EU: Freie Wahl für welchen EU- Staat man Sozialabgaben und überregionale Steuern zahlen möchte?

In der EU ist ja jeder Staat weiterhin für die Finanzierung seiner Sozialleistungen und seines Staatshaushalts, z. B. für die innere Sicherheit, alleine zuständig. Und diese Einnahmen stammen, wenig überraschend, von seinen Bürgern.

Nun leben wir aber in der EU in einem gemeinsamen Binnenmarkt. Mit den 4 wirtschaftlichen (individuellen) Freiheiten: Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital.

Für den wirtschaftlichen Gesamtertrag der EU und für die gemeinsame Exportstärke ist dies mit Sicherheit kurzfristig und wenn man vernünftige Rahmenbedingungen und Mindest- und Maximalgrößen schafft wohl auch mittel- und langfristig von Vorteil.

Nur wird der höchste Gesamtertrag oder zumindest ein den Importbedarf deckender Exportertrag aber wohl zu keinem Zeitpunkt bei einer gleichmäßigen Verteilung der EU- Bürger auf alle EU- Staaten gemäß der Anzahl ihrer Bürger erbracht werden. Vor allem nicht wenn man ihr Einkommen noch mit berücksichtigt.

Also in einem Staat werden sehr viele gut verdienende EU- Bürger leben und arbeiten. In anderen Staaten dann vor allem Geringverdiener.

Ebenso werden die meisten EU- Bürger sich nicht bewusst für einen EU- Staat entscheiden, sondern sie werden dort arbeiten wo sie aktuell die besten Berufsaussichten haben und Sie werden ihre Entscheidung auch mittel- und langfristig durchplanen (müssen). Zum Beispiel wenn Sie eine neue Sprache lernen (müssen). Das dürfte durch die Technik wohl bald nicht mehr so wichtig sein, aber für die nächsten 10 Jahre wohl schon noch.

Wieso muss man dann als EU Bürger dort Steuern und Sozialabgaben zahlen, wo man aktuell wohnt (wohnen muss) und/oder arbeitet (arbeiten muss)? Vor allem auch noch, national begrenzt, überregional? Das betrifft ja auch noch die Mehrwertsteuer beim täglichen Einkaufen.

Was ist mit der Freiheit sein Geburtsland und dessen Bürger finanziell weiter primär zu unterstützen, zumal wenn in einem gemeinsamen Binnenmarkt soviel Mobilität von einem erwartet wird, dass man die Staatsgrenzen hinter sich lassen soll (muss), wenn dies wirtschaftlicher ist?

Und ist die Chancengleichheit im EU- Binnenmarkt für alle EU- Bürger den bestmöglichen Arbeitsplatz zu bekommen wirklich schon gegeben?

Ist der Wettstreit der EU- Bürger zur Finanzierung ihrer nationalen Staatshaushalte und Sozialversicherungssysteme also aktuell wirklich fair?

Falls alle EU- Bürger in ihre nationalen (+ anteilig die Region (nicht Staat) in welcher Sie aktuell leben) Staatshaushalte und Sozialversicherungssysteme einzahlen würden und jeder die gleichen Chancen auf jeden Arbeitsplatz hätte, auch unter Berücksichtigung der Sprache, wäre der EU- Binnenmarkt fair und kein EU Staat würde fast zwangsläufig in Zahlungsschwierigkeiten kommen.

Dann wäre auch die EU- Arbeitslosenversicherung sowohl ausreichend als auch politisch durchsetzbar.

Ansonsten benötigt man schon alleine aus Gründen der Fairness ein finanzielles Ausgleichssystem und sei es nur für den Übergang bis die Chancengleichheit und die Freiheit der Wahl sein Herkunftsland finanziell vorrangig zu unterstützen sichergestellt ist.

Ohne Fairness wird die EU und der europäische Wohlstand und Friede untereinander wohl kaum bestand haben. Und ohne Solidarität wohl auch nicht.

Das gleiche gilt natürlich auch international.

Ein Kommentar zu einigen politischen Ereignissen seit der Europawahl 2019

Zunächst mal ist es begrüßenswert, dass mit Frau von der Leyen jemand zur EU- Kommissionspräsidentin gewählt wurde, die sich zumindest für eine „Art europäische Arbeitslosenversicherung“ ausgesprochen hat. Ohne den Druck von der SPE und Herrn Macron wäre dies bestimmt nicht möglich gewesen. Das war ja eine der Mindestforderungen, welche in diesem Blog für eine neue EU-Kommission genannt wurden. Die Gründe für diese Forderung kann man noch mal hier nachlesen:
https://konservativsozialliberaleplattform.org/2019/06/23/warum-die-eurozone-und-die-eu-zurzeit-wenig-sozial-und-unsicher-ist-und-was-man-dagegen-tun-kann/

An diese Aussage wird man Frau von der Leyen nun aber auch mit Nachdruck immer wieder erinnern müssen, dass hier nun auch Taten folgen. Deutschland wird sich aussuchen können, ob es zum „Bayern Europas“ werden will (also finanzstark und solidarisch -wenn vielleicht auch mehr auf Druck von außen- ) oder zum „Österreich des Deutschen Kaiserreiches von 1871“ (nämlich nicht mehr Teil eines gemeinsamen Europas, wer will schon ein Rohstoffarmes, unsolidarisches Land mit überlegenen Produktionsbedingungen als gemeinsames Binnenmarktmitglied, zumal mit freiem Kapitalfluss). Die CSU will wohl lieber die „Österreichische Lösung“, zumindest hat sie einer gemeinsamen EU- Arbeitslosenversicherung schon eine Absage erteilt. Und die CDU- Chefin und neue Verteidigungsministerin Frau Kramp-Karrenbauer hatte ja auch das Europawahlprogramm 2019 der CDU/CSU mit zu verantworten, in welchem solch eine solidarische Versicherung auch schon fehlte (hier eine Beurteilung des Programms: https://konservativsozialliberaleplattform.org/2019/03/30/ein-kommentar-zum-europawahlprogramm-2019-der-cdu-csu/ ). Bleibt nur zu hoffen, dass es an ihrer Rolle als Verteidigungsministerin nach den Beurteilungskriterien „Anstand und Vernunft“ oder „nach bestem Wissen und Gewissen“ weniger auszusetzen gibt. Immerhin setzt sie sich schon mal für die gesellschaftliche Wertschätzung des Einsatzes und der Leistungen der Soldat*innen ein und sie tritt für eine angemessene solidarische Beteiligung Deutschlands an der gemeinsamen Nato- Verteidigung ein. Der SPD Generalsekretär Herr Klingbeil sollte dagegen etwas vorsichtiger sein, wenn er sich im Namen der Partei direkt gegen einen höheren Wehretat stellt.
In einem gemeinsamen Verteidigungsbündnis braucht man schon eine sehr gute Begründung, um sich über die gemeinsam festgelegten Staatshaushaltsmilitärbudgetquoten hinwegzusetzen. Diese Begründung steht nach meinem Wissen noch aus. Gründe für ein angemessenes Budget wurden in diesem Blog hier genannt: https://konservativsozialliberaleplattform.org/2019/06/20/diskussionsbeitrag-zum-thema-sicherheit/
Und wenn man für die gemeinsame Verteidigung, entgegen der Absprachen weniger ausgibt als die anderen, verschafft einem dies ja auch einen unfairen Wettbewerbsvorteil, da man weniger Steuern einnehmen muss. Wenn man schon der Meinung ist, dass die Nato zuviel für Verteidigung ausgibt, was ja durchaus seien kann, dass muss man dann aber eben sehr gut begründen, und nicht einfach einen Sonderweg einschlagen, sollte man die einseitigen Einsparungen dann aber zumindest für andere gemeinschaftliche Zwecke ausgeben.

Ein Helmut Schmidt hätte solch eine Aussage bestimmt nicht so leichtfertig getroffen. Da muss die SPD dringend wieder hin.

Zurzeit sind die CDU/CSU und die FDP bei sozialen Fragen unsolidarisch und die SPD bei militärischen. Und bei den Grünen besteht immer die Gefahr, dass diese für mehr Zugeständnisse bei Umweltthemen, bei sozialen und Sicherheitsfragen zu große Abstriche machen.

Wir brauchen endlich wieder eine Partei die nachhaltig für solidarische Sicherheit und solidarische tragfähige gemeinsame soziale Absicherung in der EU und der Nato eintritt. Und die SPD hätte für diese Aufgabe eigentlich das größte Potential.
Ansonsten stehen wir wohl bald alleine da und das war noch nie von Vorteil.