjenigen denen unmittelbar oder mittelbar an jenen was liegt wichtig, sondern auch für die „Genug Für Alle – Fraktion“.

Wobei „Genug für alle“ aber natürlich auch die Erbringen von Arbeit erfordert. Also wenn zu Viele nötige Arbeit ablehnen muss man sich tatsächlich was überlegen. Dafür braucht man aber eine allgemeine Arbeitspflicht für solche Tätigkeit, unter Berücksichtigung des Ausbildungsstandes. Das ist dann wie bei der Wehrpflicht als eine besondere Art von Arbeit. Aber die Regierung spricht aktuell ja von einer bestimmten kleinen Gruppe, die sie gerne Totalsanktionieren würde, wenn diese zumutbare, also nicht mal explizit nötige Arbeit ablehnen. Also eine gesellschaftliche Nötigkeit für diese Sanktionen, z.B. um genug Arbeit zu sichern wird hier explizit verneint. 

An alle „linken“ und „Genug Für Alle“ Schreiber

Könnt ihr bitte mal was zu den Totalsanktionen des Bürgergelds schreiben. Der Bundeshaushalt sieht vor, dass alle die aktuell Arbeit zu häufig  abgelehnt haben, bzw. nicht da waren, so eingetragen wurden, .... ?, direkt nichts mehr bekommen sollen, (wenn sie nochmal ablehnen?) Das ist kein Recht sondern eigentlich eine Verpflichtung für die Agenturen, oder? Das Geld steht denen ja nicht mehr zur Verfügung. Wie viele kriegen dann auf einmal nichts mehr? Können die alle gleichzeitig klagen? Wirkt eine Klage aufschiebend? Kippt dadurch die private Nothilfe wegen überschwemmung? Ist die Polizei auf Hunger-Gewalt vorbereitet? Was bedeutet es, wenn der DBG dazu schweigt, mit einer Vorsitzenden mit Migrationshintergrund und stattdessen nur gegen Abschiebepläne aus der rechten Opposition demonstriert? Lasst das Thema bitte nicht unerwähnt.

Offene Email nicht nur an Attac AG Genug für Alle

Hallo Attac AG Genug für Alle,

das ist ja jetzt echt fürchterlich.

Die stimmen echt am Freitag darüber ab, dass Lebensmittelentzug als Sanktionsrecht zulässig wird: https://dserver.bundestag.de/btd/20/099/2009999.pdf

Und das irgendwo als Teil des Bundeshaushalt 2024.

Und seit den Enthüllungen zu dem Potsdamer Abschiebeplan redet da keiner mehr drüber.

Also gegen den habe ich auch mit demonstriert. Ist auch wichtig. Auf meinem Plakat stand aber auch  "Lebensmittelentzug als Sanktionsrecht ablehnen".

Also ich bin ja für eine Arbeitspflicht zumindest für nötige Arbeit. Aber getrennt von der Grundsicherung. Als Recht auf Grundsicherung. Pflicht zur nötigen Arbeit.

Wer der nicht nachkommt begeht eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat.

Aber dem kann man doch nicht einfach die Lebensmittel entziehen. Im Vergleich zu andern Straftaten ist das ja harmlos, Arbeit abzulehnen. Außer das tun zu viele bei nötiger Arbeit, dann muss man sich was überlegen. Aber dann muss man erst eine allgemeine faire Dienstpflicht für nötige Arbeit einführen, die auch für welche gilt die gerade eine nicht unbedingt nötige Arbeit machen.

Wenn dann immer noch zu viele existenziell für die Gemeinschaft nötige Arbeit ablehnen. Sollte man sich echt überlegen was man zur "Motivation" noch human tun kann.

Aber am Freitag geht es nicht um existentiell-nötige fair verteilte Arbeit. Da geht um als tolerierbar von BA-Mitarbeitern eingeschätzte, die nach Meinung von denen zu häufig von jemanden abgelehnt wurde. Und die lässt man dann hungern bis verhungern wenn der BA-Mitarbeiter das will. Das ist völlig unnötig völlig grausam. Wenn da privat keiner einspringt. Und in abgelegenen Kommunen, ist das durchaus wahrscheinlich, dass da keine einspringt. Zumal wenn das ausgegrenzte sind. Fürchterlich. Das inhumanste und schlimmste Gesetz seit 1945. Und fast keiner redet mehr drüber. Also ich habe fast alle Fraktionen angeschrieben und den von mir gewählten Abgeordneten auch noch mal direkt. Das stand bei der SPD noch nie im Wahlprogramm. Die können doch nicht einfach nur um Steuern zu sparen plötzlich Leuten die Grundsicherung nehmen. Und wir haben ja wirklich noch genug, siehe Außenbeitrag. Bin total fassungslos.

Gruß,
Thomas Hinkelmann
rkslp.org